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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Die akademische Ausstellung in Berlin, [3]
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Verschiedenes und Inserat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0023

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35

Kunstliteratur.

36

uns eiue höchst nüchterne Gegend, die langgestreckte Ab-
flachung eines Hügels vor. Jm Thalgrunde stehen in
gelöster Linie und durch dcn Schatten einer Wolke in
leichtes Dunkel gehüllt die Deutschen; gegen sie sprengt
in mächtiger Tiefe den Hügel herab die französische
Reiterei durch den vollen Sonnenglanz heran. Niemand
wird behaupten wollen, daß diese Cavalleristen in ihren
lichtblauen Jacken nnd rothen Hosen, sämmtlich auf
Schimmeln von Hause aus sonderlich malerisch seien; Adam
aber versteht sie so zu behandeln, und über die vortreff-
liche Zeichnung des einzelnen und die scharfe Charakteristik
hinaus liegt gerade in der malerischen Seite für mich
der bcsondere Werth des Bildes; ist dies doch so selten
auf diesem Gebiete. Die Landschaft ist liebevoll und doch
diskret gegeben, das Ganze harmonisch gestimmt, während
zugleich ein Wechselspiel von Licht und Schatten und der
Einzelnes abtönende Pulverdampf das im Grunde außer-
ordentlich dürftige Terrain gliedert. Nach all diesen
Seiten hin leidet im Gegensatz Bleibtrcn's „Sedan",
richtiger „der Kronprinz und sein Stab beobachten von
einem Hügel herab dcn Gang der Schlacht." Hier ist
jede einzclne Figur in sich gleichfalls durchans gelungen,
in Zeichnung und Malerei voller Leben und Frische,
aber das Ganze schließt sich doch nicht zusammen. Die
großen Flächeu des Rasens durchbrechen die Einheit, es
fehlt an dcr rechten Zusammcnstimmung, das Bild ist
mehr eine vortrefflich kvlorirte Zeichnung als ein Ge-
mälde. Bei der oben erwähnten Cavallerieattäke Bleib-
treu's steht die Malerei vielleicht noch mehr hinter der
Zeichnung zurück. Hier hätte es gegolten, das wüste
Durcheinander des Äampfes durch die Farbe, namentlich
durch eine geschickte Vertheilung von Hell und Dunkel zu
klären nnd übersichtlich zu machen, die Landschaft hättc
Zurücktreten, die einzelnen Gruppen sich lösen müssen.
Statt dessen ist alles glcichmäßig, allcs einigermaßcn roh
behandelt, die Färbung der Landschaft in Einzelheitcn
willkürlich. Das „Wörth" desselben Künstler wurdc schon
bei Gelegenheit der Wiener Weltausstellung besprochen.

Hünten's „Dreiundfünfziger bei Colombey",
welche gegen einen mit Feinden besetzten Wald vorgehen,
ist ein tüchtiges Bild, gut gezeichnet und gemalt. Auch
Kolitz verdient mit drei Stücken ehrenvolle Erwähnung.
Zeichnung und Gesammthaltung übertreffen bei ihm den
oft harten Farbenvortrag. Camphausen bringt je
eine Scene aus der Schlacht bei Roßbach und der bei
Waterloo, Bildchen in kleinerem Format, beide vortreff-
lich gezeichnet, wie zu erwarten, aber beide etwas hart
gemalt und unter dem Fehlen der grauen Lufttöne leidend,
die in Wirklichkeit die Schärfe der Kontoure mildern-
Denselben Vorwurf möchte ich auch seinem großen Reiter-
bilde des Kaisers machen, wie er denn in der ganzen
Manier des Künstlers begründet liegt. Vortrefflich sitzt
aber die Gestalt auf dem dahinsprengeuden Pferde, mit

dem vorangestreckten rechten Arm einen eben gegebenen
Befehl unterstützend. Es ist ein Werk voll Würde um-
Hoheit, wenn auch der Kopf selbst unter einem zu schweren
Tone leidet. Dcr Vergleich mit Camphansen's frühei
vollendetem Neiterbildc des großen Kurfürsten zcigt dabe>
so recht, wie unmalerisch unser heutiger modischer Pferde-
schlag ist: der gewaltige schäumende Schecke des Ku»
fürsten ist von viel durchschlagenderer Wirkung als der
zierlichere, in denLinien des Knochenbaues eckige Trakehner.

(Fortsetzung folgt.)

Lunstliteratur.

I. E. Wesscly, Jkonographie Gottes und der
Heiligen. 8". XVI und 458 S. Leipzig'
T. O. Weigel. 1874.

Das Mittelalter hat nicht nur eine solche Fülle von
Kunstwerken kirchlichen Ursprungs erzeugt, daß wir ihnen
in allen Sammlungen auf Schritt und Tritt begegnen,
es hat auch diese Kunstwerke mit seiner in der
modernen Zeit oft nicht nur dem Laien ferne liegenden
Ausdrucksweise gleichsam zu Repositorien eines tief-
^ sinnigen Denkens und Fühlens gemacht. So stehen sir
oft dem Kunstfreund und gar manchmal auch dem Knnst-
forscher als Räthsel gegenüber, und ein Jeder wird
gern den Führer willkommen heißen, der ihm das rich-
tige Wort zu geben vermag, durch welches jene sinnigen
Schöpfungen zu verständlichem Reden gebracht werden-
Einen solchen Führer begrüßen wir in dem oben
genannten, sorgfältig gearbeiteten und geschmackvoll aus-
gestatteten Buche.

Es ist leicht begreiflich, daß das sehnsüchtig zu
^ Gott aufschauende Auge des Menschen ihn auch gerne
gegenständlich erfassen möchte und daß es daher die bil-
dende Kunst willkommen heißt, die ihm die Mittel dazu
giebt. Diese aber fühlt selbst das Ungenügende ihrer
! Kraft und sucht darum ihrerseits nach einer Hülfe,
! welche ihr wiederum die Religion in ihrer Symbolik
! darbietet. So helfen beide einander, wirken aber La-
durch gerade darauf hin, daß das so geschaffene Werk
nur dem Eingeweihten verständlich ist, nur demjenigen,
der den oft durchsichtigen, oft aber auch weit hergeholteu
uud schwer verständlichen Sinn der symbolischen Zeichen
sich eingeprägt hat. Noch schwieriger aber wird diese
Aufgabe, sobald es sich um die zahllosen Mittler han-
delt, welche das geängstete Gewissen des Gläubigeu
zwischen sich und die strenge Gottheit setzt und vou
deren Fürbitte es die Gnade Gottes erhofft. Sind
doch die Heiligen der Gottheit nicht nur theuer und
werden daher nicht leicht eine Fehlbitte thun; sie haben
auch selbst das Leiden des irdischen Lebcns cmpfunden,

^ und dcr fromme Scharfsinn dcr Gläubigen wendet sich
 
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