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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1904)
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Wolfsberg, V.: Sprechsaal: noch einmal: Litzmann über Goethe
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0412

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durch Zitate nachgewiesen, mit dem Anspruch auftritt, zum künstlerischen
Genuß, zu künstlerischer Genußfähigkeit zn erziehen, so liegt meiner
Ueberzeugung nach die Gefahr nahe, daß es die Lehrer, an die es sich bor
allem wendet, zu einer irrigen Auffassung ihrer Aufgabe verführe. Jeder
der Herren wird ans dem Buche irgend etwas für sich lernen können,
keiner aber etwas für die Methode, wie er seine Schüler zum Kunst-
genusse bringen kann. Mir scheint nicht nötig, daß ich über diesen Unter-
schied das gerade im Kunstwart so oft Gesagte und auch in meiner Be-
sprechung Angedeutete hier nochmals wiederhole. Jch erinnere außer an
die Aufsätze des Herausgebers noch an den von Anthes über die Ergebnisse
des Weimarischen „Kunsterziehungstages" (Kw. XVII, 7).

H. Wer über meines Herrn Gegners Bemängelungen im einzelnen
die objektive Richtigkeit ermitteln will, wird doch wohl meinen Anfsatz mit
Litzmanns Buch selber vergleichen müssen. Hört er zugleich auch aus ge-
schriebener Rede den Tonfall heraus, so wird er vielleicht da und dort,
wo Herr Or. Enders eine „Unterstellung" findet, etwas wie ein Weiter-
sühren nä ndsuränm vernehmen. Der Herr Herausgeber bittet mich, schon
aus Rücksicht auf den Raum das nochmalige Eingehen ans Einzelheiten zu
unterlassen, und ich komme dieser Bitte um so lieber nach, als ich von
erneutem Eingehen bei der grundsätzlichen Verschiedenheit zwischen Enders'
Auffassung und meiner eignen irgendwelchen Borteil für die Lösung der
Frage selbst nicht erhoffen kann.

5. Also eine knappste Zusammenfassung nur als ein ästhetisches Glau-
bensbekenntnis zum Schluß. Die Bereicherung unsres Jchs durch Dichtung
kann nur durch ihren Genuß geschehen, weil er allein das Spezifische
vermittelt, das sich auf keine Weise sonst geben läßt, als eben s o, und das
doch der Träger der hier niedergelegten Gefühlswerte ist. Der Genuß einer
Dichtung aber ist das Nacherleben einer Dichtung. Willst du den Schüler
dazu anregen, so gib ihm zunächst einmal überhaupt nicht Werke, deren
Voraussetznngen erst einen Kommentar zum Verständnis brauchen. Dann
„räume weg" und „stelle ein", bis alle Vorbedingungen da, bis alle
nötigen Assoziationen sozusagen am Schmelzpunkte sind, ohne daß sich der
Hörende verstandesmäßig zurechtstutzen und präparieren fühlte. Keine leichte
Arbeit gewiß, aber üie einzige, hier wirklich auch dem zu helfen, der allein
nicht finden kann. Und wenn die Seele frei und gestimmt ist, sich in die
Seele dessen zu versetzen, der dort spricht, dann trage einfach und langsam
vor, bis der Funke überspringt, das Schauen aufblüht und das Nachfühlen
all des Schönen und Großen dort als Frucht reift. x>. von wolfsberg

^us Srnil Straossens „Rreuzungen"

Vorbemerkung. Wir haben wieder einmal die Freude, auf ein
neues Buch hinzuweisen, das ganz ungewöhnlich gut ist.

Mit dem „Freund Hein" von Emil Strauß und mit diesem süddeutschen
Erzähler überhaupt haben wir die Leser schon im ersten Julihefte (902
bekannt gemacht. Sein neues Buch „Kreuzungen" hat trotz der seltsamen
Vorgeschichte zwischen Herman und Elfrioe nichts Romanhaftes im äußern
Sinne, es ist eher noch schlichter, noch herber, als Straußens frühere Werke,

372 Runstwart XVIII, 5
 
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