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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1904)
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0448

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eigenen Ohr, nnd je dnnkler es draußen war, desto mehr ward jeder
wehende Lichtnebel zur fliegenden Gestalt. Auf Moritzens von Schwind
„Nächtlicher Erscheinung" ist folcher Ursprung nicht mehr angedeutet wie
etwa bei seinen „Urgeistern, die den Mond anbeten", ist das schwebende Wesen
schon ganz losgelöst von der Materie, aus der es ward, ist es ein selb-
ständiger Geist geworden. Aber wieder ein anderes Naturgesnhl verband
sich um so stärker damit. Ganz ein ähnliches, wie es Goethes Fischer zu^-
grunde liegt, das Locken ins Ungewhsse, Fremde, Rätselbergende, das dort
in Wasserstiefen hinab hier zu den Schauern des geheimnisvollen nächtigen
Bergwalds zieht, ehe der abnehmende Mond ganz versunken sein wird und
der Tag gekommen. Me lockende Haltung der elfischen Fran scheint uns
übrigens ein Meisterstück zu sein jener Charakteristik mit den einfachsten
Mitteln, die sich freilich auch bei Schwind nur auf den besten Werken findet.

Dann zeigen wir von I. F. Millet einen Reiter im Sturm an
der Felsenküste. Mit höchster Anstrengung, ein Fußgänger hielte sich kaum,
kämpft er sich vorwärts. Millets Kunst zehgt sich auch hier: die Einzelgestalt
bis zur Monumentalität über ihre Umgebung hinanszuheben nnd doch diese
Umgebung dadurch nicht kleiner zu machen, auch ihr ihre Größe noch zu
lassen. Der Holzschnitt, den wir der neuen Meyer-Gräfeschen Kunstgeschichte
der neuesten Zeit entnahmen, ist vorzüglich, nur die Brandung scheint der
Schneider nicht recht aus eigenem Studium gekannt zu haben.

Die einleitende, ursprünglich für Orgel gesetzte fugierte „Choral-
studie" soll einen hochbegabten, jungen Komponisten, Alfred Sittard
(geboren s879 in Stuttgart, jetzt Organist der Dresdner Kreuzkirche), bei
den Lesern einführen. Das aus der ersten Choralzeile entwickelte und zu
dieser im doppelten Kontrapunkt stehende Thema zerfällt in zwei gleiche
Teile, deren jeder im Verlaus der weiteren Entwicklung einen selbständigen
motivischen Charakter trägt. Das Figurenwerk ist durchaus aus weiteren
Zergliederungen des Themas gebildet. Wuchtig und breit, als Fundament
des Ganzen ist der im Baß als OuniuZ lirmus durchgesührte Choral gedacht.
Dieser liegt bei der Ausführung auf der Orgel im Pedal. Jn dcr vor-
liegenden Bearbeitung empfiehlt sich's, beim jedesmaligen Eintritt des
Ouutus lirmus diesen durch Oktaven zu verstärken. Jm Jnteresse einer
klangvollen Steigerung muß auch zum Schlusse der liegende Baß zeitweise
neu angeschlagen werden.

Die freibleibenden Seiten benutzen wir, um ein wenig bekanntes,
aber sehr bedeutendes Lied von Franz Schubert, das tiesschmerzliche:
„Die Liebe hat gelogen", zu verbreiten. Von namhaften Sängern singt es
zur Zeit außer Wüllner wohl keiner. Setzt sich hier aus den herben, schnei-
denden Harmonieen nicht ein wahrhast erschütterndes Seelengemälde in Tönen
zusammen? > !

Nun noch eine Bitte an unsre Leser. Die Bilderbeilagen mit Klin-
gers „Drama" in Heft 3 sind zum Teil sehr schlecht ausgefallen, weil
das Papier durch einen Fabrikationsfehler zum Teil versagt hat. Wir bitten
alle, die schlecht gedruckte Beilagen erhalten haben, diese mit Angabe ihrer
Adresse an den Kunstwartverlag Georg D. W. Callwey in München einzu-
senden. Läßt sich so der Bedarf ermitteln, so wird man dort neue einwand-
freie Drucke herstellen lassen und diese den Einsendern der schlechten unbe-
rechnet zuschicken. Bis dahin muß dann allerdings eine kleine Weile vergehen.

Verantwortlich: der Herausgeber Ferdinand Avenarius in Dresden-Blasewitz — Mit-
leitende sür Musik: vr. Ri chardB atka in Prag-Weinberge, für bildende Kunst: Prof. Paul
Schultze-Naumburg in Saaleck bei Kösen in Thüringen — Sendungen für den Text an
den Herausgeber; über Musik an vr. Batka — Verlag von Georg D. W. Callwey,
Druck von Kastner L Callwey, kgl. tzofbuchdruckerei in München — Bestellungen,
Anzeigen und Geldsendungen an den Verlag Georg D. W. Callwey in München

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