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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 1
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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienreise der "D. G. f. G." nach Frankreich, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0018

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10

DIE GARTENKUNST.

XV, 1

Groß-Trianon: Blick von der Terrasse auf den großen Kanal.
Aufnahme von Gartenarchitekt Bertram, Dresden.

Groß-Trianon: Spiegelbassin. Aufnahme von Gartenarchitekt Th. Ott, Aachen.

Verhältnisse, so klar und wohlgeordnet, so vornehm
und ruhig und doch wiederum so traut und heimelich
mutet einem dieser Garten an, daß ihm das vorher aus-
gesprochene Lob wohl zukommt. Dabei ist der Park
eigentlich ganz einfach. Eine kleine Blumenterrasse,
ein schmaler Rasenspiegel in der Mitte von einem
Wasserbecken unterbrochen, eingefaßt von einer ein-

fachen, und vom Wasserbecken an,
doppelten Reihe geschnittener Bäu-
me, im Bildhintergrund ein köst-
licher Gartenpavillon in muster-
haften Verhältnissen, das alles ist
so wenig eigentlich und doch ist
es soviel!

Die beigegebenen Bilder lassen
leider die volle Schönheit dieses
ausgezeichneten Gartens nicht ganz
erkennen, unser Auge sieht doch
etwas anderes als das Objektiv der
Kamera, dabei fehlt dem Bilde
noch die Farbe, aber man kann
doch ahnen, wie es wohl ist und
die, welche dort waren, werden
das Bild in ihrem Gedächtnis re-
konstruieren. Dabei hat dieser
kleine Schloßgarten Dimensionen,
die nicht so ungewöhnlich sind.
Es wird wohl keiner von uns je-
mals vor die Aufgabe gestellt wer-
den, die Lenotre in Versailles zu
lösen hatte, aber es wird mancher
von uns Gärten zu schaffen haben,
die den Garten von Klein-Trianon
an Größe übertreffen und bei welchem die aufgewen-
deten Mittel ausreichen würden, zu einem Aufwand,
wie v/ir ihn in Klein-Trianon finden. Gerade hier hat
sich der ausführende Meister weise Beschränkung
auferlegt und ein Teil des Erfolges liegt sicherlich
in dieser Beschränkung. Der Garten ist ebenfalls um-
geben von einem hainartig gehaltenen Teile mit
allerlei Nebenräumen, sie sind
ebenfalls wohlproportioniert, spie-
len aber nur eine nebensächliche
Rolle, auch ohne diese Neben-
teile würde der beschriebene mitt-
lere Teil kaum etwas an Schön-
heit verlieren. Wenn ich mich
heute rückerinnere an all die vielen
Gartenschöpfungen, die ich im
Laufe der letzten 25 Jahre ge-
sehen, so muß ich wohl sagen,
keiner von all diesen Gärten hat
nach meinem Empfinden den
Garten von Klein-Trianon an
vornehmer, ruhiger Schönheit
übertroffen, keiner der Gärten
hatte einen höheren Stimmungs-
gehalt, keiner hatte so wohlabge-
wogene, edle Raumverhältnisse.
Klein-Trianon sollte jeder Garten-
gestalter sehen, er wird es nie
vergessen.
 
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