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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1904)
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Schielderup, Gerhard: Eduard Grieg als Klavierkomponist
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Schultze-Naumburg, Paul: Heimatschutz, [2]: Lauchstädt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0099

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Er ist nie der Diener irgend einer Mode gewesen, er folgte immer der
inneren Stimme. Und deshalb blüht auch seinen Werken ein langes
und segensreiches Leben. Gerhard Schjelderux

I^eirnatsekulr *

2. Lauchstädt

Einc andere Angelegenheit, die uns beim Heimatschutz beschäftigt
und von der ich unsern Lesern Näheres erzählen will, bildet kein so
niederdrückendes Kapitel wie das erste. Nicht weil die Gesahr, in
der das Bedrohte schwebt, von besserer Erkenntnis in diesen Knltur-
fragen zeugte, sondern deswegen, weil nun Hoffnung besteht, die Ge-
fahr abzuwenden.

Dies kurz die Vorgeschichte: Jn Lauchstädt bei Merseburg liegen
die Baulichkeiten und der Park eines alten Stahlbades, dessen Blüte
in das Ende des s8. Jahrhunderts und den Anfang des G- Jahrhun-
derts sällt, also gerade in jene Zeit, die uns immer mehr und mehr
als der bisherige Höhepunkt der geistigen Kultur Deutschlands er-
scheint. Goethe ist die Gestalt di'eser Zeit, und Goethe ist es auch,
durch den aus den Namen Lauchstädt eiu Streislicht der Unsterblichkeit
gesallen ist. Goethe und Schiller besuchten zusammen mit der Hof-
gesellschaft Weimars häufig den Ort, der damals Modebad war, und
es geschah, daß dort ein kleines Theater entstand, in dem die beiden
Dichter durch das sommerlich gastierende Personal der Weimarer Hof-
bühne manches ihrer Stücke zum ersten Mal aufführen ließen. Goethe
selbst leitete den Bau des Theaterchens, wohnte während vieler Som-
mer in Lauchstüdt, um die Proben zu leiten; gewisse Dichtungen, wie
das Vorspiel „Was wir bringen", wurden eigens für Lauchstädt ge-
dichtet. So ist das kleine Landstädtchen zu einer jener Kulturstätten
geworden, die jeder Gebildete kennt. Und nun die Stellungnahme
unserer Zeit. Das Bad ist Eigentum der preußischen Regierung.
Da das Bad und das Theater nichts einbringt, will sie es los werden.
Das ist sür eine Verwaltung verständlich, solange sie nur Verwaltung
der greisbar wirtschastlichen Werte, nicht auch der Jmponderabilien
sein will, wie geistige Werte sie bedeuten. Die Stadt Lauchstädt ist
die nächste „Jnteressentin" der Anlage, folglich will der Staat der
Stadt das Ganze unentgeltlich abtreten, wenn die Stadt die Lasten
des Bades — Jnstandsetzung und Unterhaltung — übernehmen will.
Die mittellose Stadt will oder kann dies aber uur tun, wenn der
Staat die bisherige kleine Subvention des Bades weiterzahlt. Dies
will der Staat aber nicht, er droht, falls die Stadt die Anlage nicht
ohne Beihilfe übernehmen will, das Ganze abzureißen.

„Droht." Wir haben wohl ein Recht anzunehmen, daß hier in
Wahrheit nur ein Druck aus die Stadt ausgeübt werdeA soll, daß die
preußische Regierung nicht tatsächlich an die geweihte Stätte Hand

* Für dieses 'Heft des Kunstwarts war eigentlich ein Aufsatz über einen
zeitgenössischen bildenden Künstler vorgesehen. Wir bringen statt seiner diesen
der neuen Folge „Heimatschutz" sofort, weil hier Gefahr im Verzuge ist.
Uebrigens denken wir, binnen kurzem auch eine Folge von illustrierten Auf-
sätzen über moderne Bauten und modernes Kunstgewerbe zu eröffnen. A



2. Gktoberheft

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