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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 3
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Rasch, Ewald: Bildungsfragen
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Staehle, Karl: Der beamtete Gartenkünstler in Mittelstädten und die Ausbildungsfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0044

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36

DIE GARTENKUNST.

XV, 3

eine andere Sprache führen als der Schwätzer, der durch
Mätzchen und auswendig gelernte Phrasen nach Beifall
heischt. Wir wollen doch über die Mittelmäßigkeit
endlich hinaus.

Unsere Denk- und Gesinnungsweise bedingt unser
Schaffen. Wollen wir vorwärts, so müssen wir zunächst
alles Schöne, Edle und Hohe in uns selbst zur Ent-
faltung bringen. Vollbesitz der technischen Fähig-
keiten ist stets als grundlegend vorausgesetzt. Mit der
persönlichen Bildung soll nun beileibe nicht gesagt
sein, daß man nun fleißig- Goethe, Kant und sonstige
bildende Klassiker lesen sollte. Wir sollten uns da
doch auf die Praxis beschränken, uns umsehen, wie
bei uns und in anderen Berufen die all er tüchtigsten
Meisterwerke entstanden sind. Wenn auch zu diesen
erst langjährige Erfahrung und persönliche Ent-
wickelung hinführte, so ist doch dies ebenfalls ein
Grund uns bald auf den gleichen Weg zu machen.

Wir sehen da bald, daß die Schönheit nicht nur
eine Zugabe zum Technischen ist, sondern daß das
Technische nur ein Mittel zum Zweck ist.

Wir müssen aber mancherlei Mittel anwenden um
die Aufgaben einwandfrei zu lösen. Bei der Arbeit
muß uns ganz besonders der Trieb bewegen, die zur
bestimmten Aufgabe verfügbaren Mittel so schön wie
möglich zu verwenden, die schönste Lösung der
Aufgabe zu finden. Plier wird nun eine vornehm
denkende, an der Geschichte der Gartenkunst und
Baukunst der Vergangenheit und Gegenwart geschulte
Persönlichkeit andere Lösungen finden als der bloße
Techniker oder eingebildete „Künstler“. Er wird am
rechten Ende sparen lernen um mit wenigen Mitteln
um so stärker und feiner zu wirken. Er wird kein
Stäubchen und Blättchen passieren lassen, was auch
dem verwöhntesten Geschmack Bedenken erregen
könnte. Vor allem aber wird er bemerken, daß es
keinen Abschluß in der Bildung gibt, wo man sagen
könnte, „das Ziel ist erreicht, höher gehts nimmer,
so kann es nun bleiben“.

Wir müssen an allem, aber auch an allem unseren
Tun ständig verbessern, fortwährend um uns schauen,
wo wir lernen und uns weiter bilden können. Bei
unseren allertüchtigsten Berufsgenossen, bei den Ar-
chitekten, im Kunstgewerbe, bei Malern und Bildhauern,
in der Kunst-, Fach-, Bau- und sonstigen Literatur,
wo wir neue schönere Anregungen für unser Schaffen
finden oder wo uns alte Schönheiten offenbart werden.
Wir werden unsere Darstellungsweise verbessern müssen
und finden bei Architekten und Malern reiche schöne
Anregungen wie man es besser machen kann. Alte
Kupfer- und Stahlstiche zeigen uns, daß man es früher
viel besser konnte als wir Gartenleute mit unserer
heutigen Zeichnerei.

Und bei allem sollten wir die Schönheit in uns
pflegen und ständig weiter entwickeln. Da gibts fort-
während auszuputzen und zu ergänzen, Neues hinzu-
fügen, auf daß Charakter, Sitte, ritterliche Gesinnung,
wohlwollende Gerechtigkeit, Edelmut und andere Eigen-

schaften, die uns und anderen das Leben zu ver-
schönen geeignet sind in uns und unserem Stande
wachsen, blühen und reiche Früchte tragen. Nur eine
harmonische Ausbildung aller dieser Dinge in
unserem Leben und Arbeiten stärkt uns, daß wir im-
stande sind den Weg zu beschreiten, welcher uns zur
Pforte der wahren Kunst führt. Ob wir sie erreichen,
liegt nur in uns. Lehrer und Schulen können uns beim
besten Willen nur den Weg zeigen. Gehen müssen
wir ihn selbst. Je weniger fremde Hilfe wir dazu in
Anspruch nehmen, um so besser für uns.

E. Rasch, Stuttgart,
Mitarbeiter der Firma Berz & Schwede.

Der beamtete Gartenkünstler in Mittel-
städten und die Ausbildungsfrage.

Von Karl Staehle, Hidesheim.

Der allgemeine Wohlstand in Deutschland bringt
es mit sich, daß nicht nur die Großstädte, sondern
auch Mittelstädte einen Gartenbeamten sich „zulegen".
Das ist für den immer mehr sich steigernden Nachwuchs
junger Gartenkünstler eine erfreuliche Tatsache. Noch
vor 25 Jahren haben die Großstädte für ihre gärt-
nerischen Anlagen vielfach nicht mehr ausgegeben, als
es heute eine große Anzahl Mittelstädte sich erlauben
kann. Die Gartenetats der Großstädte sind mittler-
weile in die Hunderttausende gewachsen, ein ganzes
Heer von technischen Beamten, von Gärtnern und
Arbeitern ist dem leitenden Beamten unterstellt.
Große Aufgaben sind dort zu lösen, weitausgedehnt
liegen die zu unterhaltenden Anlagen. Ein organisa-
torisches Talent, die Fähigkeit, große künstlerische
Richtlinien gemeinsam mit den verschiedenen Verwal-
tungszweigen einer Stadtverwaltung festzulegen, eine
allgemeine, umfassende Bildung, die zur Aufnahme in
die ersten Gesellschaftskreise auch befähigt, ist dem
erfolgreich arbeitenden Leiter des Gartenwesens not-
wendig. Die Ausführung seiner Ideen im einzelnen
muß er seinen Untergebenen allermeist allein über-
lassen. Solche Stellungen werden der von Herrn Hoe-
mann gedachten Ausbildung des Gartenkünstlers auf
der Hochschule entsprechen. Aber wie wenig derartige
Stellungen gibt es doch und wird es in Zukunft geben.
Die weitaus größte Zahl der Gartenbeamten wird in
den Mittelstädten, die schätzungsweise 9/io aller Ver-
waltungen ausmachen, ihre Lebensaufgabe finden. Und
hier liegen die Verhältnisse für den Gartenbeamten
doch etwas anders. Ich möchte daher die Erfahrungen,
die ich in einer Mittelstadt gemacht habe, als zutreffend
jedenfalls für die auch von andern Berufsgenossen ge-
wonnenen hier mitteilen.

Die Erfolge eines Gartenbeamten in einer Mittel-
stadt können nur aus einer vielseitigen gründlichen
gärtnerischen und künstlerischen Ausbildung resultieren.

Es'ist ganz selbstverständlich, daß Mittelstädte nur
dann eine Gartenverwaltung einrichten können, wenn
 
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