Die Gartenkunst — 15.1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0130
DOI issue:
Nr. 9
DOI article:Rasch, Edgar: Barock
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122
DIE GARTENKUNST.
XV, 9
Heckenportal. Entwurf von E. Rasch, Stuttgart.
in England hatte man jedoch die Anzucht derartiger Ge-
hölze nicht aufgegeben. Instinkt- und vernunftmäßig
fühlte man dort, daß diese Artikel nur so lange außer
Brauch kommen konnten, als die Gartenkunst die Ge-
Landschaftskrankheit durchmachte.
Ganz richtig zeigt sich die Berechnung, denn man
lernt heute wieder die Schönheiten und Reize des
„Heckengartens“ mit all den allerliebsten, gärtnerischen
Kunstfertigkeiten schätzen.
Es geht dem Heckengarten wie dem „Parterre“
und dem Teppichbeet und den Gartenarchitekturen.
Im Landschaftsgarten war kein rechter Platz dafür, da
sie nun einmal architektonische Grundlagen erfordern.
Die Schönheit des Materials zu zeigen ist doch keine
Kunst. Das sollte aber das Endziel unserer Kunst im
„natürlichen“ Garten angeblich sein. Beim Bau- und
Kunstgewerbe ist die allein seligmachende Materialecht-
und -rechtheit längst überwundener
Standpunkt und wenn man im Kunst-
gewerbe die Figur des Menschen und
allerlei lustige Viecher in Holz, Eisen
und anderem Material nachbildet, ver-
mag ich nicht einzusehen, warum ein
„kunstgeübter“ Gärtner auf Hecken,
Pyramiden und Kugeln nicht Pfauen,
Hühner, Hunde und Jäger mit dem
Schießgewehr aufzüchten sollte. Die
Formen sind schon durch Technik und
Material derartig stilisiert, daß von
einer naturgetreuen Nachbildung gar
keine Rede ist. Was wir dem Bild-
hauer ohne weiteres zubilligen, ist uns
auch ein Recht.
Wir sollten uns doch freuen, un-
serem Beruf das alte Betätigungsfeld
wieder zurückzugewinnen. Wieviele
Baumschulen könnten da lohnende Er-
werbsmöglichkeiten finden ?
Daß so etwas zu Auswüchsen führt,
schadet nichts; Auswüchse gibt’s über-
all. Wir haben es aber selbst in der
Hand, dafür zu sorgen, daß die Sache
in gesunden Bahnen bleibt. Schließlich bietet Material
und Technik Grenzen, über die hinaus es nicht geht.
Wohin damit?
Für die Anlage von Hecken bieten die allermeisten
Gärten reichlich Gelegenheit. Ob derartiges in archi-
tektonischen Formen mit Nischen, Pfeilern, Lauben,
Portalen, im Rasen Arabesken mit Zierpyramiden und
dergl. als selbständige Anlage ohne oder mit Blumen
auftritt oder ob die Zierhecke Rosarien oder Blumen-
gärten umschließt, überall lassen sich reizvolle Ge-
bilde schaffen.
Ich habe mich gewundert, daß man so wenig von
dergleichen bemerkt, allenfalls ganz grobe Sachen von
Buchen oder Linden oder immergrüne Anlagen aus
der wilden Teppichbeetzeit. Woran liegt das?
Halten unsere Baumschulen kein Material vorrätig ?
Die im Seeklima Hollands und Englands gewachsenen
Gehölze sind für unser kontinentales Klima selten von
Dauer. Ich habe die Kataloge vergeblich danach
durchgeblättert. Bux in Kugel- und Pyramidenform
ist wohl zu bekommen, doch das ist ein Tröpflein auf
den heißen Stein.
Was hilft uns das Rohmaterial, welches erst nach
zehn- und mehrjähriger sachgemäßer Behandlung im
Garten einigermaßen erkennen läßt, was daraus einmal
werden soll.
John Bull und Ohm Piet haben die Formen fertig
zu verkaufen. Dort sind sie soweit gezogen, daß selbst
Spitzenfiguren in der Anlage soweit fertig sind, daß
ihre weitere Behandlung dem Gärtnergehilfen bei der
Privatgartenpflege keine Schwierigkeiten mehr macht.
Die Anzucht derartiger Zierformen müßte doch
für manche Baumschule eine lohnende Spezialität wer-
95xii^porfaf zu
u- Cfijasfon - '€asffb,
9x?rbijsf)ire.
DIE GARTENKUNST.
XV, 9
Heckenportal. Entwurf von E. Rasch, Stuttgart.
in England hatte man jedoch die Anzucht derartiger Ge-
hölze nicht aufgegeben. Instinkt- und vernunftmäßig
fühlte man dort, daß diese Artikel nur so lange außer
Brauch kommen konnten, als die Gartenkunst die Ge-
Landschaftskrankheit durchmachte.
Ganz richtig zeigt sich die Berechnung, denn man
lernt heute wieder die Schönheiten und Reize des
„Heckengartens“ mit all den allerliebsten, gärtnerischen
Kunstfertigkeiten schätzen.
Es geht dem Heckengarten wie dem „Parterre“
und dem Teppichbeet und den Gartenarchitekturen.
Im Landschaftsgarten war kein rechter Platz dafür, da
sie nun einmal architektonische Grundlagen erfordern.
Die Schönheit des Materials zu zeigen ist doch keine
Kunst. Das sollte aber das Endziel unserer Kunst im
„natürlichen“ Garten angeblich sein. Beim Bau- und
Kunstgewerbe ist die allein seligmachende Materialecht-
und -rechtheit längst überwundener
Standpunkt und wenn man im Kunst-
gewerbe die Figur des Menschen und
allerlei lustige Viecher in Holz, Eisen
und anderem Material nachbildet, ver-
mag ich nicht einzusehen, warum ein
„kunstgeübter“ Gärtner auf Hecken,
Pyramiden und Kugeln nicht Pfauen,
Hühner, Hunde und Jäger mit dem
Schießgewehr aufzüchten sollte. Die
Formen sind schon durch Technik und
Material derartig stilisiert, daß von
einer naturgetreuen Nachbildung gar
keine Rede ist. Was wir dem Bild-
hauer ohne weiteres zubilligen, ist uns
auch ein Recht.
Wir sollten uns doch freuen, un-
serem Beruf das alte Betätigungsfeld
wieder zurückzugewinnen. Wieviele
Baumschulen könnten da lohnende Er-
werbsmöglichkeiten finden ?
Daß so etwas zu Auswüchsen führt,
schadet nichts; Auswüchse gibt’s über-
all. Wir haben es aber selbst in der
Hand, dafür zu sorgen, daß die Sache
in gesunden Bahnen bleibt. Schließlich bietet Material
und Technik Grenzen, über die hinaus es nicht geht.
Wohin damit?
Für die Anlage von Hecken bieten die allermeisten
Gärten reichlich Gelegenheit. Ob derartiges in archi-
tektonischen Formen mit Nischen, Pfeilern, Lauben,
Portalen, im Rasen Arabesken mit Zierpyramiden und
dergl. als selbständige Anlage ohne oder mit Blumen
auftritt oder ob die Zierhecke Rosarien oder Blumen-
gärten umschließt, überall lassen sich reizvolle Ge-
bilde schaffen.
Ich habe mich gewundert, daß man so wenig von
dergleichen bemerkt, allenfalls ganz grobe Sachen von
Buchen oder Linden oder immergrüne Anlagen aus
der wilden Teppichbeetzeit. Woran liegt das?
Halten unsere Baumschulen kein Material vorrätig ?
Die im Seeklima Hollands und Englands gewachsenen
Gehölze sind für unser kontinentales Klima selten von
Dauer. Ich habe die Kataloge vergeblich danach
durchgeblättert. Bux in Kugel- und Pyramidenform
ist wohl zu bekommen, doch das ist ein Tröpflein auf
den heißen Stein.
Was hilft uns das Rohmaterial, welches erst nach
zehn- und mehrjähriger sachgemäßer Behandlung im
Garten einigermaßen erkennen läßt, was daraus einmal
werden soll.
John Bull und Ohm Piet haben die Formen fertig
zu verkaufen. Dort sind sie soweit gezogen, daß selbst
Spitzenfiguren in der Anlage soweit fertig sind, daß
ihre weitere Behandlung dem Gärtnergehilfen bei der
Privatgartenpflege keine Schwierigkeiten mehr macht.
Die Anzucht derartiger Zierformen müßte doch
für manche Baumschule eine lohnende Spezialität wer-
95xii^porfaf zu
u- Cfijasfon - '€asffb,
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