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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Abrest, Paul d': Der Salon, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0318

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X. Jahrgang.
Seiträge

^Utd anvr. C.V.Lützow
^Wien.Theresianmngasse
^) od. andie Verllljisll.
^Leipzig, Königsstr. 3),
zu richten.

16. Inli

Nr. 40.

Inscratc

L 25 Ps. für die drei
M°l gefpaltene P-titzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genommen.

1875.

Btivlatt znr Zeitschrist siir bildende Knnst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift fnr bildende Knnst" gratig; für sich allein bczogen
kostet der Jahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

^nhalt: Der Salon. IV. — Gutachten Eberhard Wächter's über die Boisserse'sche Sammlnng. — Kngler's llanäboolc ok italiau xuintinss. — Düssel-
dorf: Bau einer Kunsthalle. — Der Künstlerverein Malkasteu. — Düsseldorf: Ausstellung bei Ed. Schulte; Aquarell-Ausstellung des Hamburger
Kunstvereins. — Kriegerdenkmal in Crefeld; Professor A. Tidemand; Aus Perugia. — Kölner Kunstauktion. — Zeitschriften. — Jnserate.

Der Zalon.

IV.

Das Kostüm-Studium aus dem 17. Jahrhundert
^var stets ein mit Vorliebe gepflegter Zweig der fran-
zvsischm Kunst. Wie bisher, wird es ihr aber schwer, auf
^iesem Felde emer gewissen Ziererei auszuweicheu, die
ineistens auf Kosten der Wahrheit in Karrikaturen aus-
vrtet: denn die Uebertreibung des Schönen kann ebenso
8ut als Karrikatur gelten, wie die Exaggeration des Häß-
^ichen und Lächerlichen. Wie soll man glauben, daß
^ieser junge Edelmann in dem „Lstonr äo 1u vlmsso",
i>as geschniegelte Herrchen mit den zarten Zügen, un-
iadelhafter Haarfrisur und mit dem eigen redressirten
Schnurbärtchen, wirklich von der Iagd kommt. Der
iunge Herr allein und was ihn umgiebt, protestirt ja
^urch die Makellosigkeit seiner Toilette gegen den Ge-
danken einer anstrengenden Verfolgung des Wildes. Der
Arizug unseres Jägers ist viel mehr salon- als jagdfähig,
iue blendend weißen Spitzen, der Sammet des nagel-
Ueuen Pourpoint's, die hohen, gelbledernen, bis über das
^uie hinaufreichenden Stiefel sind so untadelhaft, daß
^vr Gemalte sich beim Kardinal anmelden lassen könnte,
Um ihm den Hof zu machen, oder selbst mit der Königin
^nna von Oesterreich Menuett tanzen. Die nämliche
^affinirte Eleganz, die aus den Zügen und den Klei-
dern des Edelmannes spricht, verrathen die Möbel,
^velche im Zimmer stehen, der geschnitzte Stuhl, auf dem
kr sitzt, und selbst das venezianische Glas, mit blondem
^panierwein gefüllt, welches er seinen Lippen zuführt.
j^a die nämliche unwahrscheinliche Schönheit sinden wir
'u den bunten reichbefiederten Opfern seiner Jagdlust,

die aus der Waidtasche heraus kugeln. Woher nimmt
man überdies in einem Jagdgebiete Mittelfrankreichs
Pfauen und Paradiesvögel? Selbst der große Jagd-
hund, dem eben das Halsband abgenommen wird, hat ein
hoch distinguirtes Aussehen. Das Gewehr, mit dem
vie bildhübschen Vögel zusammengeschossen wurdeu, ist
ein allerliebstes Mordinstrument, der Lauf ist aus Silber,
der Kolben ein Juwel, mit allerhand Arabesken verziert.
Möbel, Mensch und Thiere sind dazu gcschaffen, um
in einem gehörig auswattirten Kasten aufbewahrt zu
werden, aber von Leben kein Atom!

Da stehen wir mit der „Verschwörung der Jm-
portants" gegen den Kardinal Mazarin schon auf einem
reelleren Boden. Diese „Wichtigen", oder richtiger diese
Wichtigthuer, welche das Joch des italienischen Empor-
kömmlings abschütteln möchten, schmiedcn ihre Komplotte
bei Tische, wenu die Knappen das Dessert aufgetragen
haben, und die geleerten achteckigen Flaschen Zeugniß
davon ablegen, daß die Stimmung eine ziemlich feierliche
ist. Die sechs jungen Leute, die um den Tisch sitzen,
bieten uns ebenso viele Thpen der damaligen Virtuo-
sität in der Schneiderkunst dar. Alle sechs sind ver-
schieden angezogen, blau, grün, gelb, ziegelroth, rosa
und weiß, ein recht artiger Regenbogen. Außerdem ist
der Schnitt des einen Kleides dem anderen nicht ähnlich,
man merkt wohl den Kampf, den sich damals die be-
quemen Moden Ludwig's XIII. mit dem im Werden
begriffenen pompösen Zierrath des „Avauä sisols" lie-
ferten. Mag ein Mann der Nadel und der Scheere
dem eisen oder dem anderen Geschmacke die Palme er-
theilen; wir begnügen uus bei diesem Bilde, welches
sich bestrebt, eine politische Satire zu sein, die gelnn-
 
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