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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Redtenbacher, Rudolf: Die ursprünglichen Entwürfe für St. Peter in Rom
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Die Schleißheimer Galerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0304

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Die Schleißheimer Galerie.

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5t2ri",-)jdurch welche Bramante alles in Verwirrnng
brachte, scheinen, eine solche Vermuthung zu unterstützen
und dafür zu sprechen, daß Bramante der Energie und
Tertigkeit eines Iulius sein kluges, diplomatisches Ver-
sahren entgegensetzen mußte, wollte er einem solchen
Dianne imponiren, was Giuliano da San Gallo, wie
scheint, nicht verstanden hatte.

Bramante's Leistung suche ich doch wahrlich nicht
barin, daß er die Motivchen des Giuliano in etwas
anderer Weise arrangirte, sondern vielmehr in seiner
Gestaltungskraft, mit welcher er dem großartigen
Gedanken des Papstes einen monumentalen Ausdruck
verlieh.

Zum Schlusse meiner heutigen Bemerkungen zu
Gehmüller's Erwiederung seien einige Korrekturen
gestattet. Seitc 250 sagt v. Gehmüller „(und mit
einer Ueberfülle von Jdeen, wie H. Redtenbacher sagt)"
^ ich wüßte nicht, daß ich mich so ausgedrückt hätte.
^eite 252 sagt v. Gcymüller, ich hätte in der Anmer-
kung Seite 266 des vorigen Jahrganges von einer
-,Skizze Pernzzi's in rother Kreide" gesprochen — ich
erwähnte dagegen eines Blattes „voll von Rothstift-
Und Federskizzen, unter denen mehrere zu St. Peter
gehörige sind", um nur das gleichzeitige Vorkommen
authentischer Handschriften Baldassare Peruzzi's mit Roth-
stiftskizzen auf karrirtem Papier zu konstatiren; die Skizze
jn St. Peter ist, wie ich selbst zugebe, von A. da San
Gallo Giovanc. Nudolf Nedtenbacher.

Amsterdam, d. 27. Mai 1875.

Die Zchleißheimer Galerie.

'Fr. 8. Ei„e Notiz in Nr. 33 der Kunstchrvnik
kvmmt auf meincn Vorschlag zurück, die Schleißheimer
Galerie, soweit ste sich dazu eignet, nach München in
bas frei werdende alte Galeriegebäude zu verlegen.
Äus dem Artikel scheint hervorzugehen, daß mein Bor-
ichlag zu spät kam, und daß die genannten Räumlich-
stiten für die Aufstellung der Gypssammlung bestimmt
stnd. Es ist allerdings ein großer Mißstand gewesen,
baß man in München nicht schon längst eine derartige
Sammlung eingerichtet. Die Antike hat die Gesetze
ststistlerischer Entwicklung in einer Reinheit ausgeprägt,
ivie sie sonst nirgends vorliegen; wer die Bedingungen
^rkannt hat, welche die Antike groß machen, hat allein
rinen sichern Nückhalt, eincn sicheru Maßstab in der
^eurtheilung der Kunstwerke überhaupt. Und mit dcr
Äbformung kann man sich die hcllcnischen Mcisterwerkc
!v lcicht und billig verschaffen! Einen derarligen Bc-
lchluß ver StaatsregieruNg tadle ich deshalb durchaus
uicht, möchte aber darauf hinweisen, daß dadurch meine
^lrgumcnte zu Gunsten der Galerieverlegung nicht auf-
ßrhoben sind.

Hätte man die Pinakothek damals groß genug ge-
baut, um auch die Schleißheimer Schätze darin aufzu-
nehmen, so HLtte man eine Galerie bekommen, die hin-
sichtlich der niederländischen und deutschen Schulen alle
besiegt hätte. Jn Schleißheim gehen die Bilder zu
Grunde und können von Künstlern uud Kunstfreunden
nicht entsprechend gewürdigt werden, da der Besuch mit
mancherlei Unbequemlichkeiten verbunden ist und man
sich ein halbes Jahr aus Rücksichten auf die Gesundheit
hüten muß, die Galerie zu betreten: nur an schönen
Tagen der wärmeren Jahreszeit ist es möglich, dieselbe
eingehender zu studiren. Unter diesen Verhältnissen
habe ich schwer gelitten, und ich stehe nicht an zu er-
klären, daß meine Kenntnisse weit bedeutender wären,
wenn mir die Galerie nach Bequemlichkeit zur Hand
gewesen. Man bringt jetzt Bilder aus Schleißheim
zur Restauration hierher. Die erstcn derselben habe ich
gesehen. Mir selbst war ihr Zustand nicht befremdlich,
aber Manchem, der vielleicht an Uebertreibung meiner-
seits glaubt, wären bei ihrem Anblicke die Augen auf-
gegangen. Tausende von Sprüngen und Löchern in
der Farbe zeigten sich, die Leinwand war so verdorben,
daß Herr Frey die Bilder mit neuer versehen mußte.
Das ist eben das Hauptunglück der Schleißheimer Ga-
lerie: die Lockerung der Farbe von ihrer Unterlage und
das Herabfallen derselben. Und auch dagegen muß ich
mich verwahren, daß man etwa glaube, blos die minder
werthvollen Bilder seien in diesem Zustande: nein, Hun-
derte der interessantesten Gemälde. Unter den von mir
bei der Restauration gesehenen Werken befand sich ein
Stillleben von dem seltenen und trefflichen C. Puytlinck,
eine prachtvoll größartige Landschaft von Poussin, zwei
gute Pferdestücke von Bloemen (bcz. U. V. U. t716),
ein Hauptwerk von Courtois, eine Landschaft des sel-
tenen Holländers I. van Kessel (bezeichnet u. mit 1661),
zwei große Küchenstücke von Pieter Boel, ferner Bilder
von Querfurt, Casanova, Manglard, Boudewyns, Pan-
nini, die theilweise zu den Hauptwerken der Künstler
gehören und nicht so mir nichts dir nichts in die Kate-
gorie der werthlosen Dinge geworfen werden dürfen.
Wer mit sorgfältiger Beobachtung in Schleißheim herum-
geht, sieht überall dieselben Erscheinungen.

Mein Wort, das ich damals gebraucht, nmß ich
mit vollster Entschiedenhcit aufrecht crhalten: ich habe
noch nie eine größere Galerie in einem solchen Zustande
^ gesehen! Diese Vcrhältnisse dürfen nicht audaueru, es
! wäre ein Unrecht gegen die Gemälde, ein Unrecht gcgen
dic Knnstfreundc. Es sind Originalc, die zu Grunde
gehen, und solche sind eben nicht mehr zn ersetzen.

! Sollte also bereits über das alte Galeriegebäudc verfügt
sein, so bitten wir die maßgebenden Behörden, auf eine
andcre Abhülfc zu sinnen; es dürfte vielleicht die Mög-
lichkeit vorliegen, in der Pinakothek selbst andere Räum-
 
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