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Die Gartenkunst — 15.1913

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Rasch, Edgar: Gartenkunst - Raumkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0029

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XV, 2

21

DIE GARTENKUNST.

Abb. io. Obstgang aus dem Garten des Herrn Merten, Winkel.

Abb. 5. Buxusweg im Garten des Baron v. Zwierlein, Geisenheim.

heute noch) und meinen mit geometrischen Grund-
rissen oder doch regelmäßigen Formen, mit Architek-
turen als Terrassen, Pergolen, Häuschen, Brunnen,
Figuren und anderen schönen Sachen könnte man
nun endlich einen Garten schaffen, welcher den alten
Meisterwerken ebenbürtig ist. Dabei sind diese geo-
metrischen Gälten meist nicht besser als die alten
„landschaftlichen“ Anlagen. Irgendwo fehlte es also. —

Man machte es nun wie im Kunstgewerbe und in
der Baukunst. Der Gesichtskreis der Schaffenden sollte
erweitert werden. Teils durch Zusammenarbeiten mit
Architekten dachte man die Lücken auszufüllen,
teils sollten Studienreisen nach England, Frankreich,
Österreich, Italien und sogar in —■ Deutschland Ge-
legenheit schaffen der Gartenkunst auf den Grund
zu gehen.

Was das Zusammenarbeiten mit Architekten be-
trifft, so ist der Erfolg davon für uns so offenkundig,
daß ihn nur Partikularismus bestreitet. Das gemein-
same Studium von Garten- und Bauleuten in Düssel-
dorf sollte wirklich mehr in Dentschland angewandt
werden als bisher. Wenn auch hier der Sache immer
wegen ihrer Größe noch nicht auf den Grund gegangen
werden kann, so lernt der Nachwuchs doch so vieles,
was ihm auf unseren Fachschulen wegen der Anhäu-
fung des Lehrstoffes nicht geboten werden kann. Be-
sonders gilt dies von .einer einwandfreien Garten-

architektur. Freilich die Zeit ist auch hier beschränkt
und es können nur Elemente geboten werden.

Auch mit den Studienreisen ist es so eine Sache.
Man sieht sehr viel und Schönes, sammelt Photos
und Skizzen und der Schädel ist am Ende mit einer
prächtigen Sammlung der schönsten Motive, Details
und Pläne gestrichen voll.

Ich habe immer, auch bei den gesammelten Bildern,
den Eindruck gewonnen, daß man auf der Reise durch die
vielen guten Details von der Hauptsache, auf die es eben
beim Garten genau wie beim Hausbau ankommt, abge-
lenkt wird. Und dies ist der unsichtbare aber überall
in Erscheinung tretende Baugedanke. Als Beispiel
die Versailler Gärten. Man denke sich einmal alle
Details als Blumenbeete, Figurenschmuck, Wege unter
8 cm Breite, Wasserkünste (nur der große Kanal mit
seinen einfachen Ufermauern mögen bleiben, sowie
große Wasserbecken, jedoch ohne jeden Schmuck),
Balustraden fort, so daß nur glattes Mauerwerk der
Terrassen und Treppen bleibt; ebenso mögen nur die
Baumpflanzungen und Hecken über 3 m Höhe bleiben.
Ich finde, daß Versailles dann für den Gartenarchi-
tekten nicht nur nichts verloren hätte, sondern daß
dadurch gerade erst recht der gewaltige Baugedanke
Lenötres klar und besonders imposant in Erscheinung
treten würde. Wir hätten da ein Schulbeispiel dafür,
daß Gartenkunst Raumkunst ist.
 
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