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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 17
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Heicke, Karl: Die Breslauer Gartenbau-Ausstellung zur Jahrhundertfeier, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0272

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264

DIE GARTENKUNST.

XV, 17

noch viel leichter versagen, wenn es gilt Gärten darzu-
stellen, bei denen unsere Phantasie nicht in der Lage
ist, uns über die unvermeidlichen Unvollkommenheiten
hinweg zu helfen.

Dagegen erinnere ich mich, auf einer der letzten
Ausstellungen in Düsseldorf geschichtliche Gartenbilder
in Form eines Dioramas gesehen zu haben, die infolge
ihrer Abgeschlossenheit und der durch künstliche Mittel
erzielten Bildwirkung einen viel eindrucksvolleren Be-
griff solcher Gärten vermittelten, als es jene mit echtem
Pflanzenmaterial ausgeführten Breslauer Gärten vermoch-
ten. Und das ist es doch worauf es ankommt: Ein
überzeugendes abgerundetes Bild der jeweiligen Garten-
form zugeben, nicht aber Gewächse in einer den Gärten
früherer Zeiten entlehnten Pflanzweise zu zeigen.

Ich habe bei diesen Ausführungen bisher des
bürgerlichen Gartens aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts, der nach dem Vorbild eines zu seiner Zeit
wohlbekannten Gartens im Besitze des Breslauer Arztes
Laurenzius Scholz ausgeführt war, nicht besonders ge-
dacht. Dieser Scholzsche Garten war einst eine Bres-
lauer Sehenswürdigkeit, und wenn auch kein Bild
oder Plan, so sind doch eingehende Beschreibungen
erhalten, nach denen es möglich war, den Garten mit
einiger Wahrscheinlichkeit zutreffend zu rekonstruieren.
Er war durch einen Hauptweg und mehrere Querwege
in regelmäßige mit Buchsbaum eingefaßte Felder geteilt;
eine der dem Eingang gegenüber liegenden Wegkreu-
zungen war mit einer achteckigen Laube besetzt und
ein Laubengang mit hervortretendem Mittelstück schloß
ihn an seiner rückwärtigen Grenze ab. Die Beete und
Rabatten waren entsprechend den Liebhabereien des
Besitzers, der als Arzt und Pflanzenfreund viele zu
jener Zeit bekannte Stauden und Kräuter gesammelt
hatte, mit allerlei Gewächsen besetzt, wie wir sie in
den alten Hausgärten auf dem Lande noch vor nicht
langer Zeit anzutreffen gewöhnt waren. Seine ganze
Aufmachung und Grundrißanordnung enthielt soviel
Anklänge an unsere neuzeitliche Hausgartenform, daß
dieser Scholzsche Garten fast aus dem Rahmen der
geschichtlichen Gärten herausfiel und als ein garnicht
übles Beispiel für einen bürgerlichen Hausgarten der
Jetztzeit gelten konnte. Dabei kam ihm die Schlicht-
heit seiner Bepflanzung (Buchsbaum, Federnelken,
Calendula, Verbascum, Moosrosen und Centifolien,
Jelängerjelieber u. a.) nicht minder, wie der, gegenüber
dem vielen weißen Lattenwerk der anderen Gärten
wohltuend berühende holzbraune Farbenton der Lauben
sehr zustatten, um einen äußerst behaglichen und ge-
mütlichen Eindruck zu erwecken. Auch der Abschluß
des Gartens an dem vorbeiführenden Hauptweg paßte
sich dem Ganzen ausgezeichnet an. Herr Hanisch,
der neben Dannenberg sich in vieler Beziehung um
die Gartenbau-Ausstellung verdient gemacht hat, kann

mit der Lösung der besondern Aufgabe, die ihm hier
gestellt war, sehr zufrieden sein.

In gewissem Sinne steht auch der Japanische
Garten, den Breslau sich so wenig, wie die meisten
sonstigen Ausstellungen der letzten Jahre versagt hat,
mit der Tendenz der Vorführung geschichtlicher Gärten
im Zusammenhang. Man darf Japan-Gärten, die die
Gartenauffassung eines uns in seinem Denken und
Fühlen trotz lebhafter äußerer Beziehungen fremd
und verschlossen gebliebenen Volkes zum Ausdruck
bringen und von uns wahrscheinlich auch bei gelegent-
licher Mitwirkung japanischer Künstler und Fachleute
nur in ihrer äußeren Erscheinungsform begriffen werden,
nicht ohne weiteres als Vorbilder für unsere Gärten
ansprechen*). Trotzdem uns die Seele des echten Japan-
gartens fremd bleibt, kann manches, was der Japaner
uns zeigt, namentlich die liebevolle Behandlung des
Details, die Gewandtheit in der Zusammenstellung
malerischer Gruppierungen, das Feingefühl in der Aus-
stattung der Gärten mit Kleinarchitekturen, Bildwerken
u. dergl. ohne weiteres als vorbildlich bezeichnet werden.

Was nun den in Breslau vorgeführten Japangarten
anbelangt, so war er offenbar etwas zu weiträumig ange-
legt. Es kam das daher, weil der Garten in den be-
stehenden Park ohne Beeinträchtigung seiner Baum-
und Strauchgruppen eingefügt werden und in seiner
Grundrißform der vorhandenen Teichanlage folgen
mußte. Infolgedessen waren seine einzelnen Teile etwas
sehr auseinander gezogen und durch heimisches Baum-
und Strauchwerk unterbrochen. Wenn es trotzdem ge-
lungen ist, ein befriedigendes Gesamtbild und eine
ganze Reihe hübscher Szenerien zu schaffen, so haben
die Ausführenden damit persönliche Geschicklichkeit
in der Überwindung von Schwierigkeiten und bei der
Durchbildung der Einzelheiten künstlerisches Können
bewiesen**). Immerhin mag der Breslauer Japangarten
Veranlassung geben, sich bei künftigen Gelegenheiten
in der Raumabmessung etwas mehr zu beschränken,
schon um es bei der Beschaffung geeigneten Pflanzen-
materials leichter zu haben***).

*) Ich habe Gelegenheit gehabt, mit einem japanischen
Künstler bei der Schaffung eines Japangartens mitzuwirken,
und ein anderes Mal einer vornehmen Japanerin bei Blumen-
arrangements geholfen. In beiden Fällen lief3en mich Verstand
und Gefühl im Stich, um vielen Einzelheiten, Feinheiten, auf
die größter Wert gelegt wurde, zu begreifen.

**) Die Pläne der Anlage verdankte die Ausstellungsleitung
dem Reichsgrafen von Hochberg auf Haibau, einem der besten
Kenner japanischer Kultur, seinem Garteninspektor Anlauf
wertvolle Mitwirkung bei der Ausführung.

***) Die Wasserbeckenbepflanzung mit tropischen Nym-
phäen u. dergl. besorgte die Großherzogliche Gartenverwaltung
in Darmstadt, deren Chef, Oberhofgarteninspektor Dittmann,
in diesem Zweige der Pflanzenzucht bekanntlich Hervorragendes
leistet.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg;. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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