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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 10 (2. Februarheft 1905)
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Rundschau
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0767

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gen und die Ilias und Odyssee.
Sie tut das mit großem Geschick
und erreicht die Hauptsache: der
große Jnhalt wird den Kindern tat-
sächlich „mundgerecht" und drum
ihrem Vorstellungsleben zugänglich.
Ein beliebiger Satz: „Und erzählte
recht viel Schlechtes, was gar nicht
wahr war. Aber das tat er bloß,
weil er wollte, daß Waldtraut vor
der Schwanhild Angst kriegen sollte."
Die Anschaulichkeit, die frische Aus-
druckskraft der Kindersprache ist gewiß
ein Schatz, der Phrasenstaub des
Schriftdeutschs überschüttet ihn noch
früh genug. Nur geht Helene Otto
gelegentlich doch wohl zu weit und
ahmt auch nichtssagende kindliche
Redensart nach.

Neben die gute Jugend-Antho-
logie „vom goldenen Ueberfluß" ist
jetzt als Vermittler geeigneter Ge-
dichte neueren Entstehens (zu glei-
chem Preise von (.60) A. Freu-
denbergs „Was der Jugend ge-
fällt" (A. Köhler, Dresden) getreten.
Die Anordnung nach Stoffgruppen
hat ja gerade für die Jugend. der mit
Recht der einzelne Dichtsr zunächst
gänzlich gleichgültig ist, noch einen
besonders guten Sinn, bedarf frei-
lich im Einzelnen noch einer Ueber-
prüfung. Freudenberg hat manch
minderbekanntes Gutes hervorgezo-
gen, und Felix Eißners Buchfchmuck
ist, vom Ornamentalen abgesehen,
oft erfreulich gut empfunden.

Larl Meißner

Ansefe KUäee «nck j^olen

Zu Bildern, wie unsern diesmaligen ersten beiden, viel Worte
zu machen, hätte wenig Siun: wem folche Werke hier nicht unmittelbar
durchs Auge zum Herzen sprächen, dem würden Worte darüber auch nicht
viel helfen. Rethels berühmte getuschte Zeichnung zum Kopfe Karls des
Großen in den Aachener Fresken, die wir verkleinert aber nach Linien- wie
Farbenwirkung ganz „faksimile" wiedergeben, hängt im Dresdner Kupfer-
ftichkabinett. Die Befitzer der „Meisterbilder" ziehen vielleicht die in deren
Folge eingereihte Reproduktion des Wandgemäldes zum Vergleiche heran.
Bernard Schumachers köstliche Radierung zeigt uns mit den feinsten
Mitteln nachfchaffender Reproduktionskunst einen der schönsten Van Eycks
der Londoner Nationalgalerie. Der Zweiplatten-Druck nach Rogier van
der Weyden wird für minder Geübte eher befremdend wirken, denn er
führt wenigstens unter unsern Bildern zum ersten Male ins Reich jener
germanifchen Frühkunst, für die den meisten Heutigen das Gefühls-Verständ-
nis erst wiedergewonnen werden soll. Der Weg dahin geht über Dürer.
Nun wir uns mit Dürer fchon eine gute Weile beschäftigt haben, dürsen
wir aber Blicke auch in diefes von seinen Kennern fo hoch gelobte Land
doch wohl fchon wagen. ^

Nun zu unsern Noten.

Die Frage der Bachbearbeitungen ist nicht etwa rein akademisch,
sondern greift so einschneidend ins Musikleben, daß wir in absehbarer Zeit
nicht von ihr loskommen werden. Es handelt sich da um allgemeine Grund-
sätze, wie alte Musik aufzuführen sei. Noch tiefer gegraben, und das Problem
des Nachschafsens, das in der Mufik Lebensfrage ist, liegt offen vor uns
— aber die letzten Spatenstiche find noch nicht getan. Um zunächst für die ganze

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