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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 23
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Hoemann, Reinhold: Le Nôtre und seine Schöpfung in Vaux
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0353

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XV, 23

DIE GARTENKUNST.

345

Le Nötre und seine Schöpfung in Vaux.

Von R. Hoeraann, Düsseldorf.

Überaus reich an Erinnerungen ist das Jahr 1913.
Wie viele Gedenkfeste sind in diesem Jahre gefeiert
worden! ?

Da ist es wohl auch angebracht für alle, welche
die Gartenkunst lieben und schätzen und welche be-
ruflich oder aus Liebhaberei Interesse an schönen
Gartenschöpfungen haben, in diesem Jahre einmal den
Blick zurückzulenken auf den Mann, der vor 300 Jahren
geboren, der größte Gartenkünstler seiner Zeit, seines
Landes und sicherlich einer der größten Gartenkünstler
aller Zeiten war, auf Andre le Nötre.

Geboren wurde Andre le Nötre am 12. März 1613
in Paris und zwar als Sprößling einer alten Gärtner-
familie. Der Va-
ter war Garten-
und Palastinten-
dant der Tuile-
rien, der Groß-
vater war der ge-
schätzte Gärtner
der gartenlieben-
den Maria von
Medici, selbst die
beiden Schwe-
stern waren mit
angesehenen
Gärtnern verhei-
ratet. Le Nötre
zeigte schon früh
eine künstle-
rische Begabung
und neigte dieser
Begabung ent-
sprechend zu ei-
nem ausgespro-
chenen Künsterberuf. Er wollte Maler werden, und
zwar sehr im Gegensätze zu der Auffassung des Vaters,
welcher den Sohn gerne dem Gärtnerberuf erhalten hätte.
Aber der junge Andre wußte wohlseinen Willen durchzu-
setzen und so sehen wir ihn bald in der Lehre bei Simon
Vouet, einem anerkannt tüchtigenund angesehenen Maler
und Architekten. Wir finden, wie so oft in der Geschichte,
in Vouet die beiden verwandten und doch wieder so
verschiedenen Berufsarten, Maler und Architekt, ge-
paart in einer Person, eine für le Nötres Entwicklungs-
gang wahrlich außerordentlich günstige Kombination.

Wenn nun auch der junge le Nötre zu Anfang mit
Eifer in seinem neuen Künstlerberufe sich betätigte,
so lockte es ihn doch gar bald, das, was Stift, Feder
oder Pinsel auf dem Papier oder der Leinwand fest-
hielten und gestalteten, nun in die Wirklichkeit zu
übertragen. Schon während seiner Lehrzeit bei Vouet

drängte es ihn, Gärten zu entwerfen und bald folgt
der nächste Schritt, der ihn treibt, das auf dem Papier
Entworfene nun zu verwirklichen. Le Nötre wird also
wieder zum Gärtner, aber seine künstlerische Ausbildung
verdankt er dem Maler und Architekten Vouet, In
der gegenwärtigen Zeit, wo die Meinungen über die
Ausbildung der Gartengestalter so verschieden und
teilweise ungeklärt sind, ist es besonders interessant
festzustellen, wie einer der bedeutendsten Garten-
künstler aller Zeiten seine Ausbildung erhalten hat.
Man darf wohl hier die Frage aufwerfen, ob derselbe
le Nötre als Gartengestalter 1 gleich hervorragende
Kunstwerke geschaffen hätte, wenn er nur als Gärtner

ausgebildet wor-
den wäre und
nicht auch als Ar-
chitekt und Ma-
ler? Le Nötre
fand einen Gön-
ner, der es ihm er-
möglichte, seine
Studien in Italien
fortzusetzen und
zu beenden. Hier
auf dem klassi-
schen Boden, der
so manchem
Künstler erst sei-
ne Reife gab, stu-
dierte le Nötre
die prachtvollen
Werke, welche
die Zeit der Re-
naissance schuf
und insbesondere
waren es die herrlichen Gartenschöpfungen, welche ihn an-
regten und sein künstlerisches Genie so erfolgreich be-
fruchteten. Ob, so frag ich hier, derselbe le Nötre diese
klassischen Werke wohl so verstanden und verwertet hätte,
wenn er in Paris nur als Gärtner und nicht als Maler
und Architekt vorgebildet worden wäre? Als dann
le Nötre aus Italien zurückkehrte, da war er schon
der ausgebildete Gartenkünstler, der später seinen
Vater im Amte ablöste. In dieser Stellung des Garten-
intendanten der Tuilerien begann le Nötre dann seine
Laufbahn als Gartenkünstler, die ihn von Erfolg zu
Erfolg führte und die ihn Werte schaffen ließ, die wir
auch heute noch rückhaltlos bewundern und die in
gleicher Art niemals übertroffen wurden.

Im Dezemberheft XXIII. Jahrgang 1913,3.356—366
dieser Zeitschrift habe ich in großen Zügen die Be-
deutung des Gartenkünstlers Andre le Nötre zu schil-

Abb. x. Vaux le Vicomte. Toreinfahrt mit GitterabschluS.
 
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