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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 9 (1. Februarheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0713

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zwei Seiten hin, aber nach beiden
Seiten für ästhetische Kultur. Es
mahnt, den Sinn der Feier so zu
gestalten, daß die sehnsuchtstark um
ästhetische, um harmonische Entwick-
lung ringende Persönlichkeit
Schillers in denVordergrund gelangt,
und dann, daß recht eindringlich be-
tont wird, wie sehr gerade in dem
ästhetisch gerichteten, fest mit der
eigenen Zeit verbundenen Ningen die-
ser Persönlichkeit die lebendige Be-
wegung individueller Gegenwarts-
kultur ihre Vorbildung findet. Denn
das gibt uns den Quellpunkt, von
dem ein neuer Strom frischlebendiger
Einwirkung Schillers anf die Gegen-
wart und ihre nächste Zukunft aus-
gehen könnte. Schiller als Erzieher
zur willenskräftigen, in sich selbst be-
stimmten Persönlichkeit, als Men-
schenbildner — so sollte die Parole
der Schillerfeier lauten. Unter die-
sem Gesichtspunkte suchen die Rat-
schläge, die der Dürerbund erteilt, den
ideellen Jnhalt der Feier zu gestal-
ten. Aesthetischer Kultur dienen aber
auch die praktischen Ratschläge, die
sich auf die Form der Feier be-
ziehen. Die Möglichkeiten, eine wirk-
lich allgemeine Feier zu erzielen, wer-
den geprüft: ein Jneinanderarbeiten,
gegenseitiges Helfen der Bevölkerungs-
schichten, ein Abgehen von veralteten
Formen des Festfeierns, ein Frei-

machen bisher wenig oder gar nicht
in Bewegung gesetzter Kräfte. Na-
mentlich den Einzelveranstaltungen
wird zu dienen gesucht: den Volks-
feiern in großen und kleinen Sälen,
den Schulseiern in Aulen und im
Freien. Ueber Festreden, Auswahl
vortragswerter Gedichte, musikalischen
Schmuck, den Schmuck der Säle und
Programmblätter wird gesprochsn.
Theatervorstellungen, Musikauffüh-
rungen empfangen Winke und den
Festsachwaltern wird eine ganze An-
zahl von Programm-Mustern vor-
gelegt. Nicht um ihnen ein Gängel-
band anzuknüpfen, sondern um zu
zeigen, wie man es machen könnte.
Ein sehr eingehendes und sehr über-
sichtlich geordnetes Verzeichnis von
Musikstücken, die für Schillerseiern in
Betracht kommen könnten, wird na-
mentlich vorhandene Nöte beseitigen.
Und endlich ein Wink, die Feier nicht
ohne ein sichtbares und sortwirken-
des Werk im Dienste der ästhetischen
Kultur vorüberrauschen zu lassen. Die
von einem der neuen Schriftführer
des Dürerbundes, Or. Franz Diede-
rich und in ihrem musikalischen Teile
von Eugen Thari redigierte Arbeit
wird nach ihrem baldigen Erscheinen
von der Geschäftsstelle des „Dürer-
bundes" (Adr.: Georg D. W. Callwey,
München) auf Wunsch unentgeltlich
verschickt. D

Nnsere kttäer unä l^olen

Rafsaels „Julius II.", von dem wir den Kopf in der vorgesetzten
Beilage wiedergeben, hat stets als eines der besten Bildnisse der ganzen
Renaissance gegolten, und wer die Renaissance kennt, der weiß, was das
sagen will. „Die malerische Behandlung ist wunderbar", schreibt Burck-
hardt von diesem Werk, „und in aller Einfachheit reich; der Charakter so
gegeben, daß man die Geschichte des gewaltigen Greises erst durch dieses
Bild recht verstehen lernt". Jn den Kunstmitteln nichts Gewaltsames, nichts,
was auch nur hervorträte, um aus die Persönlichkeit des Malers hinzu-
zeigen. Wir haben ein Stück jener Kunst vor uns, die das Leben so aus
den Tiefen heraushebt, daß es mit seinem innerlichen Leuchten sie, die
Kunst selber, überstrahlt.

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