zu betäLigen. Es müßte also die Freiheit der Konkurrenz zu einem großen Teil
ausgeschaltet werden, um eine wahre Freiheit für die größte Gruppe der
Volkswirtschast zu schafsen. Allerdings ist damit auch erwiesen, daß der soziale
FortschriLL zu einem großen Teil dadurch zustande kam, daß die Arbeiterschaft
sich selbst der Freiheitsidee bemächtigte, wenn damik auch offenbar wurde, wie
fragwürdig die individualistische Frerheitsidee ist.
Ihre Fragwürdigkeit wird noch weiter offenbar an einem Prinzip des indivi-
dualistischen Wirtschaftssystems, das wir abschließend erwähnen müssen, am
Geseh der absoluten Eigengesetzlichkeit des W irtschaftlichen.
Das Prinzip der EigengeseHlichkejt beherrscht die ganze Gesellschaftstheorie
des Individualismus. Es besagt, daß die einzelnen Gebiete gesellschaftlich-kul-
turellen Lebens, also Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Literatur, Kunst usw.
in ihrem Sein und ihrer Entwicklung ausschließlich durch immanente und un-
abänderliche Lebensnotwendigkeiten bestimmt seien, daß also alle diese LebenS-
gebiete GeseHen unterliegen, die sich allein von ihren Sonderzwecken herleiten
und die sich allen von außen wirkenden Kräften zum TroH durchsetzen werden.
Dabei darf die Frontstellung des Individualismus gegenüber dem absolutisti-
schen Staat nicht übersehen werden; und weiter ist es eine richtige Erkenntnis
des Individualismus, daß der volkswirtschastliche Organismus Latsächlich Le-
bensgeseHen unterliegt, die nicht ungestrast verleHt werden dürfen, d. h., daß
man im Wirtschaftlichen nicht nach Willkür schalten und walten darf, sondern
schon seinen eigenen GeseHen folgen muß, wenn nicht die wirtschaftliche und
soziale Kultur leiden sollen. Die vom Individualismus behauptete EigengeseH-
lichkeit bedeutet aber die AbsolutseHung der menschlichen Kulturzwecke aus den
einzelnen Lebensgebieten, die ihnen zugrundeliegenden Seins- und Wertbereiche
werden zu absoluten Selbstzwecken erhoben, also der Staat, die Wirtschaft,
die Kunst usw. Der Individualismus leugnet also eine allgemeine Kul-
turnorm, der das Kulturstreben auf den einzelnen Kulturgebieten unterzu-
orduen ist. Für ihn ist die ausschließliche Kulturnorm die Froiheitsidee. In
Wirklichkeit umsaßt die wahre Kulturnorm alle im gesellschastlich-kulturellen
Leben auftretenden Gegebenheiteu, also z. B. die Gemeinschaftsidee ebenso wie
diePersönlichkeitsidee, und zwar in ihrer gegenseitigen Bezogenheit aufcinander.
Es ist darum eiue Verkehrung der Wirklichkeit, wenn die individualistische Ge-
sellschaststheorie in ihrer Lehre von der absoluten EigengeseHlichkeit der Kultur-
gebiete vom „reinen Staat" spricht, von der „reinen Wirtschast". In
der Wirklichkeit gibt es keine „reine Wirtschaft", sondern Wirtschaft ist ein
gesellschaftlich-kultureller Vorgang. Der Wirtschaftszweck darf
nicht isoliert und verabsolutiert werden, sondern wahre materielle Kultur wird
nur erreicht, solange die Wirtschast der Gesamtkultur eingeordnet bleibt und
ihrer Norm unterstellt wird. Nur solange dies geschieht, werden sich die schöp-
serischen Kräfte entfalten, die der wahren Freiheit eigen sind. Aber das ist der
innere Widerspruch der individualistischen Freiheitsidee, daß in ihr einerseits
die absolute Freiheit des Individuums zur Kulturnorm erhoben wird, während
andererseits die Kultur einer EigengeseHlichkeit unterstellt wird, der gegenüber
der schöpferisch gestaltende W ille des M enschen machtlos sein
soll. Absolute Freiheit und absoluter Zwaug sind aber nicht zu vereinen, darum
ist die individualistische Freiheitsidee ein Idol, dessen Fragwürdigkeit der Riß
492
ausgeschaltet werden, um eine wahre Freiheit für die größte Gruppe der
Volkswirtschast zu schafsen. Allerdings ist damit auch erwiesen, daß der soziale
FortschriLL zu einem großen Teil dadurch zustande kam, daß die Arbeiterschaft
sich selbst der Freiheitsidee bemächtigte, wenn damik auch offenbar wurde, wie
fragwürdig die individualistische Frerheitsidee ist.
Ihre Fragwürdigkeit wird noch weiter offenbar an einem Prinzip des indivi-
dualistischen Wirtschaftssystems, das wir abschließend erwähnen müssen, am
Geseh der absoluten Eigengesetzlichkeit des W irtschaftlichen.
Das Prinzip der EigengeseHlichkejt beherrscht die ganze Gesellschaftstheorie
des Individualismus. Es besagt, daß die einzelnen Gebiete gesellschaftlich-kul-
turellen Lebens, also Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Literatur, Kunst usw.
in ihrem Sein und ihrer Entwicklung ausschließlich durch immanente und un-
abänderliche Lebensnotwendigkeiten bestimmt seien, daß also alle diese LebenS-
gebiete GeseHen unterliegen, die sich allein von ihren Sonderzwecken herleiten
und die sich allen von außen wirkenden Kräften zum TroH durchsetzen werden.
Dabei darf die Frontstellung des Individualismus gegenüber dem absolutisti-
schen Staat nicht übersehen werden; und weiter ist es eine richtige Erkenntnis
des Individualismus, daß der volkswirtschastliche Organismus Latsächlich Le-
bensgeseHen unterliegt, die nicht ungestrast verleHt werden dürfen, d. h., daß
man im Wirtschaftlichen nicht nach Willkür schalten und walten darf, sondern
schon seinen eigenen GeseHen folgen muß, wenn nicht die wirtschaftliche und
soziale Kultur leiden sollen. Die vom Individualismus behauptete EigengeseH-
lichkeit bedeutet aber die AbsolutseHung der menschlichen Kulturzwecke aus den
einzelnen Lebensgebieten, die ihnen zugrundeliegenden Seins- und Wertbereiche
werden zu absoluten Selbstzwecken erhoben, also der Staat, die Wirtschaft,
die Kunst usw. Der Individualismus leugnet also eine allgemeine Kul-
turnorm, der das Kulturstreben auf den einzelnen Kulturgebieten unterzu-
orduen ist. Für ihn ist die ausschließliche Kulturnorm die Froiheitsidee. In
Wirklichkeit umsaßt die wahre Kulturnorm alle im gesellschastlich-kulturellen
Leben auftretenden Gegebenheiteu, also z. B. die Gemeinschaftsidee ebenso wie
diePersönlichkeitsidee, und zwar in ihrer gegenseitigen Bezogenheit aufcinander.
Es ist darum eiue Verkehrung der Wirklichkeit, wenn die individualistische Ge-
sellschaststheorie in ihrer Lehre von der absoluten EigengeseHlichkeit der Kultur-
gebiete vom „reinen Staat" spricht, von der „reinen Wirtschast". In
der Wirklichkeit gibt es keine „reine Wirtschaft", sondern Wirtschaft ist ein
gesellschaftlich-kultureller Vorgang. Der Wirtschaftszweck darf
nicht isoliert und verabsolutiert werden, sondern wahre materielle Kultur wird
nur erreicht, solange die Wirtschast der Gesamtkultur eingeordnet bleibt und
ihrer Norm unterstellt wird. Nur solange dies geschieht, werden sich die schöp-
serischen Kräfte entfalten, die der wahren Freiheit eigen sind. Aber das ist der
innere Widerspruch der individualistischen Freiheitsidee, daß in ihr einerseits
die absolute Freiheit des Individuums zur Kulturnorm erhoben wird, während
andererseits die Kultur einer EigengeseHlichkeit unterstellt wird, der gegenüber
der schöpferisch gestaltende W ille des M enschen machtlos sein
soll. Absolute Freiheit und absoluter Zwaug sind aber nicht zu vereinen, darum
ist die individualistische Freiheitsidee ein Idol, dessen Fragwürdigkeit der Riß
492