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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 21
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Rothe, Richard: Funkien
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Müller, J. F.: Neuere Anschauungen auf dem Gebiet der Gartengestaltung und ihre Bedeutung für die Unterrichtspraxis
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0334

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326

DIE GARTENKUNST.

XV, 21

Funkia subcordata grandiflora. Nach einer Aufnahme von R. Rothe, Riverton.

Neuere Anschauungen auf dem Gebiet der Garten-
gestaltung und ihre Bedeutung für die
Unterrichtspraxis.

Von J. F. Müller, Proskau.

Die Bewegung in der Gartenkunst ist nur im Zu-
sammenhang mit den neuen Richtungen in verwandten
Kunstzweigen zu verstehen. Inwieweit die anders ge-
richtete Betätigung auf dem ganzen ästhetischen
Kulturgebiet von analogen Umwälzungen auf Gebieten
des übrigen Geisteslebens begleitet wird oder sogar
von diesen bedingt ist, kann nicht untersucht werden.
Hier kann uns nur die Tatsache
dieses Zusammenhanges ein Beweis
dafür sein, daß die Schwenkung in
der Gartenkunst zeitgeschichtlich
begründet und notwendig ist.

In erster Linie lag es allen
künstlerisch tätigen Berufszweigen
daran, das Wesentliche ihrer
Kunstart herauszuschälen und von
falschen Hüllen zu säubern, die eine
in Kunstfragen skrupellosere Zeit
darübergeworfen hatte. Am klar-
sten sehen wir dieses Bestreben
in der Architektur. Hier war als
das Wesentliche der Schaffensart,
als der Kern architektonischen Ar-
beit, die Raumkunst wiedergefunden
worden, die unter der Übermacht
der „Fassaden-Stilistik“ begraben
war. Zudem wurde die Erkenntnis
wieder gewonnen, daß ein neues
Konstruktionsprinzip (Eisenbau, Be-

wissermaßen selbstverständliche Be-
gleiterscheinung bringen kann.

In der Gartenkunst zeigte sich
das Bestreben nach Wahrhaftigkeit
besonders darin, daß man den fun-
damentalen Gegensatz zwischen
Landschaft und Garten scharf her-
vorkehrte und an der Berechtigung
einer Landschafts-Gärtnerei
zu zweifeln begann. Mit dem Begriff
der Landschaft verbanden wir wie-
der den der Weite, mit dem des
Garten wieder den Begriff des Be-
grenzten, Geschlossenen.

Die Landschaft fassen wir als
das Ergebnis einer jahrmillionen-
langen Erdentwickelung auf, die
sich höchst verschieden in ihrem
geologischen Unterbau, sowie in
ihren Vegetationsformen darstellt.
Die Landschaften in ihren Gegen-
sätzen — Gebirgslandschaft, Step-
penlandschaft, Gletscherlandschaft,
Auenlandschaft, Heide, Marsch, Wüstenlandschaft —
ist das stets unfertige Ergebnis der gewaltigen Erdent-
wickelung selbst, abhängig von großen kosmischen Er-
scheinungen, auf deren Gestaltung der Mensch nicht
den geringsten Einfluß auszuüben vermag, wenn wir
die Kulturlandschaft hier zunächst einmal ausschalten.
Ganz im Gegenteil zeigt sich uns der Garten. Ein
umhegtes Stück Land, in der Form seiner Aufteilung
beherrscht vom rhythmisch schaffenden Menschen, der
ihn mit Gegenständen der Natur bereichert, nachdem
er sie umgeformt hat (Pflanzenzüchtung, Baumschnitt,
Architekturen).

tonbau) einen neuen Stil als ge-

Funkia lancifolia. Nach einer Aufnahme von R. Rothe, Riverton.
 
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