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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 4 (2. Novemberheft 1904)
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Avenarius, Ferdinand: Literarischer Ratgeber des Kunstwart für 1905, [14]: Volkswirtschaftslehre
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0358

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wnd auf dem Gebiete der Volkswirtschafislehre und der Volkswirtschaftspolitik
Wunsch und Hoffnung Urteil und Arb it mehr beeinflussen, ais dem einzelnen
selbst zum Bewutzlsein kowmen mag. Aufgabe der watzrhast gebrlveten Schicht
des Volkes mutz es aber gerade um dieser Schwierigkeiten willen sein, doch zu
leisten, was ehrlicher Wille und ernste Arbeit vermögen. Sie bestimmt doch
zuletzt das, was man „öffentliche Meinung" nennt und was Fortschritt oder
Stillstand in der sozialen Enlwicklung unwägbar, aber doch unverkennbar mehr
beeinslußt, als es zunächst im Kampfe rein materieller Gegensätze der Fall zu
sein scheint-

Es ist keine leichte Aufgabe, durch das Labyrinth der nationalökonomischen
Literatur rasch einen sicheren Pfad zu führen, der an keinem wicktigen
Punkt vorübergeht und das Bleibende in der wissenschastlichen Erscheinungen
Flucht aufzeigt. Wir kowmen wohl am schnellsten und stcherüen zum Ziel, wenn
wir nach der heutigen w'ssenichaftlichen Arbeitsweise vom Konkreten, Bekannten
ausgehcn und beim abstrakten System endigen. Wir wollen uns also zuerst
mit den bestehenden volkswirtschastlichen Zuständcn unserer deutsä en Heimat
vertraut machen. Dazu helfen uns in kurz orientierender Weise zwei kleine
Werke von Tröltsch, „Ueber die neuesten Veränderungen im deutschen Wirt-
schastsleben" (1899) und Poh le, „Die Entwicklung des deutschen Wirtschofts-
lebens im 19. Jahrhundert" , letzteres in der Teubnerschen Sammlung .Aus
Natur- und Geisteswelt"; in ausführlicherer und scsselnder Weise Sombart,
„Die deutsche Volkswntschaft im 19. Jahrhundert" (1903), ferner der zweite
Ergänznngsband zu Lumprechts „Deulscher Gesch'chte", das originelle Buch
von Losch, „Nationale Pioduktion und Berufsglirderung^ (1892), May, „Die
Wntschaft in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunst" (1901), endlich das
„tzandbuch der WirOchastskunde Deutschlands" und Grubers kleines „Deutsches
Wirtschastsleben" (Aus Natur- und Geisteswelt).

Die Darstellung der heutigen Volkswirtschaft mündet von selbst in die
aktuellen Fragen der Wirischaftspolitik, die sogenannte praktische National-
ökonomie aus, über welche die meisten jener Werke schon zusammenfassend
handeln. Ein gleiches tut kurz in der Göschenschen Sammlung van der
Borghts „Volkswirtschastspolitik", aussührlicher G. vonMayrs „Grundritz
zu Vorlesungin über praktische Niationalökonomie" <1900), der zweite Band des
„Grundrisscs zum Siudium der Politischen Oekonomie" von Conrad,
„Volkswirtschaftspolitik" (4. Aufl. 1904) und in origineller und tiefeidringender
Weise der zweite Teil des „Grundrisses der Politischen Oekonomie" von
Philippovich (1899).

Wenden wir uns nun zu den einzelnen Hauptgebieten, so können wir
hier die geschichtliche Entwicklung nicht von den aktuellen Problemen trennen,
für deren Verständnis ihre Kenntnis nötig ist. Ueber die deuische Agrar-
geschichte orientieren die Freiburger Antrittsrede von Fuchs, „Die Epochen
der deutschen Agrargeschichte" (1888), sowie seine Artikei ,.Bauer" und „Bauern-
befreiung" in Elsters „Wörterbuch der Volkswirtschaft" Wer tiefer dringen
w>ll, muß für das Preutzen alten Bestandes das klassische Werk G. F Knapps
„Die Bauernbesreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den älteren Teilen
Preutzens" (1887) oder wenigstens seine beiden Vortragssamwlungen: „Die
Landarbeiter in Knechtschaft und Freiheit" (1891) und „Grundherrschaft und
Rittergut" (1897) zur Hand nehmen, die zugleich Perlen der neueren deutschen
Prosa sind. Für Nordwestdeutschland vergleiche man Wittichs „Grundherr-
schast in Nordwestdcutschland" (1896), für Süddcutschland Ludwig, „Der
badische Bauer im 18. Jahihunderl" (1896), für Oesterreich Grünberg, „Die
Bauernbefreiung in Böhmen, Mäbren und Schlesien". Auch Belows „Terri-
torium und Stadt" gehört in seinem ersten Teil hierher. Die in Wittichs ge-
nanntem Werke außerdem ausgeworsene Frage dcr ältesten deutschen Agrar-
geschichte nach dem Alter der Grundherrschaft findet auch in Richard Hilde-
brands geistreichem und vielangefochtenem Buche „Recht und Sitte auf den ver-
schiedenen wirtschaftlichen Kulturstufen" eine eigenartige Behandlung. Die
„Geschichte der deutschcn Landwirtschaft" endlich hat uns von der Goltz
kürzlich in einem zweibändigen Werke gegeben.

Auch in das Gebiet der Agrarpolitik führt rasch ein Vortrag von
Fuchs in den Schristen der Gehe-Stiftung über „Die Grundprobleme der
deutschen Agrarpolitik in der Gcgenwart" ein. Aussührlicher handelt davon

320 . Runstwart XVIII, Zeft ^
 
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