Die Gartenkunst — 15.1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0023
DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:Encke, Fritz: Über den Wert der Anpflanzungen auf Schulhöfen
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XV, 1
DIE GARTENKUNST.
15
2 bis 3 Minuten, so daß man zusehen kann,
wie sich die Knospe zur Blume entfaltet.
Sie blüht nur während der Nacht, wo sie
durch ihren Duft die Nachtfalter zur Bestäu-
bung anlockt.
Viele Pflanzen, z. B. Rosa canina
(Heckenrose) drehen ihre Blüte, dem Gang
der Sonne folgend.
Ferner sei auf mancherlei Verbreitungs-
arten des Samens hingewiesen. Impatiens
nolitangere (Springkraut) und die Garten-
balsamine schleudern bei Berührung der rei-
fen Frucht die Samen nach allen Seiten.
Endlich seien noch einige Haftvorrich-
tungen genannt. Der Stamm von Tropaeo-
lum majus (Kapuzinerkresse) klettert mit
Hilfe rankender Blattstiele, Hedera (Efeu) mit
Klammerwurzeln, Kumulus lupulus (Hopfen)
hat einen rechtswindenden Stamm mit
6 Reihen Kletterhaken, Ipomaea purpurea
(Trichterwinde), Lonicera caprifolium (Je-
längerjelieber) sind linkswindend, Lycium
barbarum (Bocksdorn) hat einen flechten-
den Stamm.
Diese Beispiele mögen genügen um zu
zeigen, welcher Art die an den Pflanzen des
Schulhofes zu machenden Beobachtungen
sind. Es ist leicht einzusehen, daß diese
nicht am toten Exemplar, auch meist nicht
bei einmaliger Betrachtung gemacht wer-
den können. Es bedarf aber wohl kaum des
Hinweises, wieviel wertvoller die vom Schüler
selbst an der lebenden Pflanze gemachte Be-
obachtung ist als eine Beschreibung oder
zeichnerische Vorführung dieser Vorgänge. .
Der erste Weg hat denVorzug eigener Er-
fahrung, welcher bei dem Schüler Freude,
Interesse und eine gewisse Genugtuung er-
weckt. Letzterer kommt immer auf ein
„Schwören auf die Worte des Lehrers“ hin-
aus, was besonders im naturkundlichen Un-
terricht doch wohl möglichst zu vermeiden ist.
So einleuchtend die geschilderten Vor-
züge der Schulhofbepflanzung nun sein
mögen, so wird ihr Nutzen auf unterricht- .
lichem Gebiet in der Wirklichkeit nicht
immer in dem Maß erreicht, als es wohl ge-
schehenkönnte und sollte. In großen Städten
wird die Bepflanzung und Pflege meist durch
die Gartenverwaltung bewirkt, wobei die
oben skizzierten Grundsätze wohl Berück-
sichtigung finden mögen. Vielfach erfolgen
diese Einrichtungen auch im Einvernehmen
mit der Schulleitung. Damit ist es aber
nicht getan; denn die erfolgreiche Nutzbar-
machung liegt in der Hand des Lehrers. Nur
wenn dieser Zeit und Mühe nicht scheut,
1:500.
DIE GARTENKUNST.
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2 bis 3 Minuten, so daß man zusehen kann,
wie sich die Knospe zur Blume entfaltet.
Sie blüht nur während der Nacht, wo sie
durch ihren Duft die Nachtfalter zur Bestäu-
bung anlockt.
Viele Pflanzen, z. B. Rosa canina
(Heckenrose) drehen ihre Blüte, dem Gang
der Sonne folgend.
Ferner sei auf mancherlei Verbreitungs-
arten des Samens hingewiesen. Impatiens
nolitangere (Springkraut) und die Garten-
balsamine schleudern bei Berührung der rei-
fen Frucht die Samen nach allen Seiten.
Endlich seien noch einige Haftvorrich-
tungen genannt. Der Stamm von Tropaeo-
lum majus (Kapuzinerkresse) klettert mit
Hilfe rankender Blattstiele, Hedera (Efeu) mit
Klammerwurzeln, Kumulus lupulus (Hopfen)
hat einen rechtswindenden Stamm mit
6 Reihen Kletterhaken, Ipomaea purpurea
(Trichterwinde), Lonicera caprifolium (Je-
längerjelieber) sind linkswindend, Lycium
barbarum (Bocksdorn) hat einen flechten-
den Stamm.
Diese Beispiele mögen genügen um zu
zeigen, welcher Art die an den Pflanzen des
Schulhofes zu machenden Beobachtungen
sind. Es ist leicht einzusehen, daß diese
nicht am toten Exemplar, auch meist nicht
bei einmaliger Betrachtung gemacht wer-
den können. Es bedarf aber wohl kaum des
Hinweises, wieviel wertvoller die vom Schüler
selbst an der lebenden Pflanze gemachte Be-
obachtung ist als eine Beschreibung oder
zeichnerische Vorführung dieser Vorgänge. .
Der erste Weg hat denVorzug eigener Er-
fahrung, welcher bei dem Schüler Freude,
Interesse und eine gewisse Genugtuung er-
weckt. Letzterer kommt immer auf ein
„Schwören auf die Worte des Lehrers“ hin-
aus, was besonders im naturkundlichen Un-
terricht doch wohl möglichst zu vermeiden ist.
So einleuchtend die geschilderten Vor-
züge der Schulhofbepflanzung nun sein
mögen, so wird ihr Nutzen auf unterricht- .
lichem Gebiet in der Wirklichkeit nicht
immer in dem Maß erreicht, als es wohl ge-
schehenkönnte und sollte. In großen Städten
wird die Bepflanzung und Pflege meist durch
die Gartenverwaltung bewirkt, wobei die
oben skizzierten Grundsätze wohl Berück-
sichtigung finden mögen. Vielfach erfolgen
diese Einrichtungen auch im Einvernehmen
mit der Schulleitung. Damit ist es aber
nicht getan; denn die erfolgreiche Nutzbar-
machung liegt in der Hand des Lehrers. Nur
wenn dieser Zeit und Mühe nicht scheut,
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