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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Brun, Carl: Die schweizerische Kunstausstellung von 1875
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0345

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679

Kunstliteratur.

680

kissm bereitet und schläft ruhig. Rechts eine sehr le-
bendige Kindergruppe, um ein Feuer geschaart. Was
bei diesem Bilde so gefällt, ist die sorgfältige Detail-
behandlung. Weniger hat mich sein „MinnesLnger" an-
gesprochen. Er sitzt, eine schöne Tannhäusergestalt,
phantasirend unter einem Baume; sein Pferd ist in der
Nähe angebunden. Es naht sich ihm eine Frau mit
einem Kranze in der Linken, die Rechte auf den Busen
gefaltet. Jm Hintergrund ein Schloß. Die Vögel Les
Waldes hören aufmerksam dem Musizireu des Minne-
sängers zu.

Es wäre noch mancher guten Leistung im Fache
des Genre zu gedenken, allein es würde zu weit führen,
auf Alles näher einzugehen. Jch will daher nur eine
Frau in gelbem Kleide erwähnen, mit blauem Sonnen-
schirm die Blumen abwehrend, die über sie hereinregnen,
von Hörle in München. Es ist ein kokettes Bildchen.
Endlich die Heimkehr von der Weide von Nuesch, mit
lieblichen Kindertypen.

Jm Porträt hat Barzaghi in Mailand das Beste
geleistet. Seine Lautenspielerin ist voll frisch pulsirenden
Lebens und brillant in den Fleischfarben. Die Porträts
von Pfyffer in Zürich stnd gewissenhafte Arbeiten,
aber ohne alle Genialität.

Jn den Ateliers der Blumen- und Stillleben-Maler
scheint es oft fabrikartig herzugehen, sie machen ihre
Studien zuweilen auf dem Exercierplatz: regimenterweise
marschiren die Hyacinthen und Tulpentöpfe auf, alle in
schnurgrader Haltung, und selten bringen die Künstler
es über's Herz, eine Blume ans Reihe und Glied treten
zu lassen. Langhard in Paris gehört nicht zu diesen.
Seine Päonien sind eine hübsche Leistung in Komposition
und Technik.

Was Rudolf Koller dieses Jahr ausgestellt hat,
steht nicht auf der Höhe seiner früheren Werke. Es
ist Schade um diesen großen Meister, daß er sich so oft
wiederholt und daß dadurch seine Phantasie leidet. Eswäre
sehr an der Zeit, daß er wenigstens sein landschaftliches
Motiv einmal änderte.

Zum Schlusse komme ich auf meine Einleitung
und Klage zurück, daß die meisten unserer Künstler, und
grade die bedeutendsten nicht Propheten im eignen Lande
sind. Dem könnte nur dadürch abgeholfen werden, daß
die Schweiz wie andere Länder sich einen tüchtigen Cen-
tralpunkt für künstlerisches Leben schafft, was auch für
die Volksbildung sehr zu wünschen wäre. Die bildenden
Künste sind ein großer Faktor im Staatsleben, der nicht
gestrichen werden kann, ohne das Ganze zu schädigen.

Zürich, den 16. Juli 1875.

Karl Bru».

knnstlileratur.

Lnnädool: ok kniutin§. Mro (ilsrmnn, b'lsinisb,
nnci Dntolr Loliools. Lnssä on tlrs lrnnäboolc
ok Xu^lsr. Ils-inocksllsck b)- tlis lnts Drot.
I>r. ^VnnAsn. iV nsv säition. Hiorongickv
rsvissck nnck in pnrt rs-rvrittsn tz^ ck. 6rovvs.
6onckon, ck. Nurrn)i 1874.

Es ist erfreulich zu beobachten, wie nach einem
weit gesteckten Ziele immer neue Kräfte vorwärts streben,
dabei aber, der Vortheile und Erinnerungen ihrer Vor-
gänger nicht vergessend, sie nntzen nnd in Ehren halten.
So in unserer Kunstwissenschaft die Werke eines Kugler,
Schnaase, Waagen u. A. Jn diesem Sinne haben wir
heute des Letzteren zu gedenken. Mit der Sammlung
und Revision seiner kleinen Schriften hat nns die Pietät
dreier Fachgenossen kürzlich bedacht, einen berufenen Be-
arbeiter seines größeren Werkes aber, des Handbuchs
der deutschen und niederländischen Malerei in dessen
erster, englischer Ansgabe, hat Waagen in I. A.
Crowe, dem unserer deutschen Knnstgeschichte auch sonst
freundlich und werkthätig zugewandten Forscher, schon
im vorigen Jahre gefnnden.

Das Buch, weit mehr als die etwas jüngere deutsche
Schwesterausgabe, bedurfte bei den reichen Detailfor-
schungen der jüngsten Zeit auf diesem Gebiete, sollte
es nicht veralten, einer Nachbesserung von geschickter
Hand. Sie ist ihm zu Theil geworden, wenn auch nicht
gleich befriedigend in allen Theilen. Schonend, aber
doch kräftig hat Crowe, wo er es nöthig fand, seine
Klammern angebracht. Er hat die vielen Bausteine,
eigene und fremde, welche die letzten Jahre für die
Geschichte der Malerei zu Tage gefördert, fleißig ver-
werthet, um die unverschuldeten Lücken am Aufbau seines
Vorgängers auszufüllen. Er hat ihn auch reich mit
Bildern ausgestaltet, und wir könnten unsere Einführung
kurzer Hand mit einer warmen Empfehlung an den
Leser schließen, hätlen wir nicht noch einige Wünsche
für eine dritte Redaktion des trefflichen Werkes auf
dem Herzen.

Jn dem Kapitel über die van Eyck und ihre Schule,
wo Crowe durch grundlegende Arbeit sein eigenes Vor-
bild sein konnte, wird man kaum etwas zu vermissen
haben, es sei denn, man zählt ihr den Quentin Massys
noch bei, wozu eine gewisse Berechtigung behauptet
werben kann, Crowe unv Cavalcaselle abcr nnseres Er-
innerns in ihren „Lnrl^ llsmisll xmintsrs" sich nicht
entschlossen haben. Das wunvervolle Löwencr Altarwerk
jenes Meisters, vurch eine neuerliche Restauration im
besten Sinne verjüngt, ist viel zu kurz behandelt unv
die jetzt ganz deutliche Jnschrift nicht korrekt wiederge-
geben. Ebenso ungenau ist die Angabe der Jnschrift
auf dem Bilde „Der Geldwechsler und seine Frau" im
 
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