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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 9
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Rasch, Edgar: Barock
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Maasz, Harry: Grünfläche und Volkspark
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0132

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124

DIE GARTENKUNST.

XV, 9

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herausholen, was darin steckt. Die Landschaftsgärtner
werden uns einmal Dank wissen, daß wir ihnen immer
mehr Arbeitsgebiete, d. h. Verdienstmöglichkeiten er-
schließen.

Noch einige Worte zu den Skizzen. Die Ver-
wendung von Vogelfiguren halte ich für eine sehr gute
Idee. Der Vogel ist das einzige Tier von brauchbarer
Form, welches wir auf Bäumen sitzen sehen. Auch
die gute Massenverteilung zwischen Oberkörper und
Schwanz und die dadurch mögliche schöne Linien-
führung ist nur beim Vogel möglich.

Daß die Anzucht und der Schnitt Schwierigkeiten
bereiten, welche das übliche Maß überschreiten, wird
wohl niemand ernstlich behaupten. Blumen- und gar
Teppichbeete machen bedeutend mehr Arbeit und
Kosten. Die Heckenfiguren erfordern allerdings ein
Bissei Überlegung. Es will eben bedacht sein, was
zu beschneiden ist und was für später zu entwickelnde
Formen unberührt weiter wachsen muß. Jedenfalls
sollten wir von jedem Obergärtner oder älteren Ge-
hilfen verlangen können, daß er so viel Grütze im
Kopf hat, um solche Arbeiten selbständig oder nach
Zeichnung und Anleitung vornehmen zu können. Wie
interessant so etwas wird, wenn man mit Liebe an
die Sache geht und bedenkt, daß die Pflanze lebt
und uns durch ihren Wuchs entgegenkommen oder
durch eigenartige Triebentwickelung zu Abweichungen,
Verbesserungen oder interessanten Weiterbildungen
als ursprünglich vorgesehen anregen kann, wird jeder
Gärtner, der mit seinen Pflanzen lebt, nachfühlen können.

Nur ein paar Beispiele. Mit einer
Kugel oder Pyramide dachten wir
Schluß zu machen. Unsere grüne
Freundin denkt aber noch nicht
daran, sondern reckt einen kräf-
tigen Trieb durch die Spitze und
bildet noch eine Gabel damit. Soll
man so etwas nur aus Schablone
fortschneiden ? Das wäre Un-
verstand. Wir pflegen den Trieb und haben nach eini-
gen Jahren einen Kranz daraus entwickelt. Doch weiter
geht es. Nochmals hoch. Wir binden die zwei bis drei
stärksten Mitteltriebe zusammen und haben darüber
einen grünen Büschel, welchen wir zu einem Vogel formen.
Nun wird das weitere Wachstum bei verständiger Pflege
und richtigem Schnitt von Jahr zu Jahr interessanter.
Aus dem Blattbüschel wird ein Piepmatz, dann eine
Taube, ein Huhn, ein Fasan und endlich ein Pfau.
Für die Erstarkung des tragenden Holzes ist natürlich
Sorge zu tragen.

Was uns nun gar größere Sachen auf Hecken,
Lauben und Portalen Schönes und Interessantes Vor-
behalten, wird der, der alte und neue Arbeiten dieser
Art kennt, leicht ermessen.

Es ist einfach unverständlich, wie die unglaubliche
Verflachung in unserem Beruf mit solchen guten inter-
essanten alten Techniken aufräumen konnte.

Baukunst und Kunstgewerbe zeigen uns, welcher
Entwickelung und Blüte ein Beruf fähig ist, wenn er
versteht, die Entwickelung der tüchtigen Alten
fortzuführen.

Wir haben noch unendlich viel vom Alten zu lernen,
bezw. leichtsinnig für Messing fortgeworfenes Gold
wieder zu erwerben und weiter zu bearbeiten.

Möge obiges nach dieser Richtung zum Nachdenken
und zur Besserung anregen.

Edgar Rasch,

Mitarbeiter von ßerz & Schwede, Stuttgart.

Heckenabschluß. Entwurf von E. Rasch, Stuttgart.

Grünfläche und Volkspark.

Von Harry Maaß, Lübeck.

Die Stadt des Mittelalters, von Mauer, Wall und
Stadtgraben umgeben und vor feindlichen Angriffen
geschützt, kannte in ihrem Innern eigentliche Grün-
plätze nicht. Nur unmittelbar vor den Toren der Stadt
lagen ausgedehnte Wiesen und Grünplätze, welche
von Alleen durchzogen waren, die landeinwärts gingen
und Städte und Dörfer miteinander verbanden.

Diese Grünflächen waren die Freiweiden der städti-
schen Bevölkerung, auf ihnen weidete das Vieh des
Bürgers und zu festlichen Gelegenheiten versammelten
sich dort die Einwohner der Stadt zum frohgemuten
Getriebe.

Die Bezeichnungen Gänseanger, Bürgerweide, Volks-
wiese, Vogelwiese und andere mehr stammen aus
mittelalterlicher Zeit und sind bis auf den heutigen
 
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