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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 7 (1. Januarheft 1905)
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Wolzogen, Hans von: Ein Nationaldank für Richard Wagner: auch ein Neujahrswunsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0519

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selbst von jeher in seine Jdee mit einbegriffen. Allen, welche innig und
ernstlich bewußt nach einer solchen Kunst als einem idealen Erlebnis
verlangen, sollte sie sich ohne Entgelt, srei und voll darbieten können.
Schon in seiner allerersten Andeutung des geplanten Theaters, vor
sünfzig Jahren, sprach er von einer eingeladenen Zuhörerschast. Als
der König von Bayern ihm später als Erster die Ersüllung in Aus-
sicht stellte, war mit dem Münchener Festbau durchaus der Gedanke
verbunden, die Zuschauer sollten des Königs Gäste sein. Als dann
endlich Bayreuth begründet ward, waren die „Patrone" zugleich
das „Publikum"; und da dies eben nur Wohlhabende sein konnten,
so meinte Wagner schon damals: das Reich, welches um das werdendc
Bayreuth sich nicht gekümmert, dürfte wohl für das vollendete derart
sorgen, daß es den minderbemittelten Deutschen Freiplätze schüfe,
wodurch dann eigentlich erst in schönster Weise die Sache nationalen
Charakter empfangen würde. Wie daran nicht weiter zu denken war,
und auch die bloße Patronatsfähigkeit die Festfpiele nicht erhalten
konnte, zum „Parsifal" also schließlich doch jeder zugelassen werden
mußte, der „Entree" bezahlt, da begründete im Sommer j882, noch
vor den ersten Parsifal-Festspielen, Wagner selbst eine Stipendien-
stiftung, aus welcher den „oft tüchtigsten von Germaniens Söhnen",
denen „das Los der Dürftigkeit" gefallen, die Mittel zur Reise,
zum Aufenthalt und zum Besuch der Festspiele ver-
schafft werden sollten. Friedrich Schön in Worms, welcher das
seltene Beispiel einer großen Spende zu diesem edlen Zweck gegeben,
ward zum Verwalter der Stiftung bestimmt. Seit vollen 22 Jahren
also besteht diese Stistung bereits, und es ist erstaunlich, daß man
in einer Welt, wo so viel von Wagner und Bayreuth geredet wird,
gerade davon so wenig erfahren hat. So ist die Stiftung wohl stets
segensreich wirksam geblieben, doch aber nur in sehr beschränktem Maße
gegen die ursprüngliche große Jdee Wagners. Gestärkt ward sie durch
einzelne größere Spenden zum Fonds, allen voran von seiten der
Familie Wagner (25000 Mk. und Konzerteinnahmen), dann des Ver-
waltungsrats der Festspiele in Form von Freikarten, auch durch einige
Bermächtnisse (Frau von der Osten, Frau Wesendonk, Hermann Levi,
Bernhard Loeser), wesentlich erhalten aber durch die satzungsgemäß jäyr-
lich gezahlten Beiträge des Allgemeinen Wagnervereins, welcher
nun, je mehr Bayreuth durch das Publikum selbst unterstützt ward, um so
mehr dem einst von Wagner ihm zugewiesenen Zwecke dienen durfte und
so, von (5 Prozent seiner Gesamteinnahmen bei seiner Neugründung (883,
jetzt bis zu ((0 Prozent seine Jahresbeisteuer zur Stipendien-
stiftung gesteigert hat. Beim Beginn ihrer Wirksamkeit, im ersten Jahre
(882, hatte >die Stiftung bescheidentlich 20 Stipendien auszahlen können,
(883 waren es schon 79; bei der ersten öffentlichen Abrechnung (885
betrugen die Spenden 7600 Mk., der Bestand war 3300 Mk. Langsam
stiegen Einnahmen und Auszahlungen, bis im 25. Festspieljahre (90(
durch eine besondere Sammlung von Jubiläumsspenden der Fonds
sich um ((5 000 Mk. (darunter (0 000 Mk. aus Paris) vermehrte. So
ward es möglich, daß im letzten Jahre (90(( von den Zinsen eines
Grundstocks von (25 000 Mk. nebst den Vereinszuschüssen Stipendien
im Gesamtbetrage von (2 (((5 Mk. verteilt werden konnten, nämlich



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