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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 3
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Rasch, Ewald: Bildungsfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0043

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XV, 3

DIE GARTENKUNST.

35

und darüber eben Schulzensuren vorlegen können. Dies
bei den Gartenbauämtern ebenso, wie im Hoch-, Tief-
bau und in der Verwaltung. Dienst ist Dienst, die
Kunst ist dabei Nebensache und wird höchstens als
angenehme Gratiszugabe dankend aber ohne klingenden
Lohn mit eingesteckt. Wenn sich hier und da doch
einige Künstler in behördlichen Stellungen befinden,
so geschieht dies meist nicht auf Grund ihrer künst-
lerischen Fähigkeiten, sondern infolge sehr reich-
lichen Angebots.

Anders in der Privatpraxis. Die Konkurrenz sorgt
auch da für einen sehr gesunden Wettbewerb und
zwingt den einzelnen zur Verbesserung seiner Arbeit
zum fortgesetzten Lernen im eigenen und in anderen
Berufen. Wer da ein schwaches Herz und gar einen
schwachen Kopf hat, kann sich nicht lange in der vorde-
ren Reihe halten, und muß das Rennen aufgeben, selbst
wenn das Sattelzeug und der Gaul noch so gut sind.

Und lediglich diese Tüchtigsten in der Privatpraxis
sind es, die unseren Beruf fördern, die die Schulen und
Behörden zwingen, auch ihre Leistungen zu steigern.

Die landläufige Ansicht, daß wir nur guten
Schulunterricht brauchen um unseren Beruf zu
heben, ist also sehr wenig haltbar. In künstlerischer
Hinsicht vermag eine Schule schon gar keinen maß-
gebenden Einfluß auf die Fachwelt auszuüben. Dazu
ist auch die Praxis des Lebens glücklicherweise zu
stark. Das Zusammenarbeiten mit den Architekten
und vor allem die Teilnahme an der Entwickelung des
Kunstgewerbes wird bei künstlerisch empfindenden
und schaffenden Persönlichkeiten läuternd und frucht-
bildend wirken. Wohl dem, der sich durch die Schule
Unbefangenheit und klaren Blick wahren konnte.

Wie wäre es nun, wenn wir es ebenso machten
wie es sonst in der Kunst viel üblich ist? Sowohl bei
Malern, Bildhauern, Musikern, bei Architekten und im
Kunstgewerbe? Lassen wir doch mal zunächst die
Schule in gewohnter Weise ihre Schuldigkeit tun; sie
wird sowieso Rücksicht auf die Entwickelung der
Praxis nehmen müssen, wenn sie ihr Ansehen nicht
verlieren will. Bürden wir der Schule auch keine Auf-
gaben auf, welche sie weder durch Lehrplan lösen
kann, noch mit ihren spezialistisch gebildeten Lehr-
kräften. Auch dort, wo wirklich ein Künstler mit der
„künstlerischen“ Bildung der Schüler beauftragt ist,
sind die Erfolge für den Gesamtberuf ohne nennens-
werten Belang.

Geben wir vielmehr jedem, der das Zeug dazu in
sich fühlt, ganz egal ob er als stud. hört. a. D. oder
Gärtnergehilfe kommt, Gelegenheit, sich auf einem
tüchtigen Privatbureau die Bildung zu holen, die er noch
nötig zu haben glaubt. Er kann da als Schüler oder
Volontär so lange arbeiten und lernen wie er will oder
seine Befähigung erlaubt, erhält ganz individuelle Be-
handlung und lernt vor allem sich mit der Praxis so-
wohl im Bureau als auf Außendienst zurechtzufinden
unter Anleitung des Lehrers oder einer ihn führenden
älteren Kraft.

Hier ist es auch eher möglich mittelmäßige und
minderwertige Kräfte auszuscheiden, denselben klar
zu machen, wo sie noch etwas nützen können. Aber
andererseits finden wirklich tüchtige Kräfte (und nicht
bloß sogen. Talente) hier auch eher Gelegenheit zur
Entfaltung und durch stärkere persönliche Einflüsse
können vorhandene Keime und besonders persönliche
Qualitäten, welche zwar nichts mit dem Beruf an sich
zu tun haben, jedoch für seine künstlerische Ausübung
unerläßlich sind, entwickelt und gestärkt werden.

Die einzige Frage, welche noch zu lösen ist, wäre,
welchen unserer führenden Bureaus der vorhandene
Raum und vorhandene Kräfte die Aufnahme von
Schülern oder Volontären gestattet.

Was heute eben überall und nicht nur in unserem
Beruf als schädlich empfunden wird und woran die
übermäßige Anzahl der Schulen mitschuldig ist, ist
das Übermaß von Mittelmäßigkeiten, welches die An-
sprüche des Publikum, durch seine laxe aber geschwol-
lene ,,Kunst“produktion verwässert statt reizt.

Um diese kulturfeindliche Mittelmäßigkeit zu
bekämpfen, sollte den Tüchtigsten, wo es nur geht,
die Hand gereicht werden, damit sie an der Hebung
des Berufes mitarbeiten können. Eine weitere fort-
gesetzte Auslese wird dann schon für die maß-
gebenden Stellen einen Nachwuchs zur Verfügung
stellen, welcher im Interesse der Allgemeinheit und
des Standes gefordert werden muß. Allererste Qualität
als Menschen, Künstler und Fachleute.

Wir sollten doch die Schulbildung nicht über-
schätzen und glauben, daß das Schulzeugnis oder
Titelchen Bürgschaft für eine tüchtige Kraft sind, oder
daß hübsche und saubere Zeichnungen oder Bilderchen
auf einen Künstler schließen lassen.

Nun zum Schluß noch ein Wort über die Aus-
bildung auf dem Bureaus des Gartenarchitekten. Sobald
man bemerkt, daß der Schüler oder Volontär nicht
das Zeug hat, sich zu einer ersten Kraft zu entwickeln,
sollte jede Mühe der Ausbildung für tüchtigere Kräfte
aufgespart werden. Nur die tüchtigsten Kräfte unseres
Berufes haben etwas auf dem Bureau zu suchen.

Die Ausbildung selbst kann nie sorgfältig genug
erfolgen. Gilt es doch Kräfte zu wecken, Anlagen zu
entwickeln und zu fördern um die höchsten Ziele
unseres Berufes zu erreichen. Hierzu ist es ganz un-
erläßlich, daß uns das persönliche Allgemeinmensch-
liche behilflich ist. Nichts würde sich mehr rächen
als Oberflächenkultur. Das sollten wir Gärtner doch
selbst am besten wissen. Was hilft uns alle technische
und zeichnerische Routine, wenn ein minderwertiger,
ehrloser oder auch nur mittelmäßiger Charakter da-
hinter steckt? Auch hier heißt es, solche Leute so
schnell wie möglich für den Stand unschädlich machen.

Schönheit sollte für uns in jeder Beziehung Ziel,
Triebkraft und Ursprung alles Schaffens, Denkens und
Lebens sein. Gewiß, die Schönheit ist oft unscheinbar,
das Mittelmäßige, hübsche geleckte gefällt der großen
Masse oft besser. Der Gartenarchitekt sollte aber
 
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