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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI issue:
Heft 12 (Septemberheft 1932)
DOI article:
Ullmann, Hermann: Vom Volk zur Nation
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0849

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kraüe, er wrrrke rmmer mehr m eme bloße „NeuLralitäL" über diesen kämpsen-
den MächLen gedrängL und zehrLe in seinem Kampse lehLen Endes von den
Resten der alLen von Bismarck verstärkLen AuLoriLäL, die sreilich schon in der
Vvrkriegszeit angegriffen worden war. Diese ganze Ära von Weimar war
mehr von der VorkriegszeiL nnd vom ofL subalLernen GegensaH zn ihr be-
stimmt als von schöpserischen neuen AnLrieben. Schon im liberalen Vor-
kriegsstaaL der nachbismarckischen ZeiL war der ParLeienstaaL vorgebildeL, der
nach dem Wegsall der monarchischen SpiHe in Weimar hervorLraL. Und
dieser SLaaL lebLe weiLer sein von der Nation getrenntes Dasein, als wäre
keine Revolntion gewesen. (Ewiges Zeugnis dessen wird bleiben die AnLwort
der „RevoluLionäre" aus die österreichische Anschlußerklärung*.) Das EnL-
scheidende war: die neuen Herren vermochten keine AuLoriLäL zu bilden, von
den 9Irächten, die um den Staat rangen, erstrebte keine die volle und alleinige
VeranLworLung, sondern immer nur so weit, wie das eigene ZnLeresse es
ersorderte. Diese MächLe, vor allem die ParLeien, wollten nicht einmal sich
selbst ganz, sie wollten vor allem die anderen nicht.

So entwickelten sich, abseits von dem unsrnchLbaren Kamps der alten, lehten
Endes reaktionären Kräste, die um den KernstaaL rangen, aus ganz anderen
Duellen eptreme poliLische Bewegungen „links" und „rechts", die zunächst
entschlossen sich selbst wollen und sich wie die Randsarben des SpekLrnms be-
rühren. Sie stammen ihren leHLen Ursprüngen nach nicht aus dem Kamps
der ParLeien um den KernstaaL, sondern aus dem Kamps der Nation um das
noch nicht gestaltete Volk und aus der Sorge dieses Volkes um seine bedrohte
Substanz. Soweit sie schon um den SLaaL kämpsen, müßten sie in ihrer
konseguenLen Dnrchbildung beide den „LoLalen StaaL", d. h. einen Staat
nach ihrem Bilde, einen kommunißischen oder saschistischen wollen. Sie ge-
langen aber in Deutschland nicht zu dieser leHLen Konseqnenz, sondern geben
sich aus in gegenseiLiger AnLagonie nnd in dem Kamps gegen das, was zwi-
schen ihnen ist: gegen das ungestalteLe Volk. Die ExLreme kneten gleichsam
dieses Äolk, „die MiLLe". Dieses Volk ist in DeuLschland das Ewige. Der
Staat wird leHLen Endes von ihm getragen. Und so ist denn anch der lehte
Berus der ExLreme in DmLschland nicht, ben Staat sür die Dauer zu
erobern und zu gestalten, dazu werden sie bei unserer Struktur nicht in
der Lage sein. Sie zielen vielmehr über den Staat hinweg aus die lbsation,
sie sormen durch ihren Kamps diese lbsation aus dem gestaltlosen Volk.
Das aus der alten organischen Struktur herausgerissene Volk wird von
Massenbewegnngen ergriffen, und entweder sprengen diese das Volk oder

' Oer österreichische Außenminister an Haase: „Durch diesen Bcschluß seiner prooisorischen
Dertretung hat Deutschösterreich seinen Willen kundgetan, sich mit den anderen deutschen
Stämmen, von denen es vor.^2 Jahren gewaltsam getrennt wurde, wieder zu oereinigen. Jch
bitte Sie und die deutsche Regierung . . . . in direkte Derhandlungen mit uns über die Ver-
einigung Deutschösterreichs mit dec deutschen Republik und uber die Teilnahme an der Gesetz-
gebung und Derwaltung des Deutschen Reiches einzutreten. Ich bitte Sie, unS Gelegenheit zu
geben, uns mit Jhnen über alle Fragen der Friedensverhandlungen inS Einvernehmen zu
setzen und diese Derhandlungen in engster Freundschaft zu führen." Haase antwortete, man
sei gern bereit, die FriedenSverhandlungen zu erörtern. Und die ofßziöse Presse sügte hinzu:
Der Anschluß würde selbstverständlich begrüßt werden, aber man müsse auf die Enkente Rück-
ficht nehmen ....

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