Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1905)
DOI Artikel:
Thari, Eugen: Warum es der Operette so schlecht geht
DOI Artikel:
Selle, Richard: Sprechsaal: nochmals: eine Fachfrage oder mehr?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0599

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
volle Presse sinden, die das Publikum, das des Neuen etwa unge-
wöhnt sein könnte, liebevoll leitet. Ost freilich erobert sich das wahr-
haft Talentvolle das Publikum ja früher, als die Kritik.

Einmal ist eine Neuschöpfung der Opcrette in Verbindung mit
der Tanzkunst möglich, wenn auch beileibe nicht mit dem heutigen
Ballett. Schattenspiele, Pantomimen usw. könnten ebenfalls herein-
gezogen werden. Jm besonderen eine phantastische Operette
könnte sich auf solchem Nährboden erheben. Zum andern aber sollten
wir uns darauf besinnen, daß die Operette ursprünglich ein Zerr-
spiegel der „ehrbaren" Kunst und des Lebens war. Das wird wohl
auch die Operette wieder werden müssen, ein Satirspiel. Mensch-
liches, Künstlerisches, politische und soziale Welt mit Humor vorsühren
und hierbei die Musik als Mittel zur Karikatur, als belebendes, nicht
nur lediglich ausschmückendes Element. Es kommt darauf an, daß
eine Operette wieder ein Bühnenwerk sei, nicht wie jetzt
eine Sammelstätte für Zirkusulk und Rührseligkeit, und daß das edle
Leitwort: „Stumpfsinn, du mein Vergnügen" aus Buch und Musik
verschwinde. Lugen Thari

Tprecbsaal

(Unter sachlicher Verantwortung der Einsender)

dlocknials: sine fackkrage ocker rnekr?

Der Aufsatz „Nur eine Fachfrage oder mehr?" (Kw. XVII, 3)
bemängelt insbesondere die künstlerische Erziehung nach dem Lehr-
plan der deutschen, „zum Beispiel der Königlichen Baugewerkschulen in
Preußen". Nicht zum ersten Male wird dort der Baugewerkschule die
Schuld zugeschrieben, der kümmerlichen Bauerei der letzten Jahrzehnte
in hervorragendem Maße Vorspanndienste geleistet zu haben.

Bis zu welchem Grade die Beschuldigung berechtigt ist, soll hier
nicht erörtert werden. Jedensalls ist die Baugewerkschule nicht die
einzige, nicht einmal die am meisten Schuldige. Auch soll nicht dar-
auf eingegangen werden, ob die einzelnen Angaben des Herrn Ver-
fasfers zutreffend find oder nicht. Daß fich die künstlerische Erzieh-
ung auf einige Stunden „Formenlehre" und ein bißchen „Freihand-
zeichnen" beschränkt, entspricht z. B. sicherlich nicht der Wirklichkeit.
Oder ist der Unterricht im Entwerfen bürgerlicher und landwirtschaft-
licher Bauten, welcher einen Hauptteil des Unterrichts in den beiden
letzten Schulhalbjahren bildet, keine künstlerische Ausbildung?

Daß aber jeder Baugewerkschulmann, der fich mit der formalen
Ausbildung seiner Schüler beschäftigt, die heute vorgeschriebene Lehr-
folge für unzweckmäßig und nicht mehr zeitgemäß hält, das hat auch
die Baugewerkschulmännertagung,* welche am 30. September v. I.
im Gürzenich zu Köln stattfand, gezeigt. Und wer in die Verhält-
nisse des Baugewerkschulwefens genauer eingeweiht ist, weiß, daß die
Frage einer Neuordnung des Unterrichts feit Jahren in der Bau-
gewerkschulwelt behandelt wird und nicht verstummen will. Keines-

* Ein eingehender Verhandlungsbericht erscheint in der „Zeitschrift für
gewerblichen Unterricht".



548

Kunstwart XVIII, 8
 
Annotationen