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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1931)
DOI Artikel:
Diesel, Eugen: Grundsätzliches zum Thema "Wirtschaft"
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0118

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Handel und Wandel, von bösen und guken Zeiten. 9Toch war kein Heer von
VolkswirLschaftlern emsig damiL beschäsLigL, über das Mysterium des WirL-
schafLslebens Lansend sich widersprechende Lehrmeinungen zu verbreiten.
Llnch wir sind hier offenbar im Begriffe, uns miL dem gleichen fragwürdigen
UnLernehmen zu beschäfLigen. 2lber das Folgende will nicht mehr sein als eine
Bemühung, den Leser auf einen SLandorL zu sühren, von dem aus das WirL-
schastsgeschehen sich in anderer Perspektive darstellt als gewöhnlich.

Es kommt sür den Menschen immer zunächst einmal darauf an, das zu er-
zeugen (durch Handwerk) oder herbeizuschaffen (durch Iagd, Fischsaug,
ErnLe usw.), was sür die AusrechLerhaltung seines Lebens notwendig ist.
Sobald eine rechL Liese KulLurstufe verlassen ist, kann man nicht mehr alles
allein herstellen odcr herbeischaffen, was man brauchL oder wonach es eineu
lüstet. Man beginnt zu Lauschen und zu kausen. Jeder dieser beiden Vor-
gänge, der der ProdukLion und der des Tauschens oder Handelns, kann sür
sich betrachtet werden nnd je nachdem einsacher oder komplizierter sein. Je
einsacher diese beiden Vorgänge sind, um so problemloser (wenn auch nicht
kultivierter) spielt sich das Leben ab, um so weniger wird die Allegorie
„WirLschast" ins BewußLsein LreLen. Was unmiLLelbar aus der Hand des
Menschen, aus dem kleinen ArbeiLskreis der Familie, des Dorfes, der kleinen
StadL hervorgeht, ist deutlich und meist auch persönlich aus seiuen Lebens-
zweck bezogen, es erscheint verständlich in die übrigen Zusammenhänge ein-
bezogen; darum ist es, als wirtschastliches ObjekL gesehen, problemlos.
Das gilL nicht nur für die ProdukLion, es gilt auch sür den Handel, der
problemlos bleibt, solange der WerLmesser und die bequeme Achse des
Tausches, das Geld, sich in seiner AnschaulichkeiL als WerLmesser und
WerLobjekL rechtfertigL.

Wenn nun aber die Kreise der ProdukLion (geistig und praktisch!) oder die des
AusLausches oder gar beide zusammen sich erweitern, wenn Lechnisch und
psychologisch sehr verwickelte Waren auf sehr zusammengesetzte Wertbegrifse
bezogen werden müssen, so gestaltet sich das Wirtschastsleben sehr viel un-
durchsichtiger. Es sinden viel mehr Bewegungen und Umsätze von Gedanken,
Menschen, Waren, Summen staLL, es muß mehr Buchhaltung getrieben
werden, die Auseinandersetzungen und damiL die Gesetze vervielfachen sich.
Es entstehen zcchllose nichL mehr unmiLLelbar produktive Berufe.

Die steigende Berseinerung und Komplikation des ProdukLionsvorganges haL
großen Einsluß auf die Komplikation und Verslüssigung des Geldwesens;
umgekehrL diktieren auch die sich verflüssigenden Formen des Geldwesens der
ProdukLion eine große Anzcchl von „Gesetzen" sehr verschiedenartigen psycho-
logischen und praktischen Ursprungs. Eine solche Steigerung des Wirtschasts-
prozesses hat schon, bis zu einem gewissen Grade, vor dem AufLreLen der
Maschinen stattgesunden. Eine erhebliche Steigerung kann also bereits ohne
wesentlichen Ausbau der technischen Methoden erreicht werden, wenn auch
schließlich die ForLschritte der Technik die bisher gewaltigste Steigerung aus-
lösten. Die technischen Hilssmittel hatten früh eine gewisse Höhe erreicht,
die dann Iahrtausende hindurch beibehalten wurde. Die Lechnologischen Lei-
stungen Griechenlands, Chinas, Roms stehen ungefähr aus der gleichen Lech-
nologischen Höhe wie diejenigen des 16. IahrhunderLs. Aus andern als Lech-

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