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Die Gartenkunst — 15.1913

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Zur Jahreswende!
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XV, 1

DIE GARTENKUNST.

1

Zur Jahreswende!

in Vierteljahrhundert war in diesem Jahre
verstrichen seit Gründung unserer Gesell-
schaft. Eine kurze Spanne Zeit, wenn man
zurückblickt, eine lange, wenn sie vor
einem liegt. Es war ein Fachverein, der im Jahre 1887
in Dresden als „Verein Deutscher Gartenkünstler“
aus der Taufe gehoben wurde zur Förderung der
Gartenkunst und der Gartenkünstler. Noch lebt eine
Anzahl der wackeren Männer, welche bei diesem
Tauffeste Pate standen und es muß sie wohl mit
freudiger Genugtuung erfüllen, wenn sie sehen, wie
aus dem schwachen Täufling ein gesunder, lebenskräftiger
Mann wurde, der manche segenbringende Arbeit seit-
her verrichtet hat, der aber den Willen und wohl auch
die Kraft hat, noch weitere Arbeit zu leisten und zu
vollbringen.

Es war auch eine bewegte Zeit, welche in diesen
25 Jahren vorbeigeflossen, eine Zeit der Gärung und
Entwickelung, besonders im letzten Jahrzehnt. Die An-
schauungen über Gärten, Gartengestaltung und Garten-
kunst sind nicht dieselben mehr, wie die vor 25 Jahren.
Große Wandlungen haben sich während dieser Zeit
vollzogen, Wandlungen, die eine völlig andere Auf-
fassung auf kulturellem und künstlerischem Gebiete mit
sich brachten. Daß diese Zeit der Gärung und Ent-
wickelung nicht ohne Kampf vor sich gehen konnte,
ist begreiflich und es ist auch gut, denn, wie sagte
doch Moltke: „Der ewige Friede ist ein Traum und
nicht einmal ein schöner Traum“, der Kampf aber ist
ein Naturgesetz, der Keim einer gesunden Fortentwicke-
lung. Aber nun sind diese Kämpfe doch mehr oder
weniger zum Abschluß gekommen und nun heißt es
in ruhiger steter Weiterentwickelung den Zielen zu-
zusteuern, die in jenen Kämpfen uns als erstrebens-
wert vorangeleuchtet haben. Es soll nicht bestritten
werden, daß die ersten bahnbrechenden Reformver-
suche in der Gartenkunst von Nichtfachleuten gemacht
wurden, aber das eine ist ebenso unbestreitbar, daß
es von Anfang an Männer unter den Fachgenossen gab,
welche nur geringer Anregung bedurften, um die neuen
Gedanken selbständig und zielbewußt weiterzuent-
wickeln. Gerade diese Entwickelung der fortschrittlich
gesinnten Berufsgenossen muß als eine gesunde be-
zeichnet werden. Nie verloren diese Männer bei aller
Weiterentwickelung den festen Boden der Praxis unter
den Füßen, um sich in Utopien zu verlieren, nie auch
gehörten sie zu denen, die die Vorzüge und Schön-
heiten der landschaftlichen Gestaltungsart verkannten

und mißachteten, wenngleich sie dem regelmäßig ge-
stalteten Garten wieder zu seinem vollen Rechte und
zur Anerkennung seiner heute nicht mehr umstritte-
nen Schönheit zu helfen suchten. Auch fernerhin wird
diese Weiterentwickelung vornehmlich durch die Fach-
leute zu erfolgen haben, während neue Anregungen
ebensogut aus Laienkreisen erfolgen werden und er-
folgen müssen. Eines der wichtigsten Mittel in dieser
Periode der Entwickelung ist und war unsere Zeitschrift
„Die Gartenkunst“. Es ist sehr interessant, wenn man
die IO letzten Jahrgänge durchblättert, wie man Schritt
für Schritt diese Weiterentwickelung verfolgen, kann
und wenn man sieht, wie hier voranschreitend versucht
wurde, die rechten Wege und die neuen Ziele zu weisen.

So soll’s auch in Zukunft gehalten werden, die
Gartenkunst wird und muß bestrebt sein, ihrer Führer-
rolle treu zu bleiben, ohne Voreingenommenheit wird
alles Neue geprüft werden mit der Absicht, das Wert-
volle zur Kenntnis der Leser zu bringen, wo auch
immer es gefunden werden mag.

Aber in Zukunft wird doch allmählich, den jeweiligen
Bedürfnissen Rechnung tragend, eine Änderung im In-
halt der Zeitschrift eintreten müssen. Nachdem über
die Gestaltungsart der Gärten und Gartenräume all-
mählich Klarheit eintreten wird, dürfte es sich dann
darum handeln, diese Gärten nun wieder gartenmäßig
so auszustatten, daß allen Anforderungen Rechnung ge-
tragen wird. Es wird die rohe Form, die zuerst gefun-
den wurde, nun gefeilt werden müssen, bis endlich der
Garten in seiner höchsten Vollkommenheit vor uns steht.

Wie der Garten ausgestattet werden soll mit Blumen
und Pflanzen und Architekturen, so zwar, daß alle
diese vielen Einheiten sich zu einem organischen Ganzen
von schönem Ebenmaß und von edlem Charakter ver-
binden, das eben ist die Kunst, die gelernt werden
muß. Aber um Pflanzen gut und richtig zu verwenden,
muß man sie kennen, nicht nur ihre Art und ihr Aus-
sehen, sondern auch ihre Wachstums- und Lebens-
bedingungen.

Es hat hier also nicht nur der Künstler, sondern
auch der erfahrene Praktiker gefragt zu werden. So
geht es mit den Pflanzen und so geht es mit dem
baulichen Schmuck des Gartens. Es muß zunächst die
gute und richtige Zweckform für den praktischen Ge-
brauch gefunden werden und dann ist didse Zweck-
form derart in eine edle Form zu kleiden, daß auch
unser Schönheitsgefühl zum Recht kommt, ohne daß
die Zweckform und der Gebrauchswert darunter leidet.
 
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