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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 10
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Rasch, Edgar: Landsitz des Freiherrn Max von Heyl
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Fuchs, Ludwig F.: Vier alte Gartenanlagen, [1]: Schwetzingen, Schönbusch und die Hofgärten von Veitshöchheim und Würzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0151

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XV, 10

DIE GARTENKUNST.

143

Beim Bau werden ebenfalls zunächst alle Anlagen
nach ihrem Zweck angelegt und nicht in erster Linie
nach den Idealen der Architekten von anno dazumal.

Gerade in der raffinierten Zweckmäßig-
keit liegen die Grundlagen zur schönen Durchbildung
der Details. Dann wird es aber auch ein harmonisches
Kunstwerk und keine läppische „Zieranlage“.

Wenn ein Kunstfreund und Sammler in seinem
Garten seine Plastiken aufstellen will und der Garten-
architekt durch Hecken, Architekturen und Wasser für
jedes Stück eine Umgebung schafft und alles zu einem
harmonischen Ganzen ausbildet, so ist dies eine Zweck-
anlage im besten Sinne und stilvoll.

Wenn aber jemand einen Gartenteil nur so, weil
es hübsch aussieht, anlegt und zur Verzierung (trotz-
dem sonst dem Leben der Bauherrn so etwas fernliegt)
Plastiken anschafft und aufstellt, so, ist das unlogisch,
Unsinn, zweck- und stillos, selbst wenn die Anlage
Tausende kostet.

Stillosigkeiten finden wir viel mehr als mancher
denkt. Da sind Zier- und Blumenanlagen, wo die
Verhältnisse schlichten Rasen ohne Wege aber mit
großen schattigen Bäumen verlangen. Dort verhunzt
ein Tennisplatz, auf dem kein Mensch mehr spielt, den
Garten, doch fehlt ein dichtumgrüntes Badegärtchen,
welches der Familie viel Nutzen und Freude brächte.
Hinter einer protzigen Blumenanlage steht ein dürftiges
Laubenhaus mit Grün berankt, obgleich sich der Be-
sitzer bei der offenen Lage dort unfehlbar den schönsten
Rheumatismus holt. Oder man sieht Laubengänge,
wo die Berankung fehlt oder verkümmert ist, so daß
das Gerippe den Garten jämmerlich beeinträchtigt.
Oder es wird allwinterlich alles wieder fortgeschnitten,
was letzten Sommer gewachsen ist, so daß sich der
Garten in 50 Jahren nicht verändert, die Büsche grüne
Besen sind und nicht zur Blüte kommen. So im
Kleinen wie im Großen.

Man kann diese Stillosigkeiten, welche oft polizeilich
vorgeschrieben sind, beliebig seitenweise aufzählen.

Die Erfüllung des Gebrauchszwecks muß auch
im Garten Hauptsache werden. Luxus ist Unsinn.

Unter Stil wird oftmals jedoch die letzte Ausdrucks-
form genannt. So etwas, wie auch die Detailformen
der historischen Baustile.

Auch hier haben wir noch manches zu entwickeln.
Das Arbeiten nach alten Stilen zeugt nicht eben von
Geist. Ebensowenig das gedankenlose Adoptieren des
Neuesten. Die Berechtigung neuer stilistischer Formen
in der Baukunst, ja ihre Notwendigkeit bei neuen Bau-
stoffen wie Beton, Monier-, Eisen- und Stahlbau, muß
anerkannt werden.

Ebenso müssen wir uns neben der oben erläuter-
ten, vornehmlichen Berücksichtigung des Gebrauchs-
zweckes die Vermeidung von Luxus zur Pflicht machen,
wo er nicht hingehört. Verfügbare Geldmittel müssen
eben dazu verwendet werden, zunächst den Garten wohn-
lich zu machen. Sind mehr Mittel vorhanden, können
die vorhandenen Details schöner durchgebildet werden.

Alles dies hat nichts mit einem Dazutun von
Sachen zu schaffen, die ohnedies wegbleiben müssen.

Die praktische Durchführung dieses Prinzips will
ich in einer späteren Arbeit an einigen ausgeführten
Beispielen durch Skizzen erläutern, denn theoretische
Erörterungen werden da leicht falsch verstanden.

Wo wir nun architektonische Details im Garten
zu verwenden haben, tun wir gut uns die Arbeiten der
allerersten Architekten zum Vorbild zu nehmen,
welches uns durch die große Reichhaltigkeit der ein-
schlägigen Literatur (illustrierte erstklassige Fach-
presse und keine billigen Schundvorlagen) sehr leicht
gemacht ist. Einige Nummern der vornehmsten Archi-
tekturzeitungen lernen uns da mehr, als ein Bündel
teurer Vorlagenwerke.

Wir sehen da auch, wie man die Formen früherer
Zeiten mit Verständnis und Geschmack zu verwenden
hat und wie sich die Bestrebungen des Heimatschutzes,
des Werkbundes, der Ekklektizismus brüderlich die
Hand gereicht haben und wie sich trotz aller ver-
schiedenen persönlichen Eigenheiten der Künstler, seien
es Architekten, Ingenieure, Maler, Dichter, Bildhauer
und Gartenleute, immer mehr das herauskristallisiert,
was der Stil unserer Zeit wird.

Auch bei uns Gartenmännern hat die Stilmeierei
zu der Erkenntnis geführt, daß weder von der Ver-
wendung der historischen Stile, noch von der Land-
schaftsgärtnerei Pücklers, Meyers und ihrer Epigonen,
noch von Langes physiognomisch oekologischem Stil,
noch vom regelmäßigen, noch vom steifen Architektur-
stil allein das Heil kommt.

Wir werden unseren Stil haben, wenn wir alle
diese Stile beherrschen und verstehen, die gestellten
Aufgaben streng sachlich zweckmäßig mit den
knappesten aber gewähltesten Mitteln zu
lösen. Wenn wir dann, soweit es zur Lösung der
Aufgabe gehört und die Verhältnisse es erfordern oder
dazu anregen, diese oder jene Stilform unter strenger
Anpassung an die gegebenen Verhältnisse
verwenden; dann aber auch, wo dies versagt,
das Zeug haben, ohne Rücksicht auf Herge-
kommenes, Neues, Eigenartiges, Selbstän-
diges zu schaffen, dann arbeiten wir im guten,
neuen Sinn stilgerecht. Aber auch dann erst.

Edgar Rasch, Stuttgart.

Vier alte Gartenanlagen:

Schwetzingen, Schönbusch und die Hofgärten von
Veitshöchheim und Würzburg.

Mit Aufnahmen vom Verfasser.

Über den Hausgarten sind sich ja die Gelehrten
allgemach einig, aber keineswegs über den Park. Es
erscheint den meisten als eine Ungeheuerlichkeit, wenn
die Gesetze, die dem kleinen Garten zugestanden
wurden, auch bei größeren Anlagen Anwendung finden
sollen. Selbstverständlich eine modifizierte Anwendung.
 
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