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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 11
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Hardt, Emil: Barock?
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Vereinsangelegenheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0176

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16S

DIE GARTENKUNST.

XV, 11

Wenn die Mittel für echtes Material nicht reichen, dann
mag man sich schweren Herzens zu überarbeitetem
Kunststein, oder zu Betonarchitekturen oder Plastiken
entschließen, oder lieber ganz darauf verzichten. —
Auch wohl alle Hölzer fügen sich der Gartenvegetation
vorzüglich ein, besonders wenn man ihnen ihre natür-
liche Färbung beläßt, sie nur lasiert und sich nicht
darauf versteift, nun alles Holzwerk im Garten rot oder
blau oder grellweiß anstreichen zu wollen. In der farbigen
Behandlung der Holzbauten ist noch ein weites, bisher
wenig beackertes Feld für künstlerische Betätigung ge-
geben. Es ist möglich, daß sich Herr Rasch eine bessere
Wirkung von einer Symphonie grün in grün verspricht.
Der Beweis hierfür müßte aber erst erbracht werden. Bei
der vorher von mir skizzierten sinngemäßen Ausgestal-
tung von Hecken wird man die Art ihres Entstehens sofort
erkennen können und sich darüber klar sein, daß man
es mit reinen Pflanzengebilden zu tun hat, daß mit
ihnen nicht versucht worden ist, Architekturen oder
Plastiken vorzutäuschen. Wie dagegen steht es mit
den von Herrn Rasch vorgeführten Zeichnungen?
Was haben, um nur eines herauszugreifen, an den
Portalen die Sockel und die Kapitale zu tun? In
logischer weiterer Folge müßte man dazu übergehen,
in die Hecken, die Mauern Vortäuschen sollen, die
Quaderung einzuschneiden, auch könnte man darauf
verfallen, nunmehr die Gartenmöbel aus Taxus oder
Buxbaum herzustellen. Also Sockel, die nichts zu
tragen haben, Kapitale, auf denen kein Druck ruht,
Dächer, die keinen Schutz gewähren, und schließlich
Bänke, auf denen man nicht sitzen kann. — Weshalb
befestigt man eine Obstpalmette lieber an einem
Holzspalier, als an dünnen Drähten, weshalb Schling-
pflanzen lieber an Plolzlatten, als mit Krampen, weshalb
wirkt eine Pergola besser als ein dicht verwachsener
Laubengang, weshalb stellen wir an einen Rosenstamm
lieber einen Holzpfahl als einen Stab aus dünnem
Möbelrohr, weshalb wirkt ein Bau oder ein Turm
besser, der nur zum Teil mit Schlingpflanzen be-
wachsen ist, besser als ein Gebäude, welches ganz
von ihnen umsponnen ist, so daß nur das Dach heraus-
s.chaut und auf der Laubmasse zu ruhen scheint?

Doch nur deshalb, weil die tragenden und
stützenden, die konstruktiven Elemente sinnfällig
gezeigt werden, nicht etwa deswegen, weil Schmuck-
motive verwendet wurden. Niemand wird jedoch einer
aus vielen Einzelblättern gebildeten Laubmasse, die sich
bei jedem Windhauche bewegt und jede innige Verbin-
dung vermissen läßt, irgendwelche tragende, oder stüt-
zende, oder lastende, oder kohärierende Kräfte Zutrauen.

Das Suchen nach Materialgerechtheit ist auch für
den Garten-Architekten nicht nur kein überwundener
Standpunkt, sondern es wird noch vieler Prüfung und
Vertiefung bedürfen, um allerorts mit sicherem Takt
das Richtige zu treffen.

Zur Entgegnung.

Zu den Auslassungen Herrn Hardts-Düsseldorf über mein
„Barock“ möchte ich mir einige Bemerkungen gestatten, da
Herr Hardt verschiedentlich irrige Behauptungen aufstellt,
wodurch der Sache eben nicht gedient ist.

Herr Hardt behauptet, ich erklärte die Materialgerechtheit
für einen überwundenen Standpunkt. Jawohl, und zwar genau
in dem Sinne, wie ich an gedachter Stelle geschrieben. Die
Materialgerechtheit als Endziel (siehe „Natur-“ und „Landschafts“-
gartenstil). Ich habe (als langjähriger Architektur- und Kunst-
gewerbepraktiker) die Materialgerechtheit nicht als Endziel des
Kunstschaffens, sondern als selbstverständliche Voraussetzung
betrachtet. Wer als Gartenarchitekt schafft, muß sie be-
herrschen wie den Spaten und Zeichenstift. Wer erst
danach „ringen“ muß, sollte sich in keine Polemik einlassen.
— Auch im Kunstgewerbe beherrscht man sie als selbstver-
ständliche Grundlage, über die man vernünftigerweise nicht erst
diskutieren sollte.

Wie ich die Hecken angewandt denke, steht ja in meinen,
auch noch folgenden Artikeln, woraus Herr Hardt ersehen
wird, daß ich aus der Sache schon formal, von der Farbe
noch gar nicht zu reden, weit mehr heraushole, als er in seinen
Auslassungen nur zu denken wagt. Die Ansprüche sind eben
verschieden. Wer Delikatessen liebt, und sie sich reichlich
leisten kann, warum sollen wir ihm vorschreiben bei Wasser
und Brot zu leben?

Herr Hardt behauptet weiter, meine Skizzen wären eher
für Stein oder Holz da. Die Heckenfiguren zeigen, meine ich,
eine Materialgerechtheit, wie sie sich nicht besser denken läßt.
Aus den Vogelfiguren wird wohl niemand den Versuch heraus-
Jesen, daß da irgend ein Vogel „nachgebildet“ ist. Überall ist
das Bestreben der Pflanze Stamm, Pyramide und Krone zu
bilden in vollstem Maße berücksichtigt. Wenn ich die Kronen-
bildung durch entsprechende operative Eingriffe zu Formen
zwinge, die mir nach Lage der Sache vorteilhaft erscheinen,
so ist dies ebenso materialgerecht, als ob es einfache Kugel,
Pyramide oder sonst etwas ist; oder wenn ich aus dem Garten-
terrain, weil es der Plan in Anbetracht des Geländes fordert,
Terrassen anlege, statt künstlichen Berg, Tal und Teichen in
„natürlicher“ Form.

Herr Hardt behauptet das Portal auf Seite 121 (Nr. 9)
der Gartenkunst sei ein Schulbeispiel von Materialwidrigkeit.
Er sieht da Architektursäulen, wo nur grüne Laubpyramiden
sind, bzw. Pfeiler, wie wir sie an Hunderten von Hecken auch
finden. Aus einer formierten Baumkrone wird ein „Säulen-
kapitäl“ gemacht und aus einer schwachen Verdickung des
Unterteils, welche das Aussehen hübscher macht, wird eine
„Säulenbasis“ konstruiert.

Bei all den weitschweifigen Ausführungen des Herrn Hardt
kann ich, wie wohl jeder denkende Leser, absolut keine logi-
sche Widerlegung meiner Ideen finden.

Ich habe nie versucht „neue Moden“ einzuführen. Mein
Bestreben war, teils vernachlässigtes gutes Altes wieder in
Aufnahme und zur zeitgemäßen Weiterentwicklung zu bringen,
teils ein bescheidenes Teilchen beizutragen zur Klärung künst-
lerischer Berufsfragen. E. Rasch, Stuttgart.

V ereinsangelegenheiten.

In der am 25. Mai in Erfurt zusammengetretenen, gut
besuchten Ausschußsitzung der „D. G. f. G.“ wurde an Stelle
des ausgeschiedenen Kgl. Gartenbaudirektors Fritz Encke Herr
Gartendirektor Kube aus Hannover zum 1. Vorsitzenden
der Gesellschaft gewählt; die übrigen Vorstandsmitglieder be-
halten ihre Ämter inne.

Geschäftsführer für die „D. G. f. G.“ Es wird nochmals auf die im zweiten Maiheft ausgeschriebene Stelle eines besol-
. ■ ” ' ' ' deten Geschäftsführers für die „D. G. f. G.“ hingewiesen. Die Schriftleitung.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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