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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 15
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Boeck, Willy: Die Wirkung von Straßenbäumen und Alleen im Winter
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XV, 15

DIE GARTENKUNST.

217

Die Wirkung von Straßenbäumen und Alleen im Winter.

Von Willy Boeck, Lübeck.

Eine gute Straßenbepflanzung gereicht jedem Stadt-
bilde zur Zierde und vermag den Schönheitswert des-
selben zu erhöhen. Namentlich während der Sommer-
monate im vollbelaubten Zustande können Alleen,
resp. Straßenbäume einen unvergleichlich schönen Ein-
druck machen.

Dieser Zweck einer Straßenbepflanzung, ein be-
stimmtes Straßen -oder Stadtbild malerischzu schmücken,
trifft aber nicht, wie meist angenommen wird, nur für
die Wachstumsperiode vom Frühling bis zum Herbst zu,
sondern er kann auch im
Winter deutlich in Er-
scheinung treten. Wie
mannigfaltig Baumarten
sind, sieht man erst im
Winter. Dann kommt der
Aufbau der Zweige erst
so richtig zur Geltung.

Die Linde mit ihren steil-
hochstrebenden Haupt-
ästen und der etwas ge-
wölbten Krone unter-
scheidet sich recht cha-
rakteristisch von der mehr
fächerförmig wachsenden
Ulme, diese wieder von
der kräftiger, gedrungener
wachsenden Kastanie. So
könnte man viele Beispiele
anführen von dem ver-
schiedenartigen Bau des
Astwerks der verschiede-
nen Baumarten, der um
so charaktervoller in Er-
scheinung tritt, je älter der
Baumist. (Bild I und2.)

Der jeweilige Cha-
rakter der Erscheinungs- Abb.
form einerBaumpflanzung
ist aber nicht nur von der Baumart allein abhängig,
sondern er kann auch durch äußere Einflüsse in ge-
wisse Formen gezwängt werden. Durch den Schnitt
wird dies sehr häufig erreicht. Da hat man Baum-
arten, wie die Akazie und die Weide, die sehr gut
ein Zurückschneiden bis auf den Stamm vertragen
und deren kräftige Stämme dann nur kurze, üppig
entwickelte Zweige dichtgedrängt hervorbringen. (Ab-
bildung 3). Vom Kampfe mit dem Stärkeren, dem
Trieb der Selbsterhaltung zeugen solche Bäume und
dieser Kampf hat ihnen auch den Stempel einer eigen-
artigen Wirkung aufgedrückt. Andere Formen, lauben-
dachartig gezogene Baumpflanzungen und Baumhecken

entwickeln als Folgen des starken Schnittes eine dichte
Zweigbildung bald dach- bald wandartig, sie nehmen
einen ganz anderen Charakter an als die eben ge-
schilderten Kopfbäume, aber auch hier drängen folgend
dem Trieb der Selbsterhaltung dicht gedrängt die
jungen Ruten dem Lichte zu, in dem einen Falle eine
horizontale, im andern eine vertikale Fläche bildend.

Eine andere Baumform, die auch durch Schnitt
erzielt wird, sich aber von den ebengenannten Formen
grundsätzlich unterscheidet, entsteht durch die Ent-
fernung der untenstehen-
den Äste am Baume. Der
Baum wird dadurch ge-
zwungen ungewöhnlich
schnell in die Höhe zu
wachsen, kann dann wie-
derum eigenartige Wir-
kungen zeitigen. Auf
langen, schlanken Stäm-
men sitzt eine verhältnis-
mäßig kleine Baumkrone.
Wie effektvoll eine so
herangezogene Allee na-
mentlich im unbelaubten
Zustande wirkt, mag das
Bild 4 genügend erläutern.

Bis in die äußersten
Spitzen kann man die Ver-
ästelungen und Verzwei-
gungen, die nach oben hin
immer dichter und feiner
werden, wahrnehmen.

Die gute Wirkung
der Baumpflarizungen im
Stadtbilde wird aber nicht
nur durch Art und Form
der Bäume bedingt, sie
ist vielmehr recht oft
wesentlich abhängig von
der Anordnung der Bäume zueinander, je nachdem
man den oder die Bäume pflanzte, als Einzelbaum,
als Baumgruppe, als Baumreihe, als Allee etc. Dabei
spielt nun die Entfernung der einzelnen Bäume von-
einander jeweils eine sehr große Rolle. Engstehende
Bäume wachsen steil hoch, dagegen bilden weitstehende
Bäume mehr runde, volle Kronen, was man im unbe-
laubten Zustande erst recht beobachten kann. Man
betrachte und vergleiche beispielsweise eine engstehende
Allee während des Winters, die steilaufstrebenden Äste,
die sich gleich einem gotischen Gewölbe oben spitz-
winklig zusammenschließen, im Gegensatz zu einer weit-
stehenden Allee, die oben offen ist und deshalb auch
 
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