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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI issue:
Heft 11 (Augustheft 1932)
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Bernhart, Joseph: Der Mensch in der Gottlosigkeit: Eine Rede
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0774

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Reden noch jenen ResL von Schweigen bewahren, den wir schuldig sind dem
Gehermnis, von dem man so lärmend wünschk, daß es nicht besiehe.

2llso wir reden von dem, was jenseits des Schleiers isi: obgleich davon zu
wissen und dorther Bescheid zu haben die ersle und die lehte Sorge d^r
Völker wäre, soweit sie gewillt sind, nicht nur nicht zu sLerben, sondern zu
leben. Mit anderen Worten, wir handeln von dem Hier und HeuLe, wie es
von dem Geheimnis, dessen ExisLenz es niederschweigt oder niederschreiL, auf
seine Weise Zeugnis gibL. Wir reden vom allgemeinsLen, LiessLen, öffenLlich-
ffen Thema dieser ZeiL: der Mensch in der GotLlosigkeiL.

Daß wir uns nichL mißverffehen: wir sragen nichL nach der GoLLlosigkeiL
der Menschen, dem Dahinleben des Hausens aus einer leichLsinnigen Philo-
sophie des 2lls-ob-nichL — das iff die ungeheure Komparserie der WelL-
geschichLe, die immer auf der Bühne ffeht, die Mitläuserschaft in allen
Religionen und Kirchen, zum Verwechseln ähnlich der organisierten Menge
der AnLireligionen und AnLikirchen; wir sragen auch nicht nach den Exzessen
der GoLLesläfferung, die schon in der AnLike ihre SpoLLaltäre ausgerichtet,
danach im Jslam, im ChriffenLum des MiLLelalLers, in Geheimbünden der
Ausklärung ihre LäfferkulLe geseierL haL — das sind Perversionen des
religiösen Triebes, an denen zu erschrecken weniger 2lnlaß iff als an dem
Menschen der driLLen 2lrL, von dem wir reden müssen. cklm diesen zu erkennen,
sinden wir in der Welt vor Chriffns kaum ein Beispiel. Der Tor im Psalm,
der in seinem Herzen sprichL: es iff kein GoLt, leugneL das göLLliche WalLen,
nur weil es den Gelüffen seines Herzens im Wege ffünde. „2ln den Himmel
setzen sie ihr Nckaul... Wie sollte GoLL darum wissen — was weiß man
denn da droben!" 2lber der LheoreLische 2lLheismus iff dem IsraeliLen sremd
gewesen wie dem ganzen OrienL. Eher regL sich schon in der Welt um Platon
der 2lLheos, den wir meinen. Das iff nichL SokraLes, der Fromme, der den
Gistbecher Lrinken muß, weil er über den GöLLern den GoLL gesehen haL:
es sind die Soghiffen miL ihrer srechen HäreffH daß der Nvensch das Maß
der Dinge sei — aber auch diese SubsekLiviffen und Relativiffen verzweiselten
nur daran, daß sich über die leHLe WirklichkeiL und WahrheiL irgend eLwas
ansmachen ließe. ProLagoras z. B.: „Von den GöLLern habe ich nichts zu
sagen, weder daß sie sind, noch daß sie nicht sind." Zn den ZahrhunderLen
nach Platon-Sokrates und 2lriffoLeles solgL der ffeile 2lbffurz des Denkens
in die Sphäre des TlnverLrauens auf ein ffandfeffes Sein über dem Ncken-
schen und der Natur. Der Nckensch zieht sich zurück aus das nächff Gegebene,
und das WorL Nsatur empsängt zum Schaden der GöLLer einen neuen
Klang und ein neues GewichL. Nkoch einmal aber, als das Kreuz schon seine
Unrnhe allerwärts ins Römische Reich getragen haL, LürmL die philoso-
phische FrömmigkeiL, die man die neuglaLonische genannL haL, ihre Zakobä-
leiter hinaus zum 2lbsoluLen. Wer seinen Geiffes iff und von zartem Innen-
leben, aber dem neuen Chriffus so sern ffeht wie den alten GöLLern, haL
hier GelegenheiL, dem 2ltheismus zu entgehen, ohne dem Theos der Iuden
und Chriffen zu versallen. — Inzwischen sind lange die Dinge geschehen,
von denen die Bibel erzählL — 2llLes und Nseues TeffamenL. Die Ossen«-
barung iff ergangen, vollendeL miL Iesus Chriffus und den Zwölsen. Seine
Lehre iff gesprochen, seine TaL iff getan — nun iff es an den Völkern,

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