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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 3 (1. Novemberheft 1904)
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Schumacher, Fritz: Kind und Kunst
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Fricke, Richard: Sprechsaal: "Bearbeitungen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0161

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allein in die Hände derjenigen kornmt, die eigentlich schon ge-
wonnen sind?

Ohne die Absicht der Kunsterziehung aufs Titelblatt zu setzen,
tann man jedenfalls seinen Feldzug viel weiter ausdehnen; ein Blatt,
das zunächst nichts anderes will, als gesunden Jnteressen der Jugend
zu dienen, und das unvermerkt diese Jnteressen künstlerisch beeinflußt,
kann den Samen allmählich auch in die abgelegensten Felder und
höchstummauerten Höfe tragen.

Wenn ein Verlag diese Jugendzeitschrift zu gründen verstände
und dann ab und zu ein Begleitheft für Eltern hinzufügte, tönnte
er nicht nur ein verdienstliches Kulturwerk tun, sondern er würde ficher-
lich auch ein gutes Geschäft machen. Vielleicht gestaltet der natürliche
Drang der Verhältnifse das fchöne Unternehmen Alex. Kochs ganz
von felber in diefem Sinne um. Der Kreis der Mitarbeiter und
manches Symptom des ersten Heftes lasfen das als gar nicht fo nndenk-
bar erscheinen. Fritz Schumacher

ZprscksÄLl

(Unter sachlicher Verantwortung der Einsender)

„kesrbeitAngen"

Unter diefem Titel fprach Richard Fricke türzlich hier ein
vernichtendes Urteil über alle fogenannten „instruktiven" Ausgaben
klasfifcher Werke. Nun fcheint mir's nicht schwer, fich ganz allgemein
darüber zu entrüsten, daß man Meister wie Beethoven zu „verbessern"
wagt. Wenn man aber die Sachen ruhiger ansieht und die Wörter
weniger scharf betont, fo wird man gleich einsehen, daß felbst Beet-
hoven — nicht „verbeffert" zwar, wohl aber — ergänzt werden nicht
nur kann, fondern muß. Fricke meint, daß solche Meister die Vor-
tragsbezeichnungen ufw. „genügend beherrschten" und man somit nichts
hinzuzufügen oder gar zu verändern habe. Auf der nächsten Seite
aber gibt er doch zu, daß die Komponisten es „mit der Bezeichnung
der Artikulation nicht allzu genau genommen haben" und dann die
Phrafierung ebenfalls undeutlich angegeben wird. Muß also nicht die
Nachlässigkeit des Komponisten in solchen Füllen „verbessert" werden?
Es ist bekannt, daß Beethoven in feinen letzten Lebensjahren daran
dachte, eine Gefamtausgabe seiner Werke zu veranstalten, um die De-
klamation und den ganzen Bortrag darin genauer anzugeben. Dem-
nach würde er vermutlich sehr unzufrieden sein, wenn Fricke ihm seine
ersten Werke unter zu buchstäblicher Besolgung und ohne Ergänzung
der Zeichen vortrüge. Die Urtextausgaben überschätzt Fricke, denn was
nützt eine Ausgabe, üie alle Druckfehler der ersten Ausgabe refpektvoll
beibehält! Aber auch hier fühlt sich der Verfasfer nicht sicher, denn
er fagt fpäterhin: „Allerdings, eine Urtextausgabe allein tut's freilich
nicht." Alfo warum nicht eine „instruktive"? Darin freilich hat der
Herr Verfafser recht, üaß nicht nur nicht alle Ausgaben gleichwertig
find, nein, daß es wenige gibt, die einem Beethoven gegenüber ge-
nügend Reife, Vorsicht und Urteil zeigen. Wie darf man aber einen
Meister der Auslegung wie Bülow mit „Lebert und Genossen" auch
nur in einem Atem nennen! Was Bülow für Vertiesung unseres



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liunftwart XVIII, Lstft 5
 
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