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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 2
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Lehwess, Walter: Nachklänge zur 1. Gartenkunst-Ausstellung in Berlin
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Zur Tagesgeschichte
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Personalnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0036

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28

DIE GARTENKUNST.

XV, 2

finden, sich genügend auch in dieses Gebiet einzuarbeiten. Da
muß denn der Gartenkünstler zu Hilfe kommen. Kompetenz-
streitigkeiten zwischen beiden werden dabei nicht ausbleiben.
Sie müssen aber gelöst werden, wenn ein erfolgreiches Zu-
sammenarbeiten erreicht werden soll. In der Regel wird wohl
der Architekt, wenn der Garten zu einem Hause gehört oder
die Bauten darin eine bedeutende Rolle spielen — wie das
beispielsweise bei Friedhofsanlagen meistens der Fall ist —
die leitenden Gedanken und Grundlinien der Planung angeben
und der Gartenkünstler wird sich mit seinen Schöpfungen
den Absichten der Architekten anschließen, unterordnen
müssen. Es kann aber auch umgekehrt sein. Wenn ein
Gartenkünstler den Plan zu einem großen Park entwirft, in
dem einzelne Baulichkeiten, Gartenhäuser, Brunnenanlagen
und dergleichen zu errichten sind, so wird sich der Architekt
seinerseits dem Grundgedanken des Gärtners anpassen müssen,
und seine Bauten so hinstellen, wie es der Gesamtplan der
Pflanzungen, der Beete und Alleen erfordert.

Viel ist seit dem neuen Aufschwung der Gartenkunst
über die Frage gestritten worden, ob dem architektonisch
streng gegliederten Garten oder dem landschaftlich angelegten
der Vorzug gegeben werden soll. Ich glaube, das ist ein
ebenso müßiger Streit wie der, ob die Baukunst der Gotik
oder die der Renaissance höher zu bewerten sei. Jede Art
der Gartengestaltung ist gut, wenn sie von einem Künstler
erdacht ist und künstlerisches Leben atmet. Je nach seinem
Temperament wird er seine Gedanken besser in strengeren
Linien und Rhythmen ausdrücken können, der andere die
bewegteren Formen wählen. Außerdem werden der Zweck
des Gartens, seine Geländeverhältnisse, seine Beziehung zur
Umgebung und manches andere bestimmend auf die Auf-
fassung einwirken; derselbe Künstler — das bestätigt auch
die Ausstellung iin Kunstgewerbe-Museum — wird einmal
mehr architektonisch, einandermal landschaftlich schaffen. Die
Neigung unserer heutigen Gartenarchitekten geht aber zweifel-
los mehr auf das Architektonische; vor allem die Künstler,
denen wir die neue Belebung der Gartenkunst verdanken, ar-
beiten fast ausnahmslos in ganz strengen, symmetrisch ge-
bundenen Formen. Ganz natürlich, denn was sie vorfanden,
waren Entartungen und Auswüchse landschaftlicher Garten-
gestaltung; die damals üblichen Spielereien, die Zusammen-
häufung landschaftlicher Motive im kleinsten Maßstabe auf
kleinem Raume galt es vor allen Dingen zu bekämpfen. Daß
sie dabei vielleicht bisweilen in eine zu einseitige Betonung
des Architektonischen im Garten verfielen und das poetische
Element vernachlässigten, das doch gerade dem eigentlichen
Wesen der Gartenkunst am nächsten liegt, ist verständlich.

Ja, worin liegt das Poetische eines Gartens, was bedingt
den Zauber, den er auf unser Gemüt ausübt?. Ganz gewiß
ist es falsch und würde auf schlimme Abwege führen, das
Poetische ausschließlich oder vorwiegend in der Verwilderung
zu suchen. Der,Stimmungsgehalt eines verwilderten Gartens
ist nicht die vom Menschen geschaffene Poesie, sondern die
Poesie der Natur, die sich in allen ihren Werken offenbart
und auch den nüchternsten und am verkehrtesten angelegten
Garten verklärend wieder .der Natur zurückgewinnt, wenn
sich der verständnislose Mensch, der ihn geschaffen, nicht
mehr um ihn kümmert. Die dem Garten als Menschenwerk
eigentümliche Poesie aber ist anderer Art. Sie entsteht aus
der vollkommenen Harmonie der einzelnen Elemente des

senkt hat, dann wird sich ein Stimmungsgehalt über das Ganze
breiten, von dem der Verstand nicht sagen kann, wo er her-
kommt und warum er da ist. Peinlichste Ordnung und Sau-
berkeit im Garten wird diesen Stimmungsgehalt nicht ver-
scheuchen, wie sie es dort tun würden, wo das Poetische nur
durch die Verwilderung kommt. Das kleinste, bescheidenste
Gärtchen kann solche Stimmung haben: ein kleiner Vorgarten
vor einer ärmlichen Hütte, sorgsam gehegt und gepflegt, der
nichts enthält als ein viereckiges Beet mit bunten Blumen und
vielleicht eine Glaskugel inmitten — er kann am poetischen
Wert mit dem schönsten Park der Welt wetteifern.

Der Stimmungsgehalt ist das eigentliche Kriterium für
die Güte einer Gartenanlage. Darum ist es so unglaublich
schwer, aus den Entwurfszeichnungen selbst der besten Garten-
architekten ein Urteil über den Wert der projektierten Anlage
zu bekommen; denn eine vorzügliche Darstellung, die alle
Mittel der Farbe und der Licht- und Schattenwirkung zu
Hilfe nimmt, kann leicht über die innere Leere und Gedanken-
armut des Entwurfes hinwegtäuschen. Anderseits ist es aber
ganz unmöglich, das vielgestaltige Leben der Pflanzen, die
Wirkung traulichen Schattens und hellen Sonnenscheins, den
Duft der Blumen und die erfrischende Kühle des Wassers,
das Plätschern eines Springbrunnens und das Singen der
Vögel und noch so manches andere, was doch alles bei der
Wirkung eines Gartens' mitspricht, in Zeichnungen oder Mo-
dellen darzustellen. Darum will ich mich auch jeden Urteils
über die im Kunst-Gewerbe-Museum ausgestellten Arbeiten
enthalten und nur soviel sagen, daß schon die Betrachtungen
der Zeichnungen und Aquarelle, sowie der alten Stiche für
Kunstfreunde ein großer Genuß ist und daß die wahre Poesie
des Gartens dem aufmerksamen Beschauer aus vielem ent-
gegentönt. Wenn man aus dem Lärm der Großstadt in den
Lichthof des Kunstgewerbe-Museums tritt und sich eine Zeitlang
andächtig in diese Abbildungen versenkt, dann kann man wohl
glauben, das Rauschen des Windes in den Bäumen zu hören und
den Zauber zu spüren, den ein schöner Garten auf ein empfind-
liches Gemüt ausübt. Walter Lehwess.

Zur Tagesgeschichte.

Der Schlesische Bund für Heimatschutz hat sich der Fried-
hofskunstbestrebungen besonders angenommen. Auf der Aus-
stellung in Breslau 1913' wird er in der Abteilung für Fried-
hofskunst einen dörflichen Musterfriedhof einrichten, an dem
die Wilmowski-Stiftung (Ausschuß für ländliche Kunstpflege)
beteiligt ist. Von schlesischen Handwerksmeistern sind Grab-
denkmale in Holz, Stein und Eisen angemeldet, auch von der
Holzschnitzschule in Warmbrunn werden Holzkreuze erwartet.
Um nun auch weitere Kreise für die Friedhofskunst-Bestre-
bungen zu interessieren und anzuregen, auf die Herstellung
von Grabmalen mehr Liebe und Sorgfalt zu verwenden, hat
der Bund eine kleine Flugschrift herausgegeben. Das dem
anregenden Text beigegebene reiche Bildermateriäl zeigt eine
Auswahl alter, schlesischer Grabmale und ist ein gutes Vor-
bildermaterial zur Herstellung neuer. Die Flugschrift (ein
Sonderdruck aus dem „Schlesischen Jahrbuch 1913) ist in sehr
guter drucktechnischer Ausführung für nur 30 Pfennige von
der Geschäftsstelle des Schlesischen Bundes für Heimatschutz,
Breslau XVI, Auenstrasse 20, zu beziehen.

Gartens,' der Wege, Baumgruppen, Beete und ihrer Verhält-
nisse zueinander; sie erwächst aus der verständnisvollen Ein-
fügung des architektonischen und bildnerischen Schmuckes,
der das pflanzliche Leben nicht stört, sondern es ergänzt,
stützt, trägt; kurz: wenn sich eine Künstlerseele liebend und
feinfühlend in die Aufgabe der Gestaltung eines Gartens ver-

Mitteilungen der Gesellschaft.

Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst werden gemäß §9 der Satzungen um Einzahlung
des Jahresbeitrages (gemäß Beschluß der Hauptversammlung in Bonn auf 20 Mark erhöht) auf unser Postscheckkonto
Nr. 680, Amt Cöln, ersucht. Eine Zahlkarte zur gefl. Benutzung ist dieser Nummer beigelegt. Der Vorstand.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.

Personalnachrichten.

Kaiser, Martin, bisher städt. Garteninspektor in Kattowitz
wurde als Stadtgarteninspektor und Nachfolger des nach
Mühlheim a. d. Ruhr gewählten Herrn Keßler nach Branden-
burg-Havel berufen.
 
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