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Die Gartenkunst — 15.1913

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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der "D. G. f. G." nach Frankreich, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0017

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XV, 1

DIE GARTENKUNST.

9

Groß-Trianon: Brunnenfontaine aus buntem Marmor.
Aufnahme von R. Hoemann, Düsseldorf.

ist wieder umrahmt und umgeben
von einem großen Parkwalde, der
kreuz und quer von Alleen und
heckenartig geschnittenen Baum-
gängen durchzogen ist. In den
Wald waren dann wieder vielerlei
Räume (cabinets et salles) einge-
baut, die heute verlassen und leider
teilweise verwildert da lagen, gleich-
wie die meisten der Baumgänge.

Es ist betrüblich, wenn man in die-
sen Teilen den Verfall fortschreiten
sieht, der langsam die einstige
Pracht versinken läßt, für manche
aber bietet doch die stille, schlichte
Waldschönheit einen Ersatz. Nur
dort, wo besondere Prunkstätten
waren, z. B. an der üppigen, aus
buntem Marmor erstellten und mit
Bronzefiguren geschmückten Brun-
nenfontaine (un buffet d’architec-
ture) (siehe Abb.), oder an dem
hermengeschmücktenRundbrunnen
(siehe Abb.) war die Unterhaltung eine etwas bessere.

In der Nähe von Groß-Trianon liegt dann noch
Klein-Trianon. Auch Klein-Trianon ist von ziemlich
großen Parkanlagen umgeben, doch tragen sie teilweise
anderen Charakter. Klein-Trianon ist späteren Ursprungs.
Ludwig XV. ließ das Schlößchen durch Gabriel erbauen,
es war später der Lieblingsaufenthalt Marie Antoinettes,
auch die Kaiserin Marie Louise bewohnte es des Öfteren.
Der Park ist in landschaftlichem Stile angelegt und
zwar in durchaus großzügiger Auffassung mit vorzüg-
lich gelungenen, durchaus malerisch behandelten Park-
szenerien. Man kann es wohl verstehen, wenn die
Damen des Hofes sich aus dem streng gezogenen
Heckengarten von Versailles, wo die Pflanze keinen
Einzelcharakter mehr besitzen durfte, wo sie sich unter-
ordnen mußte als ein winziger Teil eines großen
Ganzen unter Preisgabe ihres natürlichen Wuchses und
ihrer natürlichen Schönheit, wie-
der zurücksehnten in einen Garten,
in welchem die Pflanze wieder der
Natur überlassen wurde und somit
ihre eigene unübertreffliche Schön-
heit entwickeln durfte. So ent-
stand auch in diesem Park das be-
rühmte Hameau, ein reizendes Dörf-
chen mit etwa einem Dutzend klei-
nen Landhäusern, im einzelnen viel-
leicht etwas kleinlich und spiele-
risch, im ganzen aber von einem
durchaus befriedigenden Gesamt-
eindruck. Hier vergnügten sich die
Hofdamen als Bäuerinnen verklei-
det in lustigem Schäferspiel, man
nannte es wohl Rückkehr zur Natur
und merkte nicht, daß man von

einem Extrem ins andere fiel. Mancher wird wohl
in diesem Naturpark, den er im Anschluß an die
großen Versailler Gärten durchwanderte, sich gesagt
haben, diese Form der Parkgestaltung ist doch
die bei weitem reizvollere. Es birgt zweifellos ein
solcher Park, wenn er so gut angelegt ist wie dieser
Park von Klein-Trianon, ungemein viel Reize und Schön-
heiten, sehr viele sehenswerte Details, man fühlt sich
auch vielleicht froher und ungezwungener und doch
birgt der regelmäßige Garten, wenn er gut ist, höhere
Kunstwerte. Das wurde mir nun so recht noch ein-
mal klar, als ich den kleinen regelmäßigen Garten,
der die Verbindung von Groß-Trianon nach Klein-
Trianon bildet, betrat. Dieser Garten ist ein Kabinett-
stück von auserlesener Schönheit. So außerordentlich
glücklich ist der Garten an die Giebelseite des Schlöß-
chens angegliedert, so vorzüglich abgewogen sind alle

Groß-Trianon: Hermengeschmücktes Fontainen-Rondell. Aufn. von R. Hoemann.
 
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