Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 15.1913

DOI Heft:
Nr. 17
DOI Artikel:
Schneider, Ernst: Erziehung und Pflege des Schönheitswaldes: mit Rücksicht auf die in der Nähe der Städte zu schaffenden und zu erhaltenden Stadtwälder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0257

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XV, 17

DIE GARTENKUNST.

249

Erziehung und Pflege des Schönheitswaldes.

Mit Rücksicht auf die in der Nähe der Städte zu schaffenden und zu erhaltenden Stadtwälder.

Von Gartendirektor Ernst Schneider, Posen.

Vortrag gehalten auf der Hauptversammlung der „D. G. f. G.“ zu Breslau.

Die öffentlichen Parkanlagen in der üblichen Art
der letzten 40 Jahre genügen nicht mehr allen Bedürf-
nissen unserer Zeit. Wohl erfüllen sie ihren Zweck
als Verschönerungsmittel des Stadtbildes, als repräsen-
tative Schmuckanlagen, als grüne Oasen im Häusermeer,
als Promenaden für den müden Pensionär oder die noch
unbeholfenen Kinder. Aber sie sind doch der breiten Be-
völkerung noch
zu wenig direkt
nutzbar gemacht.

Es sollen sich
große Volksmas-
sen im Freien be-
wegen, in frischer,
unverfälschter
Natur erholen,

Spiel und Sport
betreiben und
neue Kräfte sam-
meln können. Wir
sind ja mitten
in dieser Bewe-
gung und kennen
auch die in neue-
ster Zeit entstan-
denen Volks-
parks, die unsere
modernen Bestre-
bungen zu erfül-
len suchen. Zu
solchen Anlagen
gehören große
Flächen, wenn sie
nicht nur praktisch für alle Sportarten ausgenutzt,
sondern auch durch geeignete Einfügung in parkartige
Anpflanzungen ästhetisch befriedigen sollen. Die neuesten
Versuche erfüllen noch nicht restlos unsere Wünsche, weil
sie eben trotz der überaus geschickten Lösung ihrer
speziellen Aufgaben doch mehr oder weniger, wenn
auch gartenkünstlerisch umrahmte Spielplätze sind.
Weitgehender würde es sein, wenn solche Spielflächen
am Waldesrande oder gar im Innern großer Wald-
partien liegen könnten. Wir erfüllen damit ein weiteres
Verlangen, das neben dem einseitigen Wunsche nach
Sportbetätigung vorherrscht, die Möglichkeit zum Aus-
leben im Freien zum stillen Wandern und Genießen
in der zwanglos waltenden Natur im Gegensatz zum
Druck der eng ummauerten Kultur. Die Waldflächen
sind geeignet, breite Volksmassen aufzunehmen und

Mit Aufnahmen des Verfassers.

zu verteilen und auch den Stadtbewohner viel eher
mit den Schönheiten der Natur vertraut zu machen,
wie dies im konventionellen Parke möglich ist. Des-
halb suchen sich die Städte den Wald an die Stadt
heranzuholen, sei es, daß sie als idealste Lösung einen
breiten Wald- und Wiesengürtel zwischen die fort-
schreitende Bebauung schieben, sei es, daß sie sich

vorhandene Wäl-
der sichern und
für die Bevölke-
rung erschließen
oder auf geeig-
neten Ländereien
neue Wälder
durch Auffor-
stung begründen.
Daher bildet das
Stadtwaldpro-
blem für jede grö-
ßere Stadt eine
der wichtigsten
Aufgaben in der
Reihe städtischer
Grünflächen. Je
größer die Stadt
ist, desto mehr
solcher Wald-
flächen braucht
sie und die Ko-
stenfrage zur Ge-
winnung solch
großer Waldge-
biete bildet keine
kleine Sorge für eine zielbewußte Kommunalpolitik.
Mannigfache Vorschläge zur Finanzierung solcher Stadt-
wälder sind schon versucht worden, unter anderem auch
der Vorschlag, die Waldränder zur Anlage von Waldfried-
höfen oder zur Einrichtung von Waldschulen, Erholungs-
stätten oder Gartenstädten auszunutzen. Die Aufgabe
meines Vortrages ist es nicht, die sozialpolitische Bedeu-
tung dieser Stadtwälder und die Gründe ihrer Bedürfnis-
frage zu untersuchen. Ich soll ihre Erziehung und Pflege
als Schönheitswälder im Unterschiede zur rein forsttech-
nischen Bewirtschaftung hervorheben. Gerade weil diese
Stadtwälder auch das Naturleben in seiner, vielseitigen
Schönheit vor Augen führen sollen, müssen sie auch
nach ästhetischen Empfindungen bewirtschaftet werden,
ohne die Kosten der Anlage unverhältnismäßig hoch
zu steigern.

Schönheitswald: Talsenkung als Waldtal ausgebildet.
 
Annotationen