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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 3 (1. Novemberheft 1904)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0197

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mit Baum und Stein, mit Wolke
und Woge, empfindet. Jch erinnere
an Knut sspamsuns „Pan". Jn diesem
Sinne möchte ich selbst behaupten,
daß in Jsraels' Werk jene moderne
naturwissenschaftliche Erkenntnis wie-
derklingt, daß zwischsn dem Orga-
nischen und dem Anorganischen in
der Natur kein spezifischec Unter-
schied besteht.

Jch habe dies nicht geschrieben,
um an dem Werke eines ehrwür-
digen Greises, der aus ein wohlan-
gewandtes und reiches Leben zurück-
blickt, Kritik zu üben, sondern um
seine wahre Kraft und Leistung zu
zeigen, wie sie mir erscheint. Js-
raels verdient Bewundernng. Allein
es ist ein allgemeiner Fehler unserer
Zeit, daß ihre Bewunderung ohne
Kern und Grenze, hohl, wie eine
aufgepumpte Blase, und maßlos ist.
Echte Bewunderung ist begrenzt und
gesammelt; sie hat die Liebe zur
Mutter und die Kritik zum Vater.

Albert Dresdner

G Der Tag für Denkmal-
pflege in Mainz hat sich weder mit
der Frage des Heidelberger Schlosses
noch mit der des Berliner Opern-
hauses beschäftigt, und die leitenden
Herren haben sehr bittere Vorwürse
deshalb hören müssen, am stärksten
vielleicht v. Wildenbruch. Wir wollen
heut nicht erörtern, wie weit die
Gründe, die sie für ihre Unterlassung
mitteilen, wirklich entschuldigen und
wie weit nicht. Der Widerhall, den
auch dieser Vorgang in der Presse
gefunden hat, bringt aber einen
neuen Beweis dafür, daß es mit
der rein „wissenschaftlichen" Behand-
lung solcher Fragen jetzt nicht mehr
angeht, daß die Allgemeinheit unsrer
Gebildeten beginnt, anch sie nicht
mehr als „Fachfragen", sondern als
Teile der gemeinsamen Kultur zu
fühlen, die mit und in uns selber
lebt, an der man also nicht herum-
schneiden kann, ohne daß es schmerzt,

und an der man, wo Wnnden sind,
heilen soll. Uns scheint, man wird
in den Kreisen der Herren Archi-
tekten und Kunstgelehrten gut tun,
wenn man das auch auf den „Tagen"
mehr berücksichtigt, als bis jetzt. Denn
die „nur" allgemein Gebildeten ver-
treten hier nicht den Standpunkt
von Böotiern, sondern den: es han-
delt sich um die Jnteressen, die
ihr vertretet, aber es handelt sich
noch um einige mehr.

G „Verschwinden des Bergi-
schen Baustils"

Unter diesem Stichwort brachte
eine westdeutsche Zeitung kürzlich
die folgende kleine Korrespondenz
aus Remscheid: „Der in srüheren
Jahren in Remscheid alles Beherr-
schende Bergische Baustil büßt immer
mehr an Zahl der Verehrer ein.
Dieses gibt sich nicht allein darin
zu erkennen, daß man ihn bei Neu-
bauten nur noch wenig in Anwen-
dung bringt, man geht auch vielfach
dazu über, die vorhandenen Bauten
durch Anbau oder Umbau zu moder-
nisieren, wie wir es beispielsweise
gegenwärtig wieder an zwei Häu-
sern der unteren Elberselderstraße
sich vollziehen sehen. Wenn die histo-
risch gewordenen bergischen 5päuser
auch recht schmuck aussehen, so muß
doch anerkannt werden, daß die mo-
dernen Bauten dem Stadtbild viel
mehr Abwechselung und Leben geben."

Einsendungen wie diese, die wir
zur Jllustration unsres Leitanfsatzes
abdrucken, finden sich häufig in mitt-
leren und kleineren Blättern der
Provinz. Meistens ersährt man, daß
da oder dort sich Herr Banmeister T
niedergelassen habe oder daß sein
neues Gebäude mit prachtvoller
Fassade einen beinahe großstädtischen
Eindrnck mache. Unsre Notiz zeichnet
sich nur durch ihren Schlußsatz aus,
der eine Perle der Baugewerkschul-
Aesthetik umfaßt. Muß nun die Zei-
tung diese erglänzen lassen? Wir

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