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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Krell, Paul F.: Das Kriegerdenkmal in Stuttgart
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0143

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275

Korrespondenz.

276

vialen Darstellung geführt hat (wie dies z. B. bei dem
modernen Grabmal des Macchiavelli in Sta. Croce in
glorenz der Fall ist), sondern daß es derart gehandhabt
ist, daß wir uns desselben über dem Wohlgefallen an
dem herrlichen Aufbau gar nicht sogleich bewußt werden.
Auch erscheint der Sarkophag durchaus nur symbolisch
als Kenotaph, der mächtige Unterban mit den Jnschrift-
tafeln dagegen als der eigentliche Grabbehälter.

Was die Durchführung des Werkes im Einzelnen
betrifft, so drückl sich in der kräftigen, dem Material
entsprechenden Detailbildung eine wohlthuende Entschie-
denheit aus, doch können wir nicht umhin, auf einige
störende Einzelheiten aufmerksam zu machen. So hätte
die Abschlußpartie des Sarkophags etwas ruhiger und
edler gebildet werden dürfen. Ein barockes Motiv ist es
auch, daß die Schnüre der Guirlanden, welche die
Kandelaberpostamente schmücken, unter den Gliederungen
durchlaufen. Diese Gnirlanden, wie die Draperie, zeugen
leider auch durch große Steifigkeit von einer sehr unge-
übten Hand, welche lner den Meißel geführt; eine nach-
trägliche geschickte Ueberarbeitung wäre dringend zu
empfehlen.

Dagegen ist dann wieder lobend hervorzuheben,
daß ein Theil der Ornamente in wohlberechneter Weise
nur als Einlage in schwarzer Masse behandelt wurde,
wodurch die Wirkung der großen, ohnedies schon ab-
wechselungsvollen architektonischen Formen gewahrt blieb.

Die sehr gut vertheilten bronzenen Zuthaten (Erz-
tafeln, Ktmdelaber, Trophäe und Figur) sind im All-
gemeinen zur Zufriedenheit ausgefallen. Die Figur,
aus einer Konkurrenz dreier hiesiger junger Künstler
hervorgegangen, ist eine recht tüchtige Leistung des Bild-
hauers Ernst Rau. Die anmnthige, aber kräftige
weibliche Gestalt stimmt im Allgemeinen sehr wohl zu-
sammen mit dem architektonischen Unterbau, sie ist von
guten Proportionen und von edlem Anstande in Haltung
und Bewegung, obwohl etwas mehr Sicherheit des Auf-
tretens ihr zu Statten gekommen wäre. Jhre Dra-
pirung sodann könnte zwar von freierem und einfacherem l
Wurfe sein, aber immerhin ist dieselbe mit großer Sorg-
falt durchgebildet, und an einzelnen Stellen, wie z. B.
an der linken Seite der Figur, von origineller Behand-
lung. Eigentlich unbefriedigt läßt nur das Gesicht,
dem ein tieferer seelischer Ausvruck total abgeht. Damit
hängt zusammen, daß wir über die Benennung der
Figur, welche nur durch einen Eichenkranz im Haar
in ungenügender Weise charakterisirt wird, uns nicht
recht klar werden können.

Als der verhältnißmäßig am wenigsten gelungene
Bestandtheil des Denkmales ist wohl der auf der Sar-
kophagvorderseite über einem Schwerte aufgeheftete, und
von Lorbeer- und Palmzweigen eingefaßte, bronzene
Schild zu betrachten, dem auf der Sarkophagrückseite

ein, jedoch nur in Stein ausgeführtes, „eisernes Kreuz
entspricht. Dieser vordere Zierrath ist etwas zu masslg
gehalten, er ordnet sich dem Körperganzen des Sarko-
phages nicht genug unter, auch hätte das auf dem Schii^
angebrachte, grimmig den Rachen aufreißende Löwen-
haupt, welches der treffliche Thiermaler Friedrich
Specht in Stuttgart modellirt hat, einer weit wenig^
naturalistischen, stilvolleren Behandlung bedurft.

Doch alle die angeführten kleinen Mängel ver-
schwinden vor dem imposanten, wahrhaft monumentaleu
Gesammteindrucke, welchen das Ganze hervorbringt, uuv
die Stadt Stuttgart hat allen Grund, auf den Besiß
dieses würdigen Erinnerungszeichens stolz zu sein.

P. F. Krell.

Korrespoildeilj.

Berlin, im Februar 1875.

Die wahrhaft abschreckende Sterilität unserer Kunst-
ausstellungen war der Grund, weshalb ich erst nach
mehreren Monaten meine Berichte wieder aufnehwe-
Selbst die akademische Kunstausstellung bot im Aüge-
meinen keinen erfreulichen Anblick. Was dort an
deutungsvollem und Erwähnenswerthem zu sehen war',
war den Frennden der Kunst meist von der Wieuer'
Weltausstcllung in guter Erinnernng, und da die Kauf-
lust eine äußerst mäßige war, trieben sich die für deu
Verkauf gemalten Bilder den ganzen Winter hindurch
in unsern Ausstellungslokalen umher. Von außerhalb
kamen nur sehr wenige Gemäldc, unter diesen kauw
eines von hervorragendem Jnteresse. „Simson iw
Schooße der Delila" von Prof. Bloch (Kopenhagen),
war in Sachse's nenerbautcm Kunsthause zu sehen uuv
ist gegenwärtig in Wien ausgestellt. Es verdiente schon
deshalb nnsere Beachtung, weil aus dem Norden nur
äußerst selten Kunstwerke größeren Umfanges bis zu uns
gelangen. Die malerische Behandlung bewegt sich iw
Geleise der älteren Düsseldorfer Schule. Die Revo-
lutionen auf koloristischem Gebiete, die sich neuerdings
in Frankreich, Oesterreich und auch bei uns vollzogen
haben, scheinen am nordischen Benedig spurlos vorüber-
gegangen zu sein. Dagegen ist die heutzutage sehr selten
gewordene, gewissenhafte Durchführung des Einzelnen
und das sorgfältige Studium des menschlichen Körpers
an dem Bloch'schen Bilde unbedingt anzuerkennen. 2"
dem Gegensatze der nackten Körper des Simson und der
Delila liegt auch der Hauptreiz des Bildes. Delila
ist eine pikante, rothblonde Schönheit; ihr Körper ist
ziemlich frei von akademischer Zimperlichkeit und gut
naturalistisch durchgebildet. Im Ausdruck ihres Ge-
sichtes ist der Stolz über die vollbrachte That, das
zagende Bangen für den Ausgang und feste Entschlossen-
heit als Grundzug ihres Charakters in glücklicher Mi-
 
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