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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1904)
DOI Artikel:
Grunsky, Karl: Klavier und musikalische Bildung, [1]
DOI Artikel:
Schumacher, Fritz: Kind und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0159

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das Urbild im Geiste des Schöpfers und im Kopf des Jüngers, der
die schriftlichen Zeichen enträtselt. Jede Nachbildung ändert den Wert
des Werkes, das Maler und Bildhauer vollendet und abgeschlossen
hinstellen: die Aussührung einer Musik ist aber nicht die Nachbil-
dung eines Gegebenen, sondern die Vollendung einer Aufgabe; eine
minderwertige Aufführung wäre ebenso und eher schlechte Kopie, als
dis bescheidene Andeutung des Klaviers, die nichts verderben, die wohl
aber zur Höhe des Genusses emporführen kann! Rarl Grunsk>'

(Schluß folgt)

Rmä unä Runst

Als bekannt wurde, daß der künstlerisch so bewährte Verlag von
Alexander Koch eine Zeitschrist plane, um die Bestrebungen der Be-
wegung sür Kunst im Leben des Kindes zusammenzufassen, schien mir
das ein glücklicher Gedanke zu sem. Jch hütte ohne weiteres ange-
nommen, es wäre eine künstlerisch gehaltene Zeitschrist für die Jugend
geplant, ein Blatt, das in Bildern, Geschichten, Anregungen und
Wettbewerben versuchte, das ins Leben umzusetzen, was jene Be-
wegung erstrebt.

Die erste Nummer der neuen Zeitschrist, schon ihr Titel „Kind
und Kunst" zeigt es, hat den Plan anders ausgefaßt; sie wendet sich
an den Vermittler, den Erzieher, nicht unmittelbar an das Kind. Das
Heft macht einen vorzüglichen Eindruck; jeder, der sich für diese Fra-
gen interessiert, wird es mit Genuß kennen lernen, und es ist nicht
unsere Absicht, es abfällig zu kritisieren, wir müssen nur sagen:
dringender als diese Zeitschrift brauchten wir eine sehr ähnliche und
doch andere.

Jch erinnere mich mit besonderer Lebhaftigkeit aus meiner
Knabenzeit des starken Einslusses, den eine Zeitschrift auf mich aus-
übte. Es war ein Blatt sür die Jugend — Jugend von etwa neun
Jahren aufwärts —, ein Blatt, das ganz uns gehörte und das in
unserem Leben eine Rolle spielte, wie ein guter älterer Freund. Es
ist vielleicht kein Zusall, daß der „8t. iXioüolas" eine englisch-amerika-
nische Zeitschrift war. Es sällt mir noch heute immer auf, wie beim
Engländer, vor allem aber beim gebildeten Amerikaner eine ganz
eigenartig srische und natürliche Art herrscht im Verkehr älterer Män-
ner mit Unerwachsenen, und ebenso oft habe ich in Deutschland ge-
sehen, wie selbst Väter, wahrscheinlich unter dem Einfluß, den die
Schulzucht bei uns aufs Haus auszuüben Pflegt, nicht recht wissen,
welchen Ton sie halbwüchsigen Söhnen gegenüber anschlagen sollen,
ja offenbar einen völlig salschen Ton anschlagen. Die Verbindung
von Erzieher und Kamerad scheint eine eigene Gabe zu sein.

Jn jener Zeitschrift war diese Verbindung vom Erzieher und
Kamerad gefunden; ein Ton herrschte zwischen srischer Vertraulichkeit
und Belehrung, jener Belehrung, die gemischt ist mit Achtung, für
die man als Kind ein besonders empsindliches Gefühl hat. Und so
kam es, daß ein Heer von Knaben hinter diesem Blatte stand, sich
ihm anvertraute mit Fragen und Vorschlägen und willig einging auf
alle Anregungen, die von hier ausgingen.




Runstwart XVIII, Lstst z
 
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