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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 8 (2. Januarheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0622

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einfach die Ehrlichkeit, den Referen-
ten für den deutschen Katholizismus
aus den Kreisen seiner weit über-
wiegenden Mehrheit zu wählen,
nicht aus der uns näher stehenden
kleinen Minderheit der Reform-
Katholiken. Das zur Antwort auf
eine Erklärung, mit welcher die
Münchner „Kraus-Gesellfchast" fich
kürzlich bei den Zeitungen über die
Stellung unsres katholifchen Referen-
ten beschwert hat. A

MUeber Dichtung

(Pathos) Dem Pathos „sein
Recht", soweit es das feierlich ge-
hobene Fühlen des Edeln vor der
Größe vertritt. Doch lebt in diefer
Feierlichkeit etwas Ausnahmsweises,
Besonderes, und in diesem Besondern
immerhin ein leiser Rest staunender
Fremdheit, der den Gast kennzeichnet
gegenüber dem Genossen des Hau-
ses. Wo einer daheim ist, gibt er
sich schlicht. So anch der Große
im Großen.

*

(In n e r l i ch k e i t) Wir Deut-
schen rühmen uns gern, das inner-
lichste Volk der Erde zu sein, und lieb-
äugeln, wenn wir nicht zu den Kor-
rekten gehören, die in der Schablone
das Heil und im Gehrock den Anstand
sehn, heimlich und offen mit unsrer
Gleichgültigkeit gegens Aeußere als
einem Mangel an Aeußerlichkeit. Als
ob das nicht vielmehr davon Zeugnis
ablegte, daß unsre Jnnerlichkeit nur
noch zu schwach ist, um ihr Auge
auch nach außen hin aufzuschlagen,
um uns ganz zu erfassen und ois
in unser Aeußeres hinein vordrin-
gend auch dies zu veredeln.

-k-

(Kun st und Keuschheit)
Wenn Seele zu Seele von Grund
aus sprechen will, gibt es bald
ein Verstummen: Fürs Tiesste ge-
bricht es an Worten und über sein
Heiligstes redet nicht gern, wer die
Gottheit darin scheut. Da stellen

sich die Sinne ein als Vermittler
zwischen den Seelen, die Hülle tritt
ein für den Kern, das Außen sürs
Jnnen, das Zeichen fürs Wesen —
da wird die Kunst. Tüe redet
in keuschem Schweigen zum Schau-
enden allein, das heißt zu dem,
dessen Auge die Schöpfung nicht
„totsieht", der im Aeußeren sein
Jnnres, im Körper die Seele zu
erkennen vermag. So liegt mit dem
Gehalt aller Lebenswert der Kunst
in ihrer Form.

Doch dem steht die Schwärmerei
der „gutgesinnten" Seichtlinge ver-
ständnislos gegenüber. Die Keusch-
heit des Künstlers ist ihr Nüch-
ternheit und Aeußerlichkeit. Unbe-
denklich beredet und preist sie, was sie
ihr Heiligstes nennt, lärmend laut
in aller Oeffentlich'keit, wie der
Bäckerbub seine warmen Wecken aus-
schreit. So macht sie das Hohe
gemein und gesellt sich zur Schar
der entarteten Priester, der Pfaffen,
die den Namen ihres Gottes ent-
heiligen und allem tieferen Emp-
sinden verekeln, indem sie ihn im
Munde sühren, wie der Seemann
seinen Rollentabak.

-r-

(Von der Sprache) Alle
Sprache ist Zeichensprache im Grunde.
Sie gibt nicht die Dinge selber,
sie gibt nur unsre menschlich-per-
sönliche Be—zeichnung dafür. Da
aber alle Persönlichkeiten individuell
verschieden sind, müssen auch diese
Zeichen, wenn sich's nicht um un-
persönlich Begriffliches handelt, in
einem jeden wieder individuell ver-
schiedene Werte anrufen. Das zeigt
deutlich, auf wie schwankem Grunde
all' unser Einander-Verstehen sich
bewegt. Die Menschen gemeinhin
jedoch glauben an die unantastbar
objektive Bedeutung der Worte mit
einer Vertrauensseligkeit, die an
jenen General erinnert, der sich bei
Humboldt erkundigte, wie man denn

2. Fc.nuarhest ls)Oö

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