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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1904)
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Schultze-Naumburg, Paul: Heimatschutz, [1]: die Laufenburger Stromschnellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0035

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Jahren niemand mehr schauen kann, doch noch im Bilde sesthalten
und sie der Allgemeinheit zugänglich machen.

Ueber die Sache selbst möchte ich heute nicht polemisieren.
Nicht allein, weil es unfruchtbar wäre, über beschlossene Dinge noch
zu streiten, sondern vor allem, weil, ich gestehe es ein, der Fall
zu verwickelt ist, als daß wir ihn hier so durcharbeiten könnten,
wie seine Schwierigkeit das ersordern würde. Nur einige allgemeine
scheltende Worte zu sagen, hätte keinen Sinn. Man müßte schon
den Kampf in seiner ganzen Bedeutung ausnehmen und ihn in all
seinen technischen, volkswirtschaftlichen und allgemein sozialen Be-
ziehungen behandeln. Daß dies ohne eingehendstes Studium und
umfassende sachmännische Mitarbeit auf all den berührten Gebieten
nicht möglich ist, wird man leicht begreifen. Auch bei den Fach-
männern sind die Meinungen nicht ungeteilt. Den gewichtigsten
und letzten Beweis zwar könnte man auch führen, wenn sie's
wären, den Beweis, daß auf jeden Fall unrecht hat, wer höhere
Güter gegen kleinere eintauscht; daß es im letzten Grunde eine Kurz-
sichtigkeit bedeutet, etwas zu zerstören, was keine Menschenkunst je
wieder bereiten kann, um etwas zu erlangen, was man heute schon
und wahrscheinlich bald in noch weit vollkommenerem Grade aus
den häufigsten und gleichartig wiederkehrenden Naturerscheinungen ge-
winnen kann.

Für den, der die Geschichte der Laufenburger Fälle nicht kennt,
will ich kurz das Wesentlichste bemerken. Man berechnete, daß die
Krast, mit der das Wasser durch das enge Felsenbett tobend seinen
Weg sucht, in Pferdekräften ausgedrückt etwa 50,000 ?8, in anderen
Werten ausgedrückt, so und so Viel Mark Einnahme bedeutete. Eine
Privatgesellschaft nahm den Gedanken auf, und die zuständigen Re-
gierungen Badens und der Schweiz gingen darauf ein. Einen Vor-
schlag, dem Falle nur einen Teil seiner Krast abzuzapfen, indem
ein Stollen durch den Berg hindurchgeführt würde, der immer noch
eine gigantische Krast herleiten, den Fällen aber genügend Wasser
lassen würde, lehnte man ab. Man wollte sich nicht mit einer Kon-
tribution begnügen, man wollte alles, bis aufs letzte. Nun soll
eine Staumauer unterhalb der Schnellen ausgeführt werden, die den
Schlund zuhält, sodaß das Wasser seeartig das Becken füllt und sein
ungeheurer Wasserdruck sich in den Turbinen in Kraft umsetzt. Dann
will man die Segnungen der neuen Zeit über das stille Land nieder-
gehen lassen.

Man begleite mich noch kurz durch die Bilder, die ich dort
gemacht habe. Fch zeige einige mehr, als vielleicht unbedingt zur
Orientierung notwendig gewesen wären — wolle man das damit
erklären, daß es ein Ort ist, von dem man auf immer Abschied
nehmen muß.

Von Constanz her kommt der Rhein als schon recht breiter
Strom durch anmutiges Hügelgelände gezogen. Jm Norden erheben
sich die Vorberge des südlichen Schwarzwaldes, im Süden die Schweizer
Vorberge, hinter denen sich die Alpenkette versteckt. Bei Lausen-
burg verengt sich plötzlich das Tal, Felsen treten an beiden Seiten
hart an das User heran und hinein und bilden ein Hindernis, durch

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