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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 10
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Siesmayer, Philipp: Freifrau Elisabeth von Cramer-Klett †
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Zeitschriftenschau
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Zur Tagesgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0160

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152

DIE GARTENKUNST.

XV, 10

Freifrau Elisabeth von Cramer-Klett f.

Im Tale der Prien, die ihre Wasser, bald fröhlich tosend,
bald friedlich plätschernd dem Chiemsee zuführt, liegt, um-
schlossen von einem Kranz von Bergen, auf ragender Fels-
wand das mächtige Schloß Hohen-Aschau des Freiherrn von
Cramer-Klett. Wie ein Märchen aus grauer Vorzeit, sagen-
umwoben, grüßt die Burg weit hinaus in das herrliche Tal,
das sie wie schirmend beherrscht; stolz und trotzig wie die
Bischofsfeste Hohen-Salzburg über dem alten Juvavum, und
lieblich und traut wie die Wartburg, die den Thüringer
Wald krönt.

Am Fuße des Felsens hingebreitet, schmiegt sich, wie
das liebende Weib in den starken Armen des Mannes, ein
paradiesisches Wunder, der weitberühmte Park der Villa
Elisabeth, die der Witwensitz und Lieblingsaufenthalt der vor
kurzem verewigten Freifrau Elisabeth von Cramer-Klett war.
Und von ihr, von dieser seltenen erhabenen Frau sollen diese
Zeilen künden. Ja, sie war eine seltene Frau, stark an Geist,
Willen und Charakter und reich an Gemüt und Schönheits-
sinn, und wer je das Glück hatte, ihr näher zu treten, dem
wird ihr edles Wesen unvergeßlich bleiben. Freifrau von
Cramer-Klett, die Witwe des bekannten Schöpfers und In-
habers der Weltfirma der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg-
Gustavsburg und die Mutter des Reichrats Theodor von Cramer-
Klett, ein durch seinen Wohltätigkeitssinn im Bayernland ge-
liebter und verehrter, echter Grandseigneur, schuf hier in
diesen entlegenen Winkel deutscher Erde ein Wunderwerk
deutscher Gartenkunst, von dem den Lesern dieser Zeitschrift
schon Mitteilung gemacht und das unter der Leitung keines
Geringeren wie des Königl. Bayer. Hofgarten Direktors Karl
von Effner begonnen wurde. Anfänglich neben diesem großen
Gartenbauer und späterhin selbständig wirkte hier 8 Jahre
lang auch Julius Trip (siehe Jahrgang 1908 S. 17—36), weiland
städt. Garten-Direktor von Hannover und führte dieses genial
geschaffene Werk im Geiste seiner Schöpferin seiner heutigen
Vollendung zu; hier legte er den Grundstein zu seinem reichen
vielseitigen Können, hier unter den geistvollen, schönheits-
freudigen Anregungen und Plänen seiner weitblickenden Auf-
traggeberin reifte er heran, wurde er bekannt und anerkannt,
um endlich seinen Namen zu einem der hellklingendsten unter
den deutschen Gartenkünstlern zu machen.

In diesem Jahre wollte Freifrau Elisabeth früher als sonst
ihr geliebtes Tuskulum zum Sommeraufenthalt beziehen; mit
rastloser, fieberhafter Tätigkeit wurde unter ObergärtnerTromps
Führung in allen Teilen des weiten Besitzes gearbeitet, um
die liebevoll verehrte Herrin würdig zu empfangen. Alle
Schönheit, die Natur und Kunst nur hervorzaubern können,
sollte sie umstrahlen, ihr Auge sollte aufleuchten und sich er-
freuen an all der Herrlichkeit, die ihre Schöpferlust erstehen
ließ; da traf aus Frankfurt a. Main, wo sie ein Sanatorium
aufsuchte, die niederschmetternde Nachricht von dem Ableben
der edlen Frau ein, am 25. März setzte der Tod ihrem reichen
Leben ein Ende.

Was die deutsche Gartenkunst an dieser seltenen Frau
verloren hat, kann nur der ermessen, der den Park von
Hohen-Aschau kennt, der weiß, mit welcher eifrigen, liebe-
vollen Sorgfalt sie diesen Zaubergarten hegte und pflegte.
Ihr war der Garten Mittel und Zweck, Lebensbedürfnis und
Lebensfreude. Nicht bloß genießen, nein, auch werden und
gedeihen wollte sie ihn sehen, er war ihr nicht ein bunter
blühender Anger, nein, ein gottvolles Erlebnis, dem immer
wieder aufs neue ihre Liebe, ich möchte sagen ihre Andacht
galt. Lebten in deutschen Landen nur mehr solcher Frauen,
die mit solch warmherziger Munifizenz, mit solch auserlesenem
Geschmack und feinstem Natur- und Kunstsinn ihr Dasein mit
dem schönsten Schmuck umgeben, indem sie liebend und be-
sorgt ihren Garten schmückten, welch weites Feld, welche
herrliche Aufgabe erwüchsen dann der tatkräftigen, schöpferi-
schen deutschen Gartenkunst.

Es steht zu erwarten, daß Freiherr Theodor von Cramer-
Klett, der mit schwärmerisch kindlicher Liebe an seiner Mutter
hing, die Pracht des Parkes von Hohen-Aschau nicht versinken
lassen, sondern mit pietätvollster Sorgfalt zu immer herr-
licherem Gedeihen führen wird, daß seine edle Gemahlin sich
darin erbauen und erfreuen möge und seine blühenden Sprossen
sich heranbilden im Geiste ihrer Stammmutter, schönheits-
trunken ihr Gemüt bereichernd an den Wundern der Natur!
Daß alle die vielen hohen und höchsten Gäste, die Schloß
Hohen-Aschau in seinen festen Mauern beherbergt, mit Be-
wunderung und Entzücken das Andenken der verewigten
Schöpferin ehren und preisen, daß alle Wanderer, die vorbei
des Weges ziehen, singen und sagen von dem Märchen der
Villa Elisabeth.

Ist es eigentlich nicht überflüssig hinzuzufügen, daß die
große Natur- und Blumenfreundin auch die edelste Menschen-
freundin und Wohltäterin war? So blieb sie dem genialen
K. von Effner, der zuletzt bei seinem König in Ungnade fiel
und bettelarm starb, bis an sein Ende treu gewogen, hielt die
Not von ihm fern und sorgte für sein ehrliches Begräbnis.

Trip blieb, auch als er sein Amt in Hohen-Aschau auf-
gab noch jahrelang ihr bewährter Ratgeber in gartenbau-
künstlerischen Angelegenheiten, sein Nachfolger wurde der
Schreiber dieser bescheidenen Zeilen, der es für eine liebe
und ehrende Pflicht hielt, seiner großen Gönnerin hier in un-
auslöschlicher Dankbarkeit und Verehrung zu gedenken für
die vielen mannigfachen Anregungen und Belehrungen, die er
von ihrem Geiste empfangen. Liebe und Verehrung dem An-
denken dieser erhabenen Frau, der großen Förderin deutscher
Gartenkunst, Elisabeth Freifrau von Cramer-Klett.

Philipp Siesmayer, Frankfurt a. M.

Zeitschriftenschau.

„Innen-Dekoration“. 1913. Aprilheft. Landhaus Weifert,
Hitzing bei Wien 'mit 4 Gartenansichten. Drei Florentiner
Villen und Gärten des Architekten Max Zürcher in Florenz:
Villa San Michele mit 5 Gartenansichten, Villa Bellagio (das
malerische Künstlerheim Böcklins) mit 3, Villa Fontanella (des
Bildhauers Adolf Hildebrand) mit 4 Gartenansichten.

„Die Kunstwelt“. II. Jahrg. Heft 6. Moderne Garten-
architektur von Gartenarchitekt Paul Freye, Steglitz, mit 2-
farbigen Tafeln und zahlreichen Textbildern. Der Brunnen
im Volksleben von Seminardirektor Dr. Berthold Rein, Rudol-
stadt mit 4 Abb.

„Dekorative Kunst“. 16. Jahrg. Heft 7. Haus und Garten
„Gucke gönne“ bei Potsdam, von Architekt Albert Geßner
mit einem Gartenplan und 10 den — in den architektonischen
Teilen recht gelungenen — Garten erläuternden Abbildungen.

„Die Plastik“. 1913. Heft 3 und 4. Ein größerer Aufsatz
des Architekten Otho Orlando Kurz: Brunnen in ihren Be-
ziehungen zu Raum und Umgebung, erläutert durch 12 Tafeln
zumeist italienischer Brunnen (Florentiner Gärten, Giardino
Boboli, der Villen Lante, d’Este, Aldobrandini und Medici), vier
Bilder nach alten Brunnen- und Gartenprospekten (Villa d’Este
und Grazioli) nebst zahlreichen Grundrissen und Situationen
(der Alhambra, der Gärten Lanfe, Aldobrandini, d’Este und
des Giardino Boboli) im Text.

Zur Tagesgeschichte.

Der Ortsausschuß zur Vorbereitung der II. Deutschen
Qartenbauwocheund des Deutschen Gärtnertages vom 6.—12. Juli
d. J. in Breslau hat eine Propagandamarke herausge-
geben. Es wird im Interesse der Gartenbauwoche liegen,
wenn die Marke weiteste Verbreitung findet. Die Marken
sind zum Preise von 1 Mark für 100 Stück von dem Königl.
Gartenbaudirektor Stämmler in Liegnitz zu beziehen.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stilrtz A. G., Würzburg.
 
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