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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 4 (2. Novemberheft 1904)
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Avenarius, Ferdinand: Literarischer Ratgeber des Kunstwart für 1905, [17]: Nachtrag zur Germanistik
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0381

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Das folgende Stück konnte nicht mehr rechtzeitig gesetzt und korrigiert
merden, wir bcingen es deshalb an dieser Stelle:

Das Bedürfnis, sich über die deutsche Götter- und Mythenwelt zu un-
terrichten, ist seit mehr als einem Jahrhundert rege. Gerade auf diesem Gebiet
wird so oiel Haltloses geschrieben, tritt so viel verhängnisvolle Mischung nor-
dischen und deutschen Glaubens ein und wird neuerdings so viel christlicher
Einfluß oermutet, daß große Vorsicht in der Benutzung mythologischer Arbeitcn
angeraten werden muß. Musterhaft ist Hugo Gerings Uebersetzung der
Edda. Warnen möchten wir namentlich vor Simrocks Handbuch dec deutschen
Mythologie, dagegen dis Darstellungen von Golther, Paul Herrmann
und bedingt auch die neueste von Elard Hugo Meyer empfehlen. Päda-
gogischen Bedürfnissen entsprungen ist das brauchbare Buch von Arnold
Zehme „Germanische Götter- und Heldensage", ebenso die kleinen Schriften
über deutsche Mythologie und Heldensage von Gotthold Klee. Ueber die
deutsche tzeldensage allein unterrichtet in vorzüglicher knapper Form Jiriczek.

Je mehr unsere Sprache durch Gedankenlosigkeit verunziert wird,
umsomehr befteht sür den Gebildeten das Bedürfnis, sich über Sprachrichtigkeit
Aufklärung zu verschasfen. Eine Entscheidung ist aber erst möglich, wenn man
die Entwicklung unserer Sprache kennt- Wir weisen empfehlend auf Kluges
„Etymologisches Wörterbuch" und auf Hermann Pauls „Deutsches
Wörterbuch" hin, auch auf das Handwörterbuch von Moritz Heyne.
Unter den darstellenden Werken verdienen Otto Behaghels „Die
deutsche Sprache", (2. Auflage), Oskar Weißes „Unsere Muttersprache",
Ludwig Sütterlins „Die deutsche Sprache der Gegenwart", Albert
Waags „Bedeutungsentwicklung unseres Wortschatzes" und Hermann Wun-
derlichs „Dec deutsche Satzbau" besondere Hervorhebung. Weniger vollendet
will uns Oskar Weißes „Aesthetik der deutschen Sprache" vorkommen.
Andresens „Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeit" ist ein sehr beherzigens-
wertes Buch, und Wustmanns „Sprachdummheiten" können trotz aller
Uebertreibungen noch manchen zur Besinnung über seine Muttersprache bringen.
Ueber die mundartlichen Schwierigkeiten. die es bei einer guten Aussprache zu
überwinden gilt, belehrt Th. Siebs' „Deutsche Bühnenaussprache". Aehnlich,
nur weniger umsangreich, ist der Zweck, den Paul Schumann mit seinem
Vortrage über den Sachsen als Zweisprachler verfolgt.

Selbst die kürzeste Uebersicht über germanistische Hilfsmittsl darf einige
Arbeiten über den jüngsten Zweig der deutschen Philologie, die Volkskunde,
nicht unberücksichtigt lassen. Den Versuch einer Charakteristik der deutschen
Stämme hat O. Weiße unternommen (Die deutschen Stämme und Landschaften),
allerdings nur mit halbem Gelingen. Oskar Dähnhardts liebenswücdige
„Heimatklänge aus deutschen Gauen" stellen äußsrst bezeichnende Dialektgedichte
zusammen. Daneben ist auch ein Büchlein von W. Kahl „Deutsche Mund-
artliche Dichtungen" zu nennen. Die Dialektgrenzen zeigt uns am besten
Bremers Karte der deutschen Mundarten in Brockhaus' Konversationslexikon.
Eine treffliche Einführung in die deutsche Volkskunde ist Elard Hugo
Meyers Werk gleichen Titels. Das „deutsche Volkstum" von Hans Meyer,
mit ganz vorzüglichen Beiträgen, hat eine 2. Auflage erlebt. Nur mit einigen
Strichen des weiten Gebiets beschäftigen sich die „Volkskundlichen Streifzüge"
von Karl Reuschel. Sie sind namentlich dem Volksliede gewidmet. Wer
dächte beim Volksliede nicht an Ludwig Uhland, dessen Sammelwerk wir in
einer nmen billigen Ausgabe bei Cotta für jede Hausbibliothek anschaffen
können. Die klassische Abhandlung Uhlands über die deutschen Volkslieder
(Band 3 der eben angeführten Ausgabe) wird selbst von Rudolf Hilde-
brands „Materialien zur Geschichte des deutschen Volksliedes" kaum erreicht.
Erste Handreichung bietet Julius Sahr's Göschenbändchen „Das deutsche
VoUslied"; eine reizende neueste Sammlung, die trotz ihres bescheidenen
Umfaugs mit dem berühmten „Wunderhorn" Achims von Arnim und
Clemens Brentanos verglichen weiden darf, ist HubertStierlings
„Von rosen ein krentzelein". An Erk-Böhmes „Liederhort" und Böhmes
„Altdeutsches Liederbuch" wird man sich in Fragen über den Volksgesang kaum

3^2 Runstwart XVIII, Lstft
 
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