Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 15.1913

DOI Heft:
Nr. 13
DOI Artikel:
Schröder, Karl: Ein Wort zu E. Hardt und E. Rasch
DOI Artikel:
Scholl: Barock
DOI Artikel:
Bogler, W.: Zu den Ausführungen von Rasch und von Hardt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0206

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
198

DIE GARTENKUNST.

XV, 13

es kann auch der ganze Garten in ein strenges Linien- und
Formenspiel gegliedert sein, in dem in regelmäßigem Rhythmus
Formen und Farben ein Gleichgewicht bilden; hier ist es er-
götzlich, wenn die Hecken zu Figuren geschnitten werden, die
die strenge Form der Linien in leichter Spielerei enden;
materialwidrig ist ein solcher Vogel nicht, wenn er auch nicht
von selbst so gewachsen, der ganze Garten ist gezwungen,
aber er bleibt einheitlich in seiner Erscheinung und hat so das
Recht einer künstlerischen Schöpfung.

Wenn im Gegenteil viel Raum für den Garten zur Ver-
fügung steht, oder auch mit Nachdruck einer bestehenden
großen Masse, Haus, Wald oder Geländeerhebung ein Gegen-
gewicht gesetzt werden muß, so sollen die Bäume im Garten
frei wachsen und ihre Kronen mächtig entfalten, daß sie selbst
zur Masse werden.

Eines nur dürfen die Gärten nicht verleugnen, daß sie
als „Gärten“ „natürlich“ bleiben: sie müssen zeigen, daß sie
von Menschenhand bewußt angelegt sind. Dies ist der schwache
Punkt der rein landschaftlichen Anlagen, die den Charakter
als Garten oft zu verdecken suchen, und als verschönte, ideali-
sierte (daher oft langweilige) Landschaft wirken.

In einer Artikelserie der letzten Nummern der Garten-
kunst waren barocke Gärten vorgeführt. Schwetzingen liegt
mir von ihnen am nächsten; hier ist ja die strenge alte Anlage
umschlossen von landschaftlichem Park; man hat den Eindruck
beider dicht nebeneinander: gegen die weiten Räume der
Parterre, die geschlossenen Massen der Alleen und Boskette
und die scharfen Linien der Kanäle wirken die Wiesen, die
freien Baumgruppen und Teiche in ihren weichen, unbe-
stimmten Umrissen spielerisch und ermüdend.

In solchen großen Anlagen geschieht die Gliederung der
Flächen und die Raumbildung durch die Waldmassen der
Boskette, die in ihrer Masse der Ausdehnung des Geländes
entsprechen; daß kleinere Räume in sie hineingebaut, ändert
an dem konstruktiven Gedanken ihrer Gesamtheit nichts.
Le Nötres hat sie scharf geschnitten, dem Charakter seiner
Parks entsprechend, uns steht die Freiheit zu, sie zu gestalten
je nach den Bedürfnissen unserer Schöpfungen").

Freiheit in der Gestaltung und Formengebung muß der
Gartenkünstler behalten; wir dürfen keine Typen von Garten-
kunst aufstellen, jede für ein bestimmtes Schema; der Ge-
brauchswert und eine künstlerisch sichtende Einheitlichkeit
ist das allein Feststehende. Es kann nur wertvoll für uns
sein, wenn wir als Gartenarchitekten in der Geschichte der
Gartenkunst nachschlagen, in alten Werken und Überlieferungen
die Formen früherer Zeiten kennen lernen und so die Sprache
und die Ausdrücke unserer Kunst erfahren; zum toten Nach-
ahmen kommt lebendiges Neuschaffen niemals Stimmungs-
werte und Anregungen in Einzelheiten, die Übung einer ge-
wissen künstlerischen Elastizität in einheitlichemEntwurf werden
wir gewinnen, und in der Vielheit und Voraussetzungslosig-
keit einer künstlerischen Bildung werden die schließlichen
Schöpfungen unserer Zeit lebendig sein.

Dr. Ing. Karl Schröder, LIeidelberg.

Barock.

Die Anregungen, die Herr Rasch durch seinen mit
Illustrationen versehenen Aufsatz und Herr Hardt in seinen
kritischen Betrachtungen über diesen Aufsatz gegeben haben,
sind wertvoll genug, weiter durchdacht zu werden; sie for-
dern zur Stellungnahme der sich mit Gartengestaltung Be-
fassenden auf. Wichtig ist eine Erörterung über gemachte
Anregungen, die von einem größeren Kreise der Gartenge-

*) Historische Untersuchungen deutscher Renaissance-
Gärten als Heckengärten, italienischer Renaissance-und französi-
scher Barockgärten mit der Gliederung durch Boskette sind
ausgeführt in meinen „Studien über Renaissance-Gärten in
Oberdeutschland“, Verlag L. Schwann, Düsseldorf.

stalter und in diesem Falle auch von Baumschulbesitzern aul-
genommen, und in die Tat umgesetzt, für die weitere Ent-
wickelung der Gartengestaltung von Bedeutung sein könnten.

Wenn Herr Rasch sagt, daß auch wir besser an das
Schöne und Gute der alten Gärten anknüpfen sollten, statt
Fragwürdig Neues zu bringen, so ist dem beizupflichten, nur
muß eben das Alte auch gut sein. Vor allem aber soll die
heutige Gartengestaltung den gesunden Forderungen unserer
Zeit gerecht werden. Die vor einer Reihe von Jahren ein-
setzende Umgestaltung der Dinge auf dem Gebiete der
Architektur und des Kunstgewerbes kam doch aus dem
Streben, klare edle Formen zu finden, die gleichermaßen auch
den jeweiligen Zwecken entsprechen. Schein sollte vermieden
werden und an dessen Stelle treten das Streben nach Wahr-
haftigkeit. Diese veränderte Anschauung hat auch in die Garten-
gestaltung tief eingegriffen. Uns ist die Aufgabe gestellt, in
diesem Sinne den Garten weiter zu entwickeln, und barocke
Auswüchse zu vermeiden. Man braucht kein pedantischer
Prinzipienreiter zu sein, um in allen Fällen den barocken
Schnitt der Pflanzen und deren Verwendung zu verurteilen; nur
müssen dann diese Anzuchtsprodukte nicht als Kunstwerke
hingestellt werden. Eine allgemeine Empfehlung derartiger
Anzuchtsprodukte würde gefährliche Folgen haben können.
Dazu kommt, dass wir heute eine ganz andere Naturauffassung
haben, wie unsere Vorfahren zur Zeit des Barock. Uns sagt
die Pflanzenwelt bedeutend mehr, uns ist infolge der gestei-
gerten Naturerkenntnis die Pflanze nicht nur Baustoff, sondern
lebend. Gewiß sollen auch wir die Pflanze betr. ihrer Form
und Verwendung meistern, aber doch nur in dem Sinne, wie
dies Herr Hardt in seinem Aufsatz des weiteren ausführt.
Wir brauchen für die Raumgliederung in unseren Gärten aus
der Pflanzenwelt Formen (Pyramiden, Kugeln, geschlossen
wachsende Pflanzen), die zur Raumeinteilung und Ausgestal-
tung geeignet sind. Hier braucht die Schere des Gärtners
nur nachzuhelfen, um den gewünschten Eindruck zu erzielen.
Aus den die Schere vertragenden Pflanzen stilisierte Gebilde
zu schneiden, ist schon im künstlerischen Sinne naturwidrig
und deswegen ästhetisch wenig befriedigend. Bei der Formung
der Pflanzen muß der Grundsatz maßgebend sein, nie Formen
erreichen zu wollen, die der Natur der Pflanze nach nicht
oder doch nur ungenügend erreicht werden können Die
warnende Stimme, die Herr Hardt gegen die Verallgemeine-
rung der Raschschen Ideen erhebt, ist meiner Ansicht nach
außerordentlich gerechtfertigt. Heute arbeiten oder sollen
Gartenarchitekten mit Baumschulbesitzern betreffs des An-
zuchtmaterials Zusammenarbeiten, heute sucht der Baumschul-
besitzer vor Anzucht seines Materials sich die Bedürfnisfrage
zu beantworten. Eine beredte Empfehlung und Aneiferung
zur Anzucht von barocken Pflanzenformen kann deswegen
gefährlich werden, weil das Material, wenn es einmal heran-
gezogen, auch in den Gärten Verwendung findet. Man denke
sich die von Herrn Rasch skizzierten Formen in wiederholter
Verwendung und man wird sich sofort über die Tragweite
derartiger Anregungen klar. Scholl, Monheim.

Zu den Ausführungen von Rasch und von Hardt.

Zu den Ausführungen über die Hecke in der ersten Juni-
nummer der „Gartenkunst“ möchte ich einige Gedanken
äußern, die sich mir beim Lesen in bezug auf die Kunst im
Garten aufdrängten.

Ich dachte daran, was wohl eigentlich unsere heutigen
Anschauungen über den Garten von denen früherer Zeiten
unterscheidet. Die Kunst an und für sich kann es nicht sein,
denn sie setzt eben den Künstler voraus und war zu allen
Zeiten im Garten zu finden. Es ist meiner Überzeugung nach
mehr der Wandel in unserer Weltanschauung und daraus
folgend der Gebrauch, den wir von den uns umgebenden
Dingen — ganz gleich ob sie natürlichen Ursprungs oder von
Menschen geschaffen sind — machen. Durch das immer tiefere
 
Annotationen