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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1932)
DOI Artikel:
Briccius, W. A.: Arbeitsbeschaffung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0589

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Der Zentralausschuß des ReichswlrtschasLsrats hat einen weiteren Plan
über „die Hebnng der 's-roduktlon, insbesondere dnrch Arbeitsbeschassung" ausgearbei-
tet. Er ist ein Kompromißvorschlag und sucht nach znsätzlichen und doch produktiven,
toenn auch nicht unmittelbar rentablen Anlagemöglichkeiten. So schlägt er Arbeiten
im Bereiche des Hochwasserschutzes, der Meliorationen, der Milchwirtschast, der
landwirtschastlichen Siedlung, der HauSreparaturen und der gemeindlichen ArbeitS-
sürsorge vor. Er gelangt nicht viel weiter als zu dem, was man unter „produktiver
oder wertschassender Arbeitslosensürsorge" versteht. Die Finanzierung der Notstands-
arbeiten durch die Reichsbank hat auch hier als letzte Quelle die Noten-
p r e s s e. Da jeder Anhalt sür eine rentable Verwendung der Mittel mangelt, so
bleibt auch hier die oben skizzierte Gesahr der Jnslation bestehen. Bemev-
kenswerter ist dagegen in dem Gutachten, daß anerkannt wird, daß dec Unternehmer
durch die Kostensenkung, die ihm die vierte Notverordnung durch den Lohnabbau ge-
bracht hat, ermutigt wurde, das Mehr an Kauskrast entweder selbst zu investieren
oder anderen als Kapital zur Jnvestition zur Verfügung zu stellen. 'Durch Umsatz-
steuererhöhungen, durch Preissenkung über das Maß des Abbaus der gebundenen
Preise hinaus, durch die Schvumpsung des Exports wurde allerdings diese Wir-
kung wieder kompensiert. Entscheidend bleibt aber, daß sestgestellt wird, daß die
Wirtschast aus den Kostenabbau reagiert hat. Auch dieser Vorschlag läßt nur das
Gesühl der Resignation zuruck.

Soll es also keinen Weg geben, um die ungeheure Gesahr der Arbeitslosigkeit zu
bannen oder abzumildern? Die Jrrtümer dieser Pläne dursen niemals in die Wirki-
lichkeit umgesetzt werden; es ist dringendste Forderung, an die Vernunst zu appellie-
ren! Aber was soll dieser Appell an die Vernunst, wenn niemand da ist, zu raten?
Dann werden wir dem Rus nach der „Tat" nicht mehr widerstehen können, und es
werden an Stelle vernünstiger Taten eben unvernünstige treten, die Tat wird als
Reaktion auf das zermürbende Nichtstun zur Geschästigkeit und Betriebsamkeit, sie
wird zur Konzession an das Gesühl, daß überhaupt etwas geschieht; so wird die Tat
zur „Jllusion derTa t".

Noch scheint aber ein Weg zur Linderung der Arbeitslosigkeit zu finden zu sein.
Deutschland allein wird nie die Arbeitslosigkeit beheben können. Die wirtschastlich
sührenden Mächte müssen zu einer Verständigung gelangen, um die maßlose Ver-
wirrung zu beseitigen. Nur dann kann an die Lösung der Arbeitslosensrage gedacht
werden. Aber sollen wir bis dahin warten, sollen wir untergehen im Wirrwarr po-
litischer Llnvernunst? Denn, wenn auch alle Staaten heute unter dieser Frage leiden,
es ist Deutschland, das am schwersten trägt und am ehesten zum Erliegen kommt.
Wir müssen die Mittel nützen, die uns trotz dieser Situation noch gegeben sind. Wir
müssen davon ausgehen, daß die vom Reichswirtschaftsrat auSgesprochene Reaktion
der Wirtschaft auf Kostensenkung noch vorhanden ist, als schwaches Symptom der
einstigen Unternehmerinitiative. Diesen Gedanken hat A. Lampe in einem Artikel
„Wirtschaftsbesserung von der Preisseite" („Der Deutsche Dkonomist", iZ. P Z2)
aufgegrissen und zu einem Plane ausgebaut, der u. E. bis jetzt das Beste ist, was
zur Milderung der Arbeitslosigkeit an positiven Vorschlägen gemacht wurde. Lampe,
von der liberalistischen Schule kommend, ist weit davon entsernt, anzunehmen, daß
im Wege der „natürlichen Heilung" die Wirtschaftsgesundung zu erreichen ist:
„Mit absoluter Gewißheit ist sestzustellen, daß ein chreies Spiel^ der —- geschwächten
— Wirtschaftskräfte im allergünstigsten Falle während der nächsten Monate zum
Stand der Dinge vor Jahresfrist zurückführen wird. Auch das nur zum Schein."
Lampe tritt sür aktive WährungSpolitik ein. DaS Ziel der Aktivität ist
die Entlastung des Arbeitsmarktes. Die Mittel dazu dürfen aus keinen Fall neue
Kapitalsehlleitungen heraussordern. Die Belebung der privatwirtschastlichen Pro-
duktion ist durch dieErhöhung der R e n L a b i l i L ä t bedingt. Dies kann wieder-

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