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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 11 (1. Märzheft 1905)
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Grunsky, Karl: Heitere Musik
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Kalkschmidt, Eugen: Aus der Geschichte des Zerrbilds
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0784

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beobachten sollte. Jn der sogenannten Programmusik ist der bollendete
Harlekin als Till Eulenspiegel von R. Strauß behandelt worden.

Aber wo bleibt das Humoristische, wie es im Beethovenschen
Scherzo lebt? Es ist die höchste Stufe der Komik, wesentlich hinaus-
gehoben über das Heitere wie über das Witzige oder Charakteristische;
denn es bezeichnet nicht die Abwesenheit des Asfekts, auch nicht den
Kampf mit ihr, sondern die Ueberlegenheit über jeden, auch über
den tiefsten Assekt, das Spiel mit der Gefahr und Not des Afsekts,
das Lachen über sich selbst. Woraus sogleich solgt, daß keiner ein Beet-
hovensches Scherzo schreiben kann, der nicht zuvor ein Adagio ge-
schrieben hat, das die tiefsten Regungen der Seele ofsenbart. Das
Adagio ist als solches frei von jeder Komik. Der Vogelgesang in der
Pastoralsymphonie ist kein Scherz, sondern packende Stimmung. Wie
anspruchslos waren nach Beethoven die Komponisten langsamer Sätze!
Wie klein nehmen sich ihre geschwätzigen und nicht einmal komischen
Scherzi oder Scherzandi aus — bis in Bruckner wieder beides: Adagio,
d. h. tiefste Leidenschast in Form der Ruhe, mit den Mitteln des
Ethos, nicht des Pathos, und Scherzo, d. h. Sturm und Gewitter,
das hoch über allen Asfekten schwebt, aus neue Weise Gestalt
geworden ist. Jn den Trios Beethovens und Bruckners, wenn der
Sturm schweigt, dürfen wir in die reinen Tiefen eines von Erdenweh
befreiten, in sich seligen Gemütes blicken. So birgt die höchste Stufe
der musikalischen Komik eins der schönsten Kleinode musikalischen
Ernstes. Doch hat jede der Symphonieen Beethovens und Bruckners
wohl ihre besondere Eigenart. Etwas ganz Merkwürdiges bietet Bruck-
ner im Scherzo der fünften Symphonie: eine Abwandlung des Adagios
als Ausdruck des Humors und ein komisches Trio dazwischen. Auch
Wagner und Bach hatten die Kraft des Humors. Man vergleiche Hans
Sachs in den Meistersingern und Bachs 6-äur-Konzert für drei Kla-
viere, oder das sechste Brandenburgische Konzert.

Der musikalische Humor scheint nur den Deutschen gegeben zu
sein, als könnten nur sie sich von dem Affekte befreien, der dem Ro-
manen Lebenselement ist. Jn der eigentlichen Komik aber sind uns die
Romanen mit ihrer starken Kultur des Verstandes wohl ebenbürtig.
Den Ausdruck jeder Art von Heiterkeit beherrschen sie vielleicht feiner
als die Deutschen, nur Mozart ragt auch hierin über sie empor.

Möge der Leser musikalische Fastnacht feiern: Auswahl hat er
genug. R Grunsky

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Mcht die vielerörterte politische Machtfrage der Karikatur, ihr
öffentlicher Schaden oder Nutzen soll uns hier beschäftigen, sondern vor-
weg die ästhetische Frage ihrer geschichtlichen Entwicklung durch Form
und Unform zum Ausdruck hin. Eine Frage, die Eduard Fuchs in seiner
reichen aber vorwiegend kulturgeschichtlichen Darstellung* nur hie und
da gestreift aber nicht zusammenhängend beantwortet hat. Diese Be-

Die Karikatur Ler europäischen Völker vom Altertum bis zur Neuzeit.
Mit über 1000 Abbildungen und 125 zum Teil farbigen Beilagen. 2 Bände
je 22,50 Mk. Berlin, A. Hosmann L Lo. Die Jllustrationen dieses Aufsatzes
sind sämtlich dem Fuchsschen Werke entnommen.

72H

Runstwart XVIII, p
 
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