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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 17
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Heicke, Karl: Die Breslauer Gartenbau-Ausstellung zur Jahrhundertfeier, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0271

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XV, 17

DIE GARTENKUNST.

263

Die Breslauer Gartenbau-Ausstellung zur
Jahrhundertfeier.

Von Heicke, Frankfurt a. M.

2. Historische Gärten. Japanischer Garten.

Einen besonderen Aufwand an Kosten und Mühen
hat man sich auf der Breslauer Ausstellung bei der
Anlage geschichtlicher Gärten geleistet. Professor
Dr. Rosen, Gartenarchitekt F. Hanisch, Architekt Effen-
berger u. a. haben in vereintem Bemühen einen Garten
aus der Karolingerzeit, ein rheinisches Burggärtchen
aus dem Jahre 1410, einen bürgerlichen Garten aus
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, einen Renais-
sancegarten aus der Zeit um 1600, einen bürgerlichen
Barockgarten aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts
und einen Empiregarten aus der Zeit der Freiheits-
kriege geschaffen.

Letzterer, um mit ihm zu beginnen, bildete den
schon im vorigen Bericht erwähnten Gartenhof inner-
halb des Gebäudes der geschichtlichen Abteilung (vergl.
Abbildung Seite 236, Heft 16). Er hatte in Verbin-
dung mit dieser seine Berechtigung, war von Hanisch
sehr geschickt durchgeführt und gewährte, bei seiner
Lage innerhalb des Gebäudevierecks ein in jeder Be-
ziehung befriedigendes und abgeschlossenes Bild.

Über die anderen Gärten möchte ich meine Auf-
fassung dahin zusammenfassen, daß es, wie auch schon
andere Gelegenheiten bewiesen haben, ein wenig er-
folgreiches Beginnen ist, Gärten früherer Epochen für
die kurze Dauer eines Ausstellungs-Halbjahres in der
Wirklichkeit vorzuführen. Selbst wenn man wie in
Breslau eingehende Studien dafür gemacht und aus-
giebige Unterlagen, Zeichnungen und Beschreibungen
zur Verfügung gehabt hat, läßt der Eindruck der
Gärten doch viel zu wünschen übrig. Wir wollen ganz
davon absehen, inwieweit sich geschichtliche Treue
in der Wiedergabe hat erreichen lassen und ob die
uns heute zur Verfügung stehenden Kulturpflanzen
denen entsprechen, die früher in Wirklichkeit jene
Gärten angefüllt haben. Aber schon der Vergleich
des in Frankfurt befindlichen und im Ausstellungsführer
wiedergegebenen Gemäldes eines altrheinischen Burg-
gärtchens, welches als Vorbild für einen der Breslauer
Gärten gedient hat, ließ erkennen, wie groß der Ab-
stand zwischen Vorbild und Nachahmung geblieben
war. Auf jenem Bild eine Fülle sprießenden und
blühenden Lebens, Blumen und Kräuter und Bäume,
dazwischen tätige und die Gartenfreude genießende
Menschen, und hier ein stimmungsloser Grasplatz
ohne Leben und Farbe, und dicht daneben die ge-
waltigen Säulen der modernen Pergola, jede Illusion
vernichtend. Besser erfüllte schon das Karolingergärt-
chen, welches, durch eine Einfriedigung gut abge-
schlossen, Kräuter und Gewächse eines Nutzgartens
aus dem 9. Jahrhundert zur Anschauung brachte, seinen
Zweck. Über den Barockgarten, dessen besten Teil
eine mit alten Kastanienbäumen bestandene breite Kies-
terrasse bildete, auf der im Schatten der Bäume Stein-

bänke und gute alte Plastiken aufgestellt waren, kann
nicht viel gesagt werden; ebensowenig über den Re-
naissancegarten, dessen in mehreren Absätzen sich auf-
bauender Belvedere Plerstellungskosten erfordert hat,
die zweifellos für andere Zwecke besser hätten verwendet
werden können und der in seiner pflanzlichen Ausstat-
tung eine unbegreifliche Armut und Dürftigkeit zeigte.

Diese Beanstandungen haben keineswegs den Sinn,
die Leistungen der beteiligten Männer herabzusetzen,

Ausstellung Breslau: Eingang zum Japangarten.
Aufnahme von Heicke, Frankfurt a. M.

Im Gegenteil, gerade als Fachmann mußte man an-
erkennen, daß das erreichbar Mögliche getan war;
auch wolle man mich nicht so verstehen, daß die Vor-
führung typischer Gartenbilder aus vergangenen Zeiten
nicht von Interesse sei oder daß man darauf unter
allen Umständen verzichten solle. Es läßt sich daraus
mancherlei Belehrung und wertvolle Anregung gewinnen.
Nur kann nicht verkannt werden, daß die Mittel der
Wirklichkeit, die ja schon ihrer Natur nach bei der
Schaffung neuzeitlicher Gärten auf Ausstellungen uns
oft in Stich lassen, bei denen wir aus unserm Wissen
und Gefühl heraus leicht und willig Fehlendes ergänzen
 
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