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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 16
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Bitzenberger, A.: Rolle Rad!
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Heick, G.: Der Plattenweg
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Zur Tagesgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0255

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XV, 16

DIE GARTENKUNST.

247

Ihre künstlerische Z w e ck erf ül 1 u ng be-
ginnt da, wo die praktische Zweckerfüllung
auf hört.

Aus dem tiefsten Innern des Künstlergemütes und
der Künstlerseele heraus sind sie geboren und hinein
in des Beschauers Gemüt und Seele finden sie ihren
Weg, wo sie jene Gefühle und Stimmungen wach rufen,
die den Schöpfer selbst beseelten.

Dies muß die Urbestimmung auch jeder
modernen Kunstschöpfung sein, so wie sie
es zu allen Zeiten war.

Wenn ein Kunsterzeugnis in erster Linie prak-
tischen Zwecken dienen soll, wie dies bei denen der
Architektur und des Kunstgewerbes fast ausnahmslos
der Fall ist, so sind Zweckmäßigkeit und Ma-
terialechtheit selbstverständliche Voraus-
setzungen, denn ohne diese Eigenschaften wäre eben
ein Unsinn geschaffen worden.

„Geläuterter Geschmack“ ist die ge-
ringste Eigenschaft eines Künstlertalentes.

Er hat mit Kunst ebensowenig zu tun,
wie praktische Zweck er füllung.

Finden wir beide Eigenschaften in einem Erzeugnis
gepaart, so kann ein solches oberflächlich, — aber auch
nur oberflächlich — wohl einen angenehmen Eindruck
hervorrufen, wie dies viele Gegenstände tun, denen
wir aber in keiner Flinsicht einen künstlerischen Wert
unterschieben.

Diese klare Erkenntnis, das Produkt einer ernsten
Erforschung des inneren Wesens der Kunst, führt uns
glücklich heraus aus den Irrtümern.

Betrachten wir aufmerksam die Kunstschöpfungen
der letzten Zeit in Architektur und Kunstgewerbe, so
entdecken wir das herrlichste Ausdrucksmittel der
historischen Künstlertalente,

die Ornamentik.

Mit vornehmer Bescheidenheit sucht sie Schritt für
Schritt sich den Platz zu erobern, der ihr so wohl ge-
bührt. In lieblichem Linienspiel leuchtet sie uns be-
reits entgegen, als Zierat von Architektur- und kunst-
gewerblichen Werken. (Aber nicht als unnütze Spie-
lereien in verstandenem Sinne der Zweckkünstler.)

Eben die Ornamentik war bei jenen histori-
schen Gartenkunstschöpfungen, die wir heute noch be-
wundern, eines der stärksten Ausdrucksmittel der da-
maligen Künstlertalente, deren Werke für alle Zeiten
ihren so wohlberechtigten Kunstwert behalten werden.

Wirhaben keinenAnlaß, unsmitHänden
und Füßen dagegen zu wehren, daß die Gar-
tenornamentik wieder Eingang findet in un-
serer modernen Gartengestaltung.

Gerade die Ornamentik, mit ihren verschiedenen,
künstlerisch berechtigten Anwendungsmöglich-
keiten im Garten, birgt für unsere moderne Garten-
gestaltung unschätzbare Kunstwerte in sich.

Es ist nicht Aufgabe unserer kritischen Betrach-
tung, des Näheren auf letztere einzugehen. Vielmehr
wollte dieselbe, ohne persönlich jemand nahe zu treten,

in logischer und klarer Weise, irrtümlicher Auffassung
der grundlegendsten Entwicklungsfrage unserer mo-
dernen Gartenkunst entgegentreten und zur Klärung
beitragen. „Rolle weiter Rad“.

Der Plattenweg.

Die moderne Gartenkunst hat mit dem Plattenweg etwas
Neues geschaffen, das wohl Beachtung verdient. Aber ein
solcher neuartiger Weg will auf richtiger Stelle angebracht
sein, soll er in einem wohlgepflegten Garten auch seine Da-
seinsberechtigung haben. Bei einem geometrischen Garten gilt
die gerade Linie und mit dieser geraden Linie die allerhöchste
Sauberkeit. Damit wäre meiner Meinung nach ein Plattenweg
mit seinen unregelmäßigen Plattenkanten, unregelmäßig an-
einandergefügten Steinen, mit allerlei grünendem und blühen-
dem Pflanzenwerk, nicht in rechten Einklang zu bringen. Da
muß schon der auf diesem Wege wandelnde Blumenfreund sorg-
sam darauf achten, daß er, seiner naturliebenden und naturschüt-
zenden Neigung nach, diese Pflanzen und Blüten nicht zertritt.

Wenn ich den englischen Staudengarten auf der Breslauer
Ausstellung betrachte, da meine ich, würde ein sauberer Sand-
weg in der wunderhübschen Anlage anders wirken. Mit
seinen an den Ecken abgebrochenen Platten und Plattenstück-
chen paßte dieser Weg, dem eine malerische Wirkung nicht
abgesprochen werden kann, eher in einen Landschaftsgarten,
aber auch dort nur an einer fein abge wägten Stelle.

Einen idealen Plattenweg sah ich in Düsseldorf in einer
von Herrn Gartenarchitekt Reinh. Ploemann-Düsseldorf neu
umgearbeiteten wundervollen Gartenanlage.

Im Hauptteil derselben ein großer, rechteckiger Rasen-
platz,, eine grüne Rasenfläche ohne jede weitere Bepflanzung.
Nur zwei Blutbuchen flankieren die unteren Ecken. Zu beiden
Seiten breite Staudenrabatten mit einer Bepflanzung! nun, über
diese wird vielleicht einmal an dieser Stelle berichtet. An
der oberen Seite eine Staudenrabatte, begrenzt von einer be-
pflanzten Trockenmauer. Wie wird das blühen, wenn diese An-
lage erst einmal das erste Jahr der Anpflanzung hinter sich hat.

Da möchte nun gerne der Blumenfreund oder die Blumen-
freundin, die Besitzerin des kostbaren Gartens, zwischen den
Stauden wandeln und genießen und pflücken nach Herzenslust.

Zwischen den Stauden, über das lockere und feuchte Erd-
reich ? Da führt denn ein Plattenweg mitten durch die breiteste
der Rabatten. Aber nicht wie ein abgegrenzter Weg, son-
dern wie ein Pfad, der durch die grünen Felder oder durch
die blumigen Wiesen führt. Und dann weiter durch die
Stauden, parallel mit diesem Plattenweg, liegen wieder ein-
zelne Platten, über die sich bequem schreiten läßt, ohne daß
den Stauden zu viel Raum genommen wird. Das ist dann
ein Gehen durch das blühende Reich!

Wenn auch hier hie und da zwischen den Steinen einige
hübsche Trockenpflanzen wachsen, so ist das wieder so natür-
lich: der Same aus der Rabatte ist dort aufgegangen und hat
so liebliche Pflanzenkleinlinge hervorgebracht. Der sorgsam
über den Plattenweg Wandelnde wird diese zarten, beschei-
denen Blümlein gewiß schonen.

So wären also dem Plattenweg, dem aus unregelmäßigen
Steinplatten und Plattenstücken zusammengesetzten Steige, ein
gutes Lob zu sagen und eine weitere Ausbildung zu wünschen.

G. Heick, Kerpen bei Cöln.

Zur Tagesgeschichte.

Das diesjährige Obergärtner-Examen an der Gartenbau-
schule zu Laubegast fand am 30. Juni unter Vorsitz des Kgl.
Regierungs-Kommissars Geh. Rat Prof. Dr. Drude statt. Der
Prüfung hatten sich unterzogen und als Hauptfach „Garten-
kunst“ gewählt die Herren: städtischer Gartentechniker Alb.
 
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