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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI issue:
Heft 1 (Oktoberheft 1931)
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Frankreich in Indochina, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0076

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II. Unter den politischen Autoren ragt Paul Monet hervor, der seit Jahren einen
unermüdlichen Kampf fur Reformen in Jndochina führt. Begeifterter und ehrlicher
Anhänger der Jdeen von 176g, hat er sich einerseits durch seine Reformforderungen
erbitterte Gegnerfchaft bei den einflußreichen Kolonialeuropäern gefchaffen, konnte
aber toegen seiner patriotifchen Einftellung andererseits bei den Eingeborenen keinen
feften Fuß fassen. So erntete er bittere Enttäufchungen, ohne sich jedoch dadurch
entmutigen zu lassen. Seine Bücher sind: 1. „I'rsn^gis et ^nsrnites". (Oos
?I68868 IIniv6r8it3il68 civ I"r3N66.) 2. „lLntr6 ä6NX k'enx". (Oes üäitions Ki6ä6r.)
Z. „068 ^lsnniors". (lübrsirm Ogllirngrä.) ch Gleichfalls jahrelang an Ort und
Stelle niedergelassen war Georges Garros, „0oi66ii68 bnrnsines". (V.näi6 vel-
p6neb.) Z. Louis Roubaud, „Viot ^isrn". (Oibrsiri^ Valois.) Obfchon Be-
richt einer mehr journaliftifchen Jnformationsreise, zeichnet sich Roubauds Buch
doch durch großen menfchlichen Ernft und kritifche Einftellung aus.

Dem fügen wir III. noch an: Rene Banlande, „O'Inäoobine sons rnonaee
6onnnuni8t6". (I. ?6)nonn6t ^ Oi6.). Zwar von einem fanatifchen Berteidiger des
beftehenden SyftemS ftammend, doch nicht nur für die neuefte Entwicklung be-
sonders auffchlußreich, sondern auch einen guten Einblick in die Mentalität der
herrfchenden nationaliftifchen Kreise gebend.

Schließlich: IV. Avonne Schultz, „Osns 1s OriKe äes ^snni^rs". (Oibrsirie
?1on.) (fn Romanform, jedoch aus eigener Beobachtung ein durchauö zutreffendes
Bild entwerfend.

Man glaube nun aber nicht, eS hier mit ftaatsverneinenden oder kommuniftifchen
Parteifchriften zu tun zu haben. Mit Ausnahme von Werth, der sich als unpolitifchen
Kosmopoliten bekennt, sind alle erwähnten Autoren durchaus aufrichtige französi-
fche Patrioten, was das Gewicht ihrer Kritiken in entfcheidendem Sinne erhvhen
muß; hierüber sei noch ein Wort gesagt. Es wirkt für den ausländifchen Leser geradezu
grotesk, wenn unmittelbar nach den Schilderungen der fchlimmften Dinge die übli-
chen Phrasen von Frankreichs Edelmut und Selbftlosigkeit losbrechen, die dem Fran-
zosen von Zeit zu Zeit ganz automatifch entfchlüpfen. Besonders eigenartig ift
daS beliebte Schelten auf andere Kolonialmächte, neben Deutfchland besonders Eng-
land, die als Folie dienen müssen. Die englifche Kolonialpolitik war ja jederzeit
auch im Bösen großzügig, allein ihr Gesamtergebnis ift weit entfernt von jener für
den Eingeborenen völligen Negativität der französifchen. Garros tut sich besonders
in wilden Schmähungen auf die englifche Kolonialpolitik hervor; er bemerkt gar
nicht, wie sie dem Leser nach Lektüre seineS Buches reftlos und genau auf die fran-
zösifche Kolonialpolitik zu passen fcheinen. Sein unverrückbarer Schluß lautet:
„Ü68ton8 Istins!" Alle diese Autoren bleiben überzeugt, daß Frankreichs Kolonial-
herrfchaft weitaus die befte sei, und zwar, weil Frankreich eben im Gegensatz zum
angelsächsifchen GefchäftSgeift eine unüberwindliche Baftion der Humanität, der na-
türlichen Großmut und des feinften KulturidealismuS bedeutet, „jenes legendarifche
Frankreich mit seinem altmodifchen Fonds von ideologifcher Brüderlichkeit". Besonders
Garros ift Lrotz seinem eigenen Buch keineswegs in seinem Glauben zu erfchüttern,
daß Frankreich „das edelmütigfte Dolk der Erde ift, welches mehr als alle anderen den
Jnftinkt der Gerechtigkeit hat". Bei aller feinen Einfühlungsfähigkeit erfcheint ihm
Frankreichs Rolle in Jndochina als ein unaufhörliches Sichverftrömen in Freige-
bigkeit, als ein selbftloses Verfchenken seines „prometheifchen Genies", der edlen
französifchen Sprache, als ein förderndes Beispiel auf allen Gebieten. Auch Monet
leitet seine grausigften Feftftellungen mit einer prunkvollen Rhetorik von Jdeal,
Licht und Fortfchritt ein, die Frankreich gebracht habe. Er sagt ganz osfen, daß er
vor den Eingeborenen immer „sorgfältig die Fehler der Franzosen verfchwiegen und
ihre Jrrtümer verborgen" habe. A. Schultz belaftet nur einen Europäer, „nn
beirngtblos" mit spanifchem Namen. Roubaud geht so weit, es zu entschuldigen,
 
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