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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 9 (1. Februarheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0712

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gleichen Anteil haben wie unsere
Altvordern? Jrgend ein moralisches
Recht auf den Vorbesitz steht den
europäischen Nationen jedenfalls
nicht zu. Und ist es nicht wunder-
lich, daß Europa, während es mit
allen Konkurrenzkräften seine mo -
derne Kunst nach Amerika vertreibt,
fnr seine ältere und alte Kunst Aus-
fuhrverbote erlassen soll? Wo fängt
die Alterspatina da zu wirken an?

Aber nicht moralische, sondern
wirtschaftspolitische Gründe sind Hier
maßgebend, wird man einwenden.
Wenn die Amerikaner die Raffaels,
Rembrandts und Velazquez' erst drü-
ben haben, kommen sie und ihr Geld
nicht mehr zu uns, wir müssen zu
ihnen. Und wie wenige werden das
können? Welch eine Einbuße an
segensreichen Wirkungen der Kunst
auf das Volk, auf die Völker Eu-
ropas! Nun, die Meisterwerke aus
alter Zeit, zu denen die Menschheit
aufschaut, sind doch wohl so leicht
nicht heimlich zu kaufen und zu ver-
schiffen. Die Berliner, die Londoner,
die römischen Museen werden ja wohl
erst beim Staatsbankrott unter den
5zammer kommen. Jm nicht öffent-
lichen, im europäischen Privatbesitz
befindet sich laut Bode „nur noch
verhältnismäßig wenig". Dieses We-
nige mit Gewalt festhalten zu wollen,
nnr um den überfüllten Museen ein
Paar wissenschaftlich interessante Er-
gänzungsstücke zuführen zu können,
hat daran die Allgemeinheit
ein besonderes Jnteresse? Wer solche
Stücke von Berufs wegen sehen muß,
dem werden sie auch in Amerika
nicht verschlossen sein, weniger viel-
leicht als in Europa, wie auch Bode
hervorhebt.

Uns scheint, die ganze Angelegen-
heit wird unter einer Art museolo-
gischem Albdrücken etwas überlebens-
groß dargestellt. Es gibt wirklich
zunächst Dringlicheres zu tun, als
ein immer weiteres Stapeln und

Stapeln in die öffentlichen Samm-
lungen. Die Ansnutzung des
schon Gesammelten stellt auf diesem
Gebiet wohl doch wichtigere Auf-
gaben — und in ihrer Bewältigung
sind wir wohl vorläufig erst am
Anfang des Wegs. A

<K Zur Drahtkultur

Nun soll's dem Staffelstein
an den Kragen gehen. „Das Komitee
für das Scheffeldenkmal", so lesen
wir, „beabsichtigt auf dem Staffel-
berg mit der Ausführung im Früh-
jahr OOü zu beginnen. „Geplant ist
eine weithin leuchtende »Scheffel-
Warte«, parterre eine Halle mit Büste
des Dichters, ein kleines Schefsel-
Musenm im ersten Stock und dar-
über eine Anssichtsgalerie. Allein
zur Ausführung sind noch jOOOO Mk.
nötig. Jn zweiter Linie soll ein
obeliskartiger Felsenaufbau mit Re-
lief oder Büste in Betracht kommen."

Hoffen wir, daß die fehlenden
jOOOO Mk. bleiben, wo sie gegen-
wärtig noch sind, und daß die deut-
schen Studenten den Obelisken, wenn
er zustande kommen sollte, bei ihrem
ersten Freudenfest droben umwerfen.
Hat der Weinfreund Scheffel je eine
Kateridee gleich dieser des verehr-
lichen Komitees gehabt, ihm zu Ehren
den Staffelberg zu ruinieren? Selbst
die jetzige Orientierungstafel stört
schon dessen charakteristische feine
Jnselgestalt, wie täte das erst eine
Phramide oder gar die „weithin
leuchtende Scheffel-Halle"! Es scheint
aber wirklich, als wüßten wir keinen
Osuium loei mehr anders zu ehren,
als indem wir ihn tot machten,
damit er ein Grabdenkmal bekom-
men kann.

<K Ratschläge znr Schiller-
feier

bringt das „Dürerblatt", das eben
vom Dürerbunde herausgegeben wird.
Praktische Arbeit will es leisten. Nach

Runstwart XVIII, 9
 
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