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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 12 (Septemberheft 1932)
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0919

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kauft werden können. Verkauft werden
kann nur das, was einem andern so
diel wert ist, daß er einen bestimmten
Preis dafür bezahlt. Arbeit als solche
hat noch keinen Preis und gehört daher
auch noch nicht zur Wirtschast, eben-
sowenig wie der Rohstofs, den niemand
begehrt, sondern erst bestimmte Arbeit
mit ihrer bestimmten Arbeitsleistung.
Daher erklärt es sich, daß verschiedene
Arbeit, die des Straßenkehrers, des
Autoschlossers, des Schriftstellers, des
RechtöanwalteS, des Filmstars usw. wirt-
schaftlich verschieden produktiv ist, wenig-
stens in der liberalen Wirtschaftsver-
fassung, d. h. der freien Preisbildung
auf dem Markte. Doch soll auf diese
Frage hier nicht näher eingegangen wer-
den. Auf Arbeitsleistung, die den Be-
darf eines andern deckt, gehen alle wirt-
schaftlichen Werte zurück. Sie ist es,
die dem Gelde seinen Wert gibt; aus
ihr entsteht neue Kaufkraft. Aller Be-
sitz ist angesammelte Kaufkraft, die aus
eigener oder fremder Arbeitsleistung ent-
sprungen ist. Jeder Berbrauch kann
nur den Ertrag vorangegangener Ar-
beitsleistung verbrauchen, denn auch der,
der „von Schulden lebt", kann dies nur,
wenn ihm sein Glaubiger aus seinem
Arbeitsertrag vorgeschossen hat.

*

Die ganze Wirtschaft setzt sich zusam-
men aus einem produktiven Vorgang,
der ein Plus ergibt, und einem konsump-
tiven (verbrauchenden) Vorgang, der ein
MinuS ergibt, also aus Einnahmen und
Ausgaben, aus Entstehung und Zerstö-
rung von Kaufkraft. Das wirtschaft-
liche Grundgesetz heißt dann, daß nichts
auSgegeben werden kann, was nicht ein-
genommen worden ist. Während man
das Grundgesetz der Physik als Gesetz
von der Erhaltung der Energie bezeich-
net, kann man dieses Gesetz das Ge-
setz von der Erhaltung des
Verlustes nennen. Jm Grunde han-
delt es sich jedoch um das gleiche Gesetz,
denn es besagt, daß es auch kein wirt-
schaftliches perpetnum rnobile gibt. ()eder
Verbrauch läßt sich, wenn auch nicht
praktisch, so doch grundsätzlich durch alle
die verschiedenen Titel und Verkleidun-
gen, in denen er auftritt, zurückverfol-
gen bis zum Orte der produktiven Ar-
beitsleistung. Jn praktischer Formulie-

rung heißt dasselbe Gesetz, daß alles,
was verbraucht wird, bezahlt
werden muß, zwar nicht privatwirt-
schaftlich, da es nicht immer der Ver-
braucher selber ist, der bezahlt, aber ge-
samtwirtschaftlich.

Die Frage, wer bezahlen muß, ist keine
wirtschaftliche mehr, sondern eine recht-
liche bzw. politische, gleichviel, ob es
sich um Steuern handelt (blmlegung des
ösfentlichen Verbrauchs), oder um den
ungeheuren Verbrauch des letzten Krie-
ges, der noch lange nicht bezahlt ist
((fnteralliierte Schulden und Reparatio-
nen), sondern immer noch aus unserer
heutigen Arbeitsleistung in Pfennigbe-
trägen bezahlt wird, die auf vielen Um-
wegen die Schuld abdecken. Wenn eS
einen Schutz gibt vor einem neuen Welt-
krieg, vor dem uns die Politiker nicht
schützen könnten und vielleicht auch nicht
wollten, so liegt er im Gesetz von der
Erhaltung der Schulden oder, praktisch
gesagt, darin, daß er in absehbarer
Zeit, und vielleicht überhaupt, nicht mehr
bezahlt werden kann.

Hermann Herrigel

Notrz

^l^on Robert Faesi sind erschienen:
^^Zürcheridylle (Novelle, Schultheß,
Zürich); Die offenen Türen (Lustspiel.
Oesterheld, Berlin); Odysseus uud Nau-
sikaa (Tragödie. Schultheß); Das poe-
tische Zürich, zusammen mit Eduard
Korrodi (Miniaturen aus dem 16. (fahr-
hundert. Rascher, Zürich); Füsilier Wipf
(Eine Geschichte aus dem schweizerischen
Grenzdienst. Huber, Frauenfeld); AuS
der Brandung (Zeitgeschichte eines
Schweizers. Huber); Die Fassade (Lust-
spiel. Oesterheld, Berlin); Dichternöte,
ein Kasperlispiel (Schultheß, Zürich);
Der König von Ste. Pelagie (Novelle.
Haessel, Leipzig); Opferspiel (Drama.
Grethlein, Leipzig); Der brennende Busch
(Gedichte. Grethlein); Vom Menuett zur
Marseillaise (Novelle. Grethlein); Leer-
lauf (Komödie. Oesterheld).

Die früheren Bücher Ernst Wiecherts
ßnd bei Grote, Berlin, erschienen, die
neueren, „Iedermann" und „DieMagd
des (fürgen Doskocil", beiLangen-Müller.
Ebenda kommt im Herbst die „Kleine
Reise" von Paul Alverdes als Bändchen
heraus.
 
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