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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 9
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Rasch, Edgar: Barock
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0129

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XV, 9

DIE GARTENKUNST.

121

Barock.

Mit Barock bezeichnet man Bauformen aus dem
17. und 18. Jahrhundert. Der Begriff umschließt je-
doch ganz bestimmte Formen, die auch außerhalb
dieser Zeit liegen, Formen die es zu allen Zeiten
gegeben hat und auf allen Gebietendes mensch-
lichens Schaffens.

Eine besondere Erläuterung des Wortes
Barock mag ein Sprachenprofessor geben. Der
Sinn ist bizarr, gekünstelt bzw. virtuos über-
trieben.

Das Barock zeigt uns hervorragende künst-
lerische Leistungen, technische Bravour-
stücke, welche gleichfalls künstlerisch
vollwertig sind. Es sind äußerste Grenzen
der Leistungsfähigkeit, um welche bereits hell
die Lichter der Phantasie blitzen.

Sehr schön, aber — es ist eine verbreitete,
irrige Ansicht, daß alles in jenen Zeiten so
gewesen ist. Es ist irrig zu glauben, daß die
Bauten und Gärten jener Zeit alle so ausgesehen
haben. Auch im Kunstgewerbe kopierte man
massenhaft Vorbilder aus Museen; Dinge, die
Prunkstücke aus fürstlichem und kirchlichem
Besitz waren, in der Meinung, der einfache
Bürger jener Zeit habe sie täglich benutzt. Da-
her vielfach die Geschmacklosigkeiten und die Ver-
zierungssucht im einfachen Volk.

Die Gartenkunst ist von derartigem natürlich eben-
falls stark beeinflußt, und wir sehen täglich, wie man
sowohl in Fach- als Laienkreisen nicht klar darüber
ist, was sich schickt.

Sind wir uns darüber klar, daß ein 100 qm großer
Hausgarten nicht als Miniaturlandschaft angelegt wer-
den darf, so glaubt man
doch noch sehr viel, daß
man dasBlumenparterre des
Schlosses oder eines öffent-
lichen Platzes im kleinen
nachbilden müsse. Man ist
eben von der „Landschaft“
zur „Geometrie“ gekom-
men. Ich habe bereits an
dieser Stelle auf den Miß-
brauch des Teppichbeetes
hingewiesen.

Heute möchte ich den
Geschwistern des Teppich-
beetes, den geschnittenen
Gehölzen einige Worte
widmen. Auch die formier-
ten Gehölze sind barocke
Formen in des Wortes ei-
genster Bedeutung.

Man kann sie verwenden oder verwerfen wie jede
andere künstliche Pflanzenbehandlung. Sie stellen ge-
wissermaßen ebenfalls gartentechnische Kunstwerke dar,
welche zu übertreffen so bald nicht möglich sein wird.
Was da von Holländern und Engländern geleistet
ist, ist vorbildlich für alle Zeiten. Selbst soge-
nannte Übertreibungen sind selten unschön, da
sie auf rechte Art am rechten Ort ver-
wendet wurden und deshalb nie aus der Rolle
fielen. Ja, die bizarren drolligen Figuren konn-
ten wohl ein herzliches Lachen auslösen, ließen
aber nie das Gefühl aufkommen, daß sie
Spielereien sind.

Unserer Zeit war es eben Vorbehalten nach
Art der kleinen Kinder die Dinge aus dem
Zusammenhang zu reißen und zusammenzu-
stellen, wie es dem Betreffenden gerade ein-
fiel. — Genau so wie die Häuser und Wohnungs-
einrichtungen „in allen Stilarten“ zusammen-
geflickt wurden.

Täuschen wir uns bitte nur nicht, als ob
die Zeit überstanden ist. Die Art und
Weise, wie das Alte gesehen und verar-
beitet wird und mit welchem Verständnis
man den baulichen Fortschritten und Forde-
rungen unserer Zeit sich gegenüberstellt, ist nicht über-
all so, wie es sein sollte.

Es ist daher meines Erachtens besser statt frag-
würdiges Neues zu bringen, wenn wir über die
Grundlagen unseres Berufes immer mehr ins
klare kommen. Dies zunächst. Erst auf dieser
sicheren Basis, die jeden Zweifel ausschließt, kann
sich weiteres gesund entwickeln.

Die Zahl der Garten-
künstler, die wirklich auf
sicheren Grundlagen ste-
hen, ist noch lange nicht
so groß, daß sie die Durch-
schnittsleistung der Fach-
genossen zu beeinflussen
oder gar qualitativ zu heben
vermögen.

Derartiges zeigtsich auch
in der Verwendung von
Formgehölz. Die Zeiten lie-
gen nicht fern, wo man mit
Formgehölzen nichts an-
deres anzufangen wußte, als
sie mit Teppichbeeten zu
kombinieren. Selbst die
Hecke war sehr außer Kürs
gekommen. In den -Nieder-
landen und Belgien, ebenso

Heckenportal. Entwurf von E. Rasch, Stuttgart.
 
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